Tatort - Er wird töten in Bremen

09.06.2013 - 21:45 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Tatort - Er wird töten
radio Bremen
Tatort - Er wird töten
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Kaum hat er unsere Herzen erobert, geht der von Antoine Monot jr. gespielte Leo Uljanoff in Tatort – Er wird töten drauf. Der neue Sonntagskrimi aus Bremen verschafft seiner Kommissarin zusätzlich Motivation, sich durch einen vorhersehbaren und überfrachteten Fall zu kämpfen.

In den ersten Minuten von Tatort: Er wird töten ging mir noch durch den Kopf, was für eine angenehme Bereicherung Antoine Monot Jr. für das Bremer Team ist. Seine Beziehung zu Inga Lürsen (Sabine Postel) wirkte in ihrer Ausführung überhastet. Eine gewisse Entspanntheit brachte sein Leo Uljanoff trotzdem in einen Tatort, der mit seiner vor den Figuren nicht Halt machenden Verbissenheit manches Mal übers Ziel hinaus schießt. Mangelnde Ambition ist den Bremern selten vorzuwerfen, in der Ausführung wirkt diese indes oft als Stolperstein, wenn Wunsch und Wirklichkeit in den knapp 90 Minuten zu weit auseinanderklaffen. Tatort – Er wird töten bestätigt diese Tendenz nicht zuletzt im Umgang mit der Figur von Monot jr.

Lokalkolorit: Starke Licht-Schatten-Kontraste und klaustrophobisch enge Räume charakterisieren den neuen Tatort aus Bremen, der sich nur selten ans Tageslicht begibt. Der Mord an Uljanoff und die Rückkehr des traumatisierten Stedefreund (Oliver Mommsen) hängt über dem Geschehen. Als wären die Kommissare selbst nicht genug belastet, bevölkert ein hysterisch aufbrausendes Zwillingspaar und eine psychopatisch vor sich hinstarrende Ärztin die Verhörräume. Verlassen wir das Bremer Präsidium, finden wir uns in albtraumhaften Kinderzimmern voller dunkler Geheimnisse wieder.

Plot: Mit einem Messer im Rücken verendet Uljanoff in der Männertoilette des Präsidiums, während Inga Lürsen sich nichtsahnend auf ein Bowling-Spiel mit ihrem neuen Lebensgefährten freut. Kurz darauf taucht eine verwirrte Frau auf, high mit Amphetaminen, und faselt etwas von einem Mann, der sie töten will. Aber was hat der vermeintliche Mörder vom Tode des netten Uljanoffs und warum wirkt die Frau so verdächtig, dass jeder Zuschauer, der auch nur einen Krimi gesehen hat, sie von Anfang an in Gewahrsam nehmen würde? Fragen über Fragen, die der Tatort aus Bremen mit einem platt offenbarten Zwillingspaar zu kaschieren sucht, das schon allein deswegen schnell hinter Gittern gesperrt werden sollte, damit das gestelzte Gezeter des betreffenden Darstellers ein Ende hat.

Unterhaltung: Nicht nur eine bekannte amerikanische Fantasyserie muss sich regelmäßig mit dem Tod wichtiger Handlungsträger auseinandersetzen. Tatort – Er wird töten hebt sich die Beseitigung von Uljanoff nicht als schockierenden Twist fürs Ende auf. Stattdessen wird der liebenswerte Ermittler in den ersten zehn Minuten (und einer peinlich langen Zeitlupe) um die Ecke gebracht, um die Rückkehr Stedefreunds aus Afghanistan vorzubereiten und Lürsen motivationstechnisch anzutreiben. Anders (und vielleicht noch durch Terminschwierigkeiten) ist das frühe Ausscheiden des erst im letzten Bremer Fall eingeführten Pet Sounds-Liebhabers nicht zu erklären. Weder werden seine konkreten Fehler in den Jahre zurückliegenden Ermittlungen zum Tod der Tochter beleuchtet, noch spielt er jenseits der recht abstrakten Trauer für eine Figur, die wir sowieso kaum kannten, eine größere Rolle.

Tiefgang: Stattdessen müssen wir mit einem ganzen Haufen von Unsympathen unter den Verdächtigen Vorlieb nehmen. Die werden, vom Opa bis zum Zwillingsbruder des zentralen Ex-Ehepaars, so wenig entwickelt, dass sie ausschließlich dazu da sind, um vom Offensichtlichen abzulenken. Entsprechend abgegessen wirkt das Motiv nach der lange erwarteten Enthüllung. Dass die aufstrebende Ärztin ihr Kind aus Versehen tötete, als sie sich Freiraum für eine wichtige OP schaffen wollte, mag für die Anschwärzung des Ehemanns einleuchten. Warum sie nun herumläuft und Polizisten Messer in den Rücken rammt, bleibt wegen der dünnen Anlage ihres Charakters nicht nachvollziehbar.

Mord des Sonntags: Der Todestanz in der Männertoilette.

Zitat des Sonntags: “Leben zu retten, das ist so… groß.”

Wieder einmal will der Tatort aus Bremen ein Thriller sein, wieder einmal bleibt er in den Ansätzen stecken, oder was meint ihr?

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