Spaced - Entdeckt den heiligen Gral der Nerd-Comedy

19.07.2018 - 08:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
SpacedChannel 4/Amazon
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Die von 1999 bis 2001 auf dem britischen TV-Sender Channel 4 ausgestrahlte Sitcom Spaced ist die erste Kollaboration der Comedy-Ikonen Simon Pegg, Nick Frost und Edgar Wright - und nicht nur für Fans absolutes Pflichtprogramm.

Lange bevor er mit Tom Cruise Terroristen bekämpfte oder als Ingenieur auf der Enterprise anheuerte, schuf Simon Pegg (Run, Fatboy, Run) mit Comedy-Kollegin Jessica Hynes (Paddington 2) und dem späteren Star-Regisseur Edgar Wright (Scott Pilgrim Vs. The World, Baby Driver) die vorzügliche Slacker-Sitcom Spaced. Die Serie, die als geistiger Vorfahre der von Pegg und Wright geschriebenen Blood-and-Ice-Cream-Trilogie (Shaun of the Dead, Hot Fuzz, The World's End) gilt, ist seit dem 01.07.2018, fast 19 Jahre nach ihrer Erstausstrahlung in Großbritannien, via Amazon Prime erstmals auch regulär in Deutschland erhältlich. Besser spät als nie, denn Spaced ist ein absolutes Serienjuwel, mit trockenem britischen Humor, stylisher Inszenierung und jeder Menge Herz.

Die Autoren denken groß

Spaced erzählt die Geschichte von Tim Bisley (Simon Pegg) und Daisy Steiner (Jessica Hynes), zweier Fremder, die sich spontan als Liebende ausgeben, um sich eine bezahlbare, nur für Paare ausgeschriebene Wohnung in der Londoner Vorstadt zu erschleichen. Tim ist Comiczeichner, Science-Fiction-Fan, Möchtegern-Skater, begeisterter Computerspieler und hängt am liebsten mit seinem besten Freund, dem Waffenenthusiasten Mike (Nick Frost in seiner ersten Rolle) lässig auf der Couch ab. Daisy träumt hingegen von einer großen Karriere als Schriftstellerin und Lifestyle-Autorin, aber statt ihre Ambitionen in die Tat umzusetzen, stürzt sie von einem wilden Freizeit-Abenteuer ins nächste. Nebenfiguren sind die ahnungslose Hausherrin Marsha (Julia Deakin), der verschrobene Untermieter Brian (Mark Heap) und Daisys oberflächliche Fashion-Freundin Twist (Katy Carmichael).

Spaced - Stylisch und authentisch

In erster Linie ein Baby des Comedy-Autorenduos Hynes und Pegg ist es aber vor allem Edgar Wrights Handschrift, die in Spaced schon von der ersten Sekunde an zu spüren ist. Der rastlose Regisseur inszeniert Tim und Daisys Alltagsabenteuer wie einen epischen Blockbusterfilm. Eine rauchige Eckkneipe wird hier zum romantischen Ballsaal, die Befreiung eines Hundes aus dem Tierheim zu einem Krieg der Sterne-artigen Heist und ein harmloses Paintball-Match zum ultimativen Showdown zwischen rechtschaffenen Helden und verdorbenen Schurken. Wrights eigenwilliger Regie-Stil steht der Authentizität der Geschichten nie im Weg, sondern unterstreicht sie sogar: Er lässt das Publikum daran teilhaben, wie groß sich diese kleinen Momente für die Figuren anfühlen, verankert sie aber auch immer fest im echten Leben.

Spaced: Eine zeitlose Geschichte von Liebe und Verrat

Dieses echte Leben enthält für Tim und Daisy im Vergleich zu dem anderer Sitcomfiguren der Zeit auch Arbeitslosigkeit, Langeweile, Fremdgehen und harte Drogen. Trotzdem sind die beiden bei Weitem keine Unsympathen. Peggs Everyman-Charme ist seine unbestrittene Superkraft und hier bis zum Anschlag aufgedreht. Hynes macht mit ihrem natürlichen Comedy-Talent derweil aus der trampelhaften und oft selbstsüchtigen Chaotin Daisy Steiner eine Underdog-Figur, die man mit jedem ihrer vielen Fehltritte tiefer ins Herz schließt. Selbst überzeichnete Figuren wie Waffennarr Mike oder der leicht psychopathische, sexuell aufgeschlossene Konzeptkünstler Brian sind keine Witzfiguren, sondern dreidimensionale Charaktere mit eigenen Träumen, Ängsten und Standpunkten.

Spaced - Der Nerd als Charakterkopf

Da Nerdkultur derzeit Hochkultur ist, gibt es im Fernsehen mittlerweile auch zahlreiche positiv dargestellte Figuren, die konstant mit popkulturellen Anspielungen um sich werfen. Zur Zeit der Jahrtausendwende war es aber durchaus selten, Charaktere zu sehen, deren Leidenschaft für Videospiele, Comics, Star Wars und Co. nicht als konstante Quelle für Streber-, Loser- und ewige Jungfrauen-Jokes genutzt wird. Auch wenn Pegg, Hynes und Wright Lexika der Film- und Popkultur tragen, wo bei anderen Leuten der Kopf ist, sind die Referenzen in Spaced nie reiner Selbstzweck, sondern in den Figuren und der Story begründet. Deshalb fällt es auch so leicht, sich mit den Figuren zu identifizieren und mit ihnen, statt über sie zu lachen. Wenn Couchkartoffel Tim den Frust über seine gescheiterte Beziehung verarbeitet, indem er die PlayStation anschmeißt und in Tomb Raider 3 wiederholt Lara Croft ertränkt, ist das nicht nur lustig, sondern auch der Ausdruck eines universellen Gefühls. Vielleicht kennt der ein oder andere diese Form der Stressbewältigung.

Ganz normale Typen

Spaced ist um Klassen besser als viele andere Sitcoms der späten 1990er Jahre, ja, sogar besser als die meisten Comedyserien überhaupt, eben weil die Drehbücher direkt aus dem Leben gegriffen sind und die Figuren lustig sein dürfen, ohne sich permanent gegenseitig zu verspotten. Freunde gehen hier miteinander um wie Freunde und nicht wie Soziopathen, die nur auf den nächsten Moment warten, um einen Schenkelklopfer loszulassen und dann selbstgefällig in die Kamera zu grinsen. Wer sich auf Spaced einlässt, bekommt 14 Episoden lang unglaublich kreatives und trotz des Alters immer noch extrem modernes junges Fernsehen geboten, das für einige der Beteiligten zu Recht den Startschuss zu einer großen TV- und Leinwandkarriere gab.

Habt ihr Lust bekommen, euch von Spaced bestrahlen zu lassen?

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