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Teil 19: Das Problem Richards

17.10.2015 - 08:36 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Britisch, elegant, tödlich.
United Artists
Britisch, elegant, tödlich.
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Kann Die Welt ist nicht genug trotz einer absoluten Fehlbesetzung trotzdem punkten?

1999: Die Welt ist nicht genug
Ein präparierter Geldkoffer explodiert im Hauptquartier des MI6 und tötet den Unternehmer Robert King (David Calder). Die Verfolgung der Attentäterin bringt James Bond (Pierce Brosnan) aber keine Erkenntnisse über die Hintergründe - die Frau sprengt sich selbst in die Luft. Hinweise deuten aber auf den Terroristen Victor “Renard” Zokas (Robert Carlyle), der durch eine in seinem Gehirn steckende Kugel keine Schmerzen mehr spürt. Nach seiner Genesung bekommt er von M (Judi Dench), die King gut kannte, den Auftrag, ein Auge auf dessen Tochter Elektra (Sophie Marceau) zu haben, die nach Kings Tod das Öl-Unternehmen geerbt hat. In Aserbaidschan macht Bond die Bekanntschaft der eigensinnigen, ambitionierten Jungunternehmerin. Es dauert aber nicht lange, bis es Probleme gibt und ihrer beider Leben in Gefahr sind.

Da er ständig im Fernsehen lief, habe ich Die Welt ist nicht genug vermutlich am häufigsten gesehen, wenn auch manchmal nur auszugsweise. Das macht ihn in diesem Fall aber nicht zu meinem Lieblings-Bond, aber ich schau ihn trotzdem gerne.

Kleine Logiklücken in der Handlung gehören da zu den weniger relevanten Problemen. Was mich eher ärgert ist, wie wenig aus dem vielversprechenden Gegenspieler Renard gemacht wurde. Die Prämisse, dass er keinen Schmerz verspürt, ist wirklich interessant und Robert Carlyle verpasst dem Terroristen eine hämische Überlegenheit und Brutalität. Aber im Endeffekt bleibt Renard leider ziemlich blass. Das liegt natürlich auch an dem Plot-Twist, zu dem ich später noch komme, aber entschuldigen tut es das auch nicht.

Eine absolute Fehlentscheidung war es aber, Denise Richards als Christmas Jones zu besetzen. Sehen wir mal davon ab, dass der Name ihrer Figur ein relativ schwacher Versuch ist, die absurden und stellenweise anzüglichen Namen Ian Flemings zu kopieren. Ansonsten hat Christmas Jones ihre Relevanz in der Story und ist kein überflüssiger Klotz an Bonds Fuß. Das wirkliche Problem ist aber, dass Denise Richards erstens ganz und gar nicht in die Rolle einer hochintelligenten Nuklearforscherin passt und zweitens Tanya Roberts (Im Angesicht des Todes) wie Meryl Streep aussehen lässt. Das langt vielleicht für den satirischen Starship Troopers oder Scary Movie 3, aber ein Bond hat definitiv besseres verdient! Ich könnte mir mindestens zehn andere Schauspielerinnen vorstellen, die den Part zigmal besser ausgefüllt hätten als Richards. Ihre Darbietung macht mir den Film nicht komplett kaputt, ist aber zweifelsohne der schwächste Link und das schwächste Bondgirl überhaupt.

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Die Welt ist nicht genug hat aber auch seine guten Seiten und von denen zeigt er sich gleich von Anfang an. In der längsten Pre-Credit-Szene aller Zeiten wird der Zuschauer sehr gut in die ziemlich komplexe Handlung eingeführt, bekommt Infos dazu, wer wen warum kennt und darf sich über eine spektakuläre Bootsjagd durch London freuen. Das ist doppelt toll: Nicht nur wegen der Original-Schauplätze und dem Schauwert der Action, sondern weil Bond bisher immer nur außerhalb Englands unterwegs war. Und zum zweiten Mal seit Der Hauch des Todes zeigt sich der MI6 angreif- und verletzbar.

Die zentralasiatischen Schauplätze Aserbaidschan und Kasachstan sind exotisch, aber wegen ihrem Wüsten- und Taigalook nur bedingt attraktiv, was aber durch interessante Geschehnisse ausgewogen wird. Vor allem ist es mal etwas anderes als die großen Metropolen oder langen Strände, wie man sie aus GoldenEye und Der Morgen stirbt nie kennt. Einen kurzen Blick auf Istanbul gibt es gegen Ende auch noch, wirklich in der Stadt spielt sich aber kaum etwas ab, sondern eher im Bosporus.

Pierce Brosnan kann als Agent mit der Lizenz zum Töten wiederum überzeugen und ist hier viel verletzlicher als sonst, da er durch eine Schulterverletzung ein leichtes Handicap hat. Robbie Coltrane darf zum zweiten Mal den Gangster Valentin Zukovsky geben, der Bond unterstützt und Informationen liefert. Die stärkste Figur ist aber wohl Elektra King, deren Hintergrundgeschichte glaubwürdig und nachvollziehbar erzählt wird. Dabei macht sie im Laufe des Films die stärkste Charakterentwicklung durch. Wobei: Entwicklung ist es nur im Auge des Zuschauers, wenn Schicht um Schicht ihrer Person abgezogen wird und man sich schließlich am Kern angekommen fragt, wie Bond diese Hexe nur beschützen konnte.

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