Unbeugsame Partisanen im Kreuzfeuer

23.04.2009 - 08:45 Uhr
Defiance
Constantin
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Die jüdische Widerstands-Geschichte mit Daniel Craig erhitzt die polnischen Gemüter.

Der Scientologe Tom Cruise als Stauffenberg in Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat oder chinesische Flüchtlinge unterm Hakenkreuz-Banner in John Rabe zeigen, wie schnell Filme zur Nazi-Vergangenheit hohe Wellen schlagen können. Nicht nur hierzulande ist der Umgang mit diesem Thema heikel. Vor allem unsere östlichen Nachbarn erweisen sich bei der Aufarbeitung der schwierigen Vergangenheit immer wieder äußerst dünnhäutig, wie bei der emotionalen Debatte um das geplante Informations-Zentrum für Vertreibung in Berlin. Nun hat in Polen auch die Hollywood-Verfilmung der Partisanen-Geschichte Unbeugsam für Aufregung gesorgt.

Der Film erzählt die Geschichte der jüdischen Bielski-Brüder, die während der deutschen Besetzung von 1941 bis 1943 in den Wäldern des polnisch-weißrussischen Grenzgebietes eine Widerstandsgruppe bilden und über 1200 Flüchtlinge aus den Ghettos in ihrer Gemeinschaft aufnehmen. Inszeniert wurde das Ganze von Blood Diamond -Regisseur Edward Zwick. Die Hauptrolle spielt Daniel Craig, der kürzlich noch als James Bond zu sehen war.

Der Film wurde in Polen mit einiger Nervosität erwartet. Bereits während der Dreharbeiten in Litauen Mitte 2007 ist in einigen Zeitungen und Internetforen angedeutet worden, dass dort ein übles antipolnisches Machwerk entstünde. Zum einen störte sich die Öffentlichkeit an der Weichsel an der vermeintlichen Glorifizierung eines Helden, der keineswegs zimperlich war, wenn es um die Beschaffung von Lebensmitteln ging. Es sei dabei zu Raub, Mord und Vergewaltigungen gekommen, wie die konservative “Rzeczpospolita” schrieb. Es werde mit diesem heroisierenden Epos ein Mann aufs Podest gehoben, der Bandit und Held in einem gewesen sei. Zwei Autoren der liberalen “Gazeta Wyborcza” beschreiben Bielski in ihrem Buch als Trunkenbold und Frauenheld, der von jedem, der in die Gemeinschaft aufgenommen werden wollte, Schmuck und Gold als Tribut verlangte.

Größter Kritikpunkt an den Bielski-Brüdern ist jedoch ihr Bündnis mit russischen Partisanen, die auch polnische Zivilisten angegriffen hätten. Im Mai 1943 töteten rote Partisanen 128 Polen und Weißrussen des Dorfes Nalibaki. Nach der Klarstellung einiger Historiker, dass nicht die Bielski-Partisanen, wie teilweise behauptet, sondern die in dieser Gegend operierende “Stalin-Brigade” für diese Tötungen verantwortlich sind, haben sich die Wogen etwas geglättet. Auch der Vorwurf, der Film sei antipolnisch, kann nach dem Anlaufen von Defiance in Polen nicht mehr gehalten werden, denn die ansässigen Polen kommen darin gar nicht vor. Vielmehr zeigt der Film einen bisher unbeleuchteten Aspekt des jüdischen Widerstandes gegen die deutsche Vernichtungspolitik, wenn dabei auch einige weniger heldenhafte Kapitel ausgeblendet werden.

Wer seine Filme in der heiß umstrittenen Geschichte der Nazi-Zeit ansiedelt und mit dem Prädikat “nach einer wahren Begebenheit” versieht, muss wohl auch zukünftig mit Kritik rechnen. Am 23. April kommt Defiance in Deutschland in die Kinos.

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