Der Tatort geht in die Sommerpause und entlässt uns mit Tatort: Letzte Tage, einem durchschnittlichen Fall aus Konstanz, der vergessen wird, sobald der blaue Abspann über den Bildschirm flimmert. Vielleicht wollen uns die Verantwortlichen beim SWR aber auch nur die 13 Wochen Tatort-freie Zeit leichter machen und präsentieren einen Krimi, der nicht gerade den Wunsch nach Nachschlag entfacht. Gut gelaunt ermitteln Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) im deutsch-schweizerischen Mordfall rund um einen Todkranken, der ein Pharmaunternehmen erpressen wollte und bekommen dabei Hilfe von Ex-Geheimdienstler Mattheo Lüthi (Roland Koch).
Lokalkolorit: Grau in grau geht es zu im neuen Konstanzer Tatort, der bevölkert wird von Kranken, Verzweifelten und alleingelassenen Angehörigen. Da sorgen die verschwörerischen Anzugträger des Pharmakonzerns Sanortis und ihre geheimdienstlichen Helferlein nicht gerade für Farbtupfer. Die werden höchstens durch das für den Plot so wichtige Blut über den Film verteilt, von der Leiche, der es aus den Augen trieft, bis zu Perlmanns neuer Freundin Mia (Natalia Christina Rudziewicz), der es beim Liebesspiel aus der Nase rinnt.
Plot: Auf einer Autofähre wird die Leiche eines Mannes gefunden. Zunächst interessieren sich Klara Blum und ihr schweizer Kollege Mattheo Lüthi eher für die Formalitäten als die Tat. Wer soll denn nun den Fall übernehmen, die Schweizer oder ihre nördlichen Nachbarn? Beide, heißt die brillante Lösung, doch Lüthi stellt sich immer wieder in den Weg, solange jedenfalls, bis sich Blum per Handschellen an ihn bindet. Gemeinsam kommen sie einem Erpressungsversuch auf die Spur, mit dem das leukämiekranke Opfer von den gaunerhaften Machenschaften der Pharmaindustrie profitieren wollte. Währenddessen verguckt sich Perlmann in eine Spenden sammelnde junge Dame, die allerdings auch drin steckt in diesem Fall, der aus Kranken Erpresser und aus Angehörigen Mörder macht.
Unterhaltung: Der Schweizer Roland Koch spielte den Lüthi schon im letztjährigen Tatort: Nachtkrapp. Diesmal erfreut er durch die neckischen Dialoge mit Eva Mattes, die hier über weite Strecken von ihrem wortkargen Kollegen getrennt wird. Sternstunden des Drehbuchautorentums suchen wir vergebens, aber die sonst so ernst wirkende Klara Blum wird durch den rabiaten Lüthi zumindest etwas aufgelockert, was dem Krimierlebnis zum Vorteil gerät. Bedauernswerterweise verlegt sich Tatort – Letzte Tage in seinem zweiten Erzählstrang allzu sehr auf die in ihrem Verlauf vorhersehbare Liebelei Perlmanns, der dann auf der Couch seiner Angehimmelten auch noch über das Leben, das Universum und den ganzen Rest schwafeln darf.
Tiefgang: In der ersten, wunderbar abgeklärten Szene des Films wird etwas plump das Thema vorgegeben: Blum und Perlmann sitzen im Auto und tauschen sich über die existenzialistische Problematik der Rentenvorsoge aus, während gegenüber ein SEK-Einsatz stattfindet. Der bleibt aber recht lustlos im Hintergrund und ebenso unbekümmert fahren die beiden nach Beendigung des Jobs wieder weg. “Ich mag’s halt nur nicht, wenn fremde Menschen meine Zukunft besser kennen als ich” vermeldet Perlmann bedeutungsschwanger und Blum antwortet: “Dein Pullover ist falsch rum”. Schade nur, dass sich der Tatort an diesem Wortwechsel kein Beispiel genommen hat, verhaspelt sich doch die zweite Hälfte in den geschlagenen Plot-Haken todernster Krimikultur.
Mord des Sonntags: Wäre da nicht die verdächtige rote Färbung, könnten wir glatt meinen, der Tote im Auto würde weinen.
Zitat des Sonntags: “Mein Kopf ist ein leerer Tanzsaal.” (dachte sich schon Georg Büchner)
Das war leider kein Fall, den wir bis zum 18. August in Erinnerung behalten. Dann geht es nämlich endlich wieder weiter mit dem Tatort.