The Knick - Die etwas andere Krankenhausserie

21.11.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Viele Augen im OP - The KnickSky
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Steven Soderbergh hat zwar die große Bühne Hollywoods verlassen, so ganz von der Kamera lösen kann er sich aber doch nicht. Zusammen mit Clive Owen inszeniert der Regisseur eine Krankenhausserie, die so gar nichts mit den sonstigen Vertretern ihrer Art gemein hat - The Knick.

In Westeros fühle ich mich inzwischen wie zu Hause und auch Kevin Spacey habe ich schon mehr als einmal dabei zugehört, wie er in House of Cards durchtrieben und berechnend eine Intrige nach der anderen plant. Auf der anderen Seite haben wir The Knick. Eine Krankenhausserie, von der ich nichts erwartete und gerade mal die Hälfte der ersten Staffel gesehen habe. Und obwohl mein Kopf mir sagt, dass ich mich für eine der oben genannten Perlen entscheiden soll, sucht mein Herz unaufhörlich nach Ausflüchten, um doch noch Gründe zu finden, warum die Show aus der Hand von Steven Soderbergh die einzig richtige Wahl ist.

The Knick setzt Anfang des 20. Jahrhunderts ein und erzählt die Geschichte des exzentrischen Dr. John. W. Thackery (Clive Owen). Eine Zeit, in welcher der äußere Schein zwar Fortschritt und Wohlstand suggeriert, der Mensch aber dennoch erst am Anfang der aufstrebenden Moderne steht. Auch die Heilkunst stochert - trotz des Siegeszuges der Elektrizität - noch weitestgehend im Dunkeln. Zum Glück gibt es Männer wie Thackery, die gerade durch ihre menschlichen Schwächen brillante Visionäre auf dem medizinischen Gebiet sind und Konventionen dem wissenschaftlichen Fortschritt opfern. Eine sehr interessante Grundthematik, welche mir gleich fünf stichhaltige Argumente liefert, die Serie aus dem Hause Cinemax jeder anderen vorzuziehen.

1. Grund: The Knick hat keine Angst vor Blut
Die erfrischend andere Krankenhausserie wird von dem amerikanischen Sender Cinemax produziert, welcher zum Verbund des Pay-TV-Kanals HBO gehört. Dieser hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass er weder vor Sex noch Blut zurückschreckt und ein Programm für ein erwachsenes Publikum macht. In The Knick geht es allerdings weniger um nackte Haut als um medizinisches Geschick, weshalb in der Show mit rotem Lebenssaft alles andere als gegeizt wird. Bereits die ersten Minuten des Piloten machen dem Zuschauer direkt klar, dass diese Serie nichts für schwache Mägen ist. Ein Kaiserschnitt steht auf dem Plan. Mit routinierter Hektik versuchen die geschickten Chirurgen den Weg für das neue Leben freizumachen. Die Kamera ist dabei immer ganz nah am Geschehen und verfolgt die gewagte Operation Schnitt für Schnitt. Ein Ereignis, bei dem sich so manch zartbesaiteter Beobachter jauchzend die Hände vor die Augen hält.

2. Grund: Viel Budget und aufwendige Recherche
Egal ob blutige Innereien oder von Syphilis zerfressene Nasen - in The Knick sehen jegliche Arten von Krankheiten schrecklich echt aus und so behandelt die Serie die tatsächlichen Probleme der damaligen Zeit. Erneut beweisen die Produktionsmethoden des Hauses HBO, dass der Pay-TV-Anbieter tatsächlich alles dafür tut, seinen Künstlern möglichst viele Freiheiten zu bieten und auch beim Budget nicht geizt. Die Macher danken es mit einer gut recherchierten und eindringlich inszenierten Krankenhausserie, die uns wahrlich in eine Zeit zurückversetzt, in welcher Gesundheit noch alles andere als selbstverständlich war. Ein Stück Geschichte, das auf dem Bildschirm erneut zum Leben erwacht.

3. Grund: Die gewagte Musikauswahl
Besonders in der musikalischen Unterlegung zeigt sich Soderberghs experimentelle Ader. Anstatt die teils düsteren Bilder mit melancholischen Streichen oder bedeutungsschwerem Klaviergeklimper zu betonen, setzt der amerikanische Regisseur auf den elektronischen Synthesizer-Sound von Cliff Martinez. Ein Punkt, der einige Zuschauer stören mag, steht der Soundtrack doch im krassen Kontrast zum Setting. Für mich dagegen fügt sich die Musik perfekt in den Rahmen der Serie ein und steht symbolträchtig für den aufkeimenden Fortschritt in eine unbekannte Zukunft.

4. Grund: The Knick hat talentierte Leute vor, aber auch hinter der Kamera
Mit Clive Owen hat die Show einen bekannten Schauspieler, der sich in Hollywood bereits einen respektablen Ruf aufgebaut hat, was einen Vergleich mit der von HBO produzierten Serie True Detective nahelegt. Diese hat mit Woody Harrelson und Matthew McConaughey nämlich gleich zwei Hochkaräter im Cast, die ebenfalls herausragend aufspielen. Auch sonst sind die Parallelen zwischen beiden Serien beinahe unübersehbar. Im Unterschied zu anderen Projekten dieser Art, ist ein einziger Regisseur für alle Episoden der Staffel zuständig, was mit der sonst üblichen Rotation auf dem Regiestuhl bricht. Ähnlich sieht es in der Schreibstube aus. Während bei True Detective Nic Pizzolatto quasi im Alleingang die Geschichte verfasste, übernehmen diesen Job im Falle von The Knick Jack Amiel und Michael Belger. Im Zusammenspiel mit talentierten Schauspielern wird so eine Geschichte erzählt, die stets stringent erscheint und im Grunde keine Längen aufweist. Ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn es darum geht etwas Zeitgeschichte zu vermitteln.

5. Grund: Soderberghs einzigartiges Gespür für tolle Bilder
Vor nicht allzu langer Zeit hatte Steven Soderbergh verlauten lassen, dass, wenn er noch ein einziges Mal in einen Van steigen muss, um sich eine Film-Location anzuschauen, er sich die Kugel gibt. Bevor er zu solch drastischen Maßnahmen griff, zog er sich aus Hollywood zurück und brachte mit Side Effects seine letzte Spielfilm-Regiearbeit in die Lichtspielhäuser. Glücklicherweise schließt dieser Rücktritt keine Serienproduktionen mit ein, weshalb er sich für The Knick verantwortlich zeichnet. Damit haben die Verantwortlichen von Cinemax und HBO ein gutes Händchen bewiesen, zeigt der amerikanische Regisseur doch das notwendige Feingefühl, wenn es darum geht Bilder, Farben und Musik auf den Zuschauer wirken zu lassen. Als Kameramann, Regisseur und Editor von The Knick macht Soderbergh das Kinoerlebnis auf der kleinen Mattscheibe perfekt.

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