Warum der Oscar bedeutungslos ist

02.02.2011 - 08:50 Uhr
Eine wunderbare Geldmaschine: Der Oscar
AMPAS/moviepilot
Eine wunderbare Geldmaschine: Der Oscar
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Jedes Jahr das gleiche Spiel. Monatelang dreht halb Hollywood am Rad und das nur, weil ein paar lumpige Goldmännchen den Besitzer wechseln. Dass auch der Oscar 2011 nur eine Marketingparade und Geldmaschine ist, scheint niemanden zu interessieren.

Seit über zehn Jahren schaue ich mir jedes Jahr die Verleihung des Oscar an, schlafe beinahe dabei ein und quäle mich durch den sich anschließenden Montag. Und ja, ich bin selbst Schuld. Anfangs wohnte der Monumentalität der Veranstaltung noch eine gewisse Faszination inne, die den Entscheidungen der Academy umso mehr Bedeutung zu verleihen schien. Doch nach und nach bröckelte der Glanz, bekam die goldige Aura gewaltige Risse. Irgendwann zwischen der feigen Entscheidung, L.A. Crash wider besseren Wissens als besten Film zu prämieren und dem selbstgefälligen Belohnungsoscar für die Tatsache, dass Martin Scorsese ausnahmsweise mal einen erfolgreichen Film gemacht hat, transformierte sich der Oscar vor meinen Augen in ein bedeutungsloses Nichts. Ein Nichts, das seinen Zustand durch ein Staraufgebot, unterhaltsame Showeinlagen und große Werbetrommeln kaschierte.

Beweisstück A: Die Academy
Dass Brokeback Mountain nicht mit dem Oscar für den besten Film nach Hause gehen konnte, mag geschmackliche Gründe haben oder aber darauf zurückgeführt werden, dass die Academy unter anderem einen Haufen überalterter Wähler mit einem Hang zu konservativen Entscheidungen umfasst. Schwule Cowboys passen da ganz und gar nicht ins Bild. Auch wenn die Organisation mittlerweile versucht, sich zu verjüngen, tendiert sie trotzdem seit jeher dazu, Filme zu belohnen, die sich dem Oscar durch ihr Thema anbiedern. Die Vorliebe der Academy beispielsweise für verschiedene Variationen der Underdog-Story (der behinderte Underdog, der arme Underdog…) haben dazu geführt, dass sich schon ein Subgenre aus typischen Oscar-Filmen gebildet hat, die jedes Jahr im Winter auf den Markt geworfen werden.

Beweisstück B: Der fremdsprachige Film
Da die Academy, wie Beweisstück A gezeigt hat, bestimmte Filmtypen favorisiert, wirkt sich das auch auf die Wahl des besten fremdsprachigen Films aus. Anders kann ich mir den Sieg von Nokan – Die Kunst des Ausklangs nicht erklären, der hollywoodesker ist als die meisten Filme aus der Traumfabrik. Der Oscar ist ein amerikanischer Filmpreis, aber das muss nicht zwangsläufig heißen, dass er diejenigen Filme belohnt, die Hollywood-Rezepte am besten imitieren. Leider neigt die Academy dazu, nicht die besten ausländischen Filme zu belohnen, sondern die – und da sind wir wieder bei Beweisstück A – die langweilige Schemata bedienen. Dadurch ist der Oscar im schlimmsten Falle ein jährlich wiederkehrendes Déja-vu, das durch ein paar Glücksgriffe hie und da eine Kompetenz vortäuscht, die nur bedingt existiert.

Beweisstück C: Money, Money, Money
In seiner über achtzigjährigen Geschichte hat sich der Oscar von einem exklusiven Abendessen in eine gigantische Geldmaschine verwandelt, die auf der einen Seite Unmengen an Kosten verschlingt. Andererseits sorgt sie weltweit für Einschaltquoten und wirkt auch noch nach Jahrzehnten als Verkaufsargument für DVDs. Deswegen versuchen die Studios mit einem immensen finanziellen Aufwand, die Wähler schon Monate vor der Verleihung von ihren Filmen zu überzeugen. Dass oft genug die Filme mit dem besten und teuersten Marketing gewinnen, ist da nicht weiter überraschend. Unabhängige Produktionsfirmen können nicht mithalten und Independent-Filme, welche die große Aufmerksamkeit tatsächlich gebrauchen könnten, werden an den unscheinbaren Rand gedrückt.

Beweisstück D: Die Oscarsaison
Selbst die ziemlich verbohrte Academy hat gemerkt, dass die Einteilung des amerikanischen Kinojahres in eine Blockbuster-, eine Oscarsaison und den uninteressanten Teil dazwischen nicht besonders clever ist. Doch auch die 10 Nominierungen für den besten Film können nicht daran rütteln, dass, will ein Film wirklich beim Oscar absahnen, er zum richtigen Zeitpunkt in den USA starten muss. Traditionell geht das Rennen im November los, weil das Kurzzeitgedächtnis der Academy anscheinend nicht besonders leistungsfähig ist. Die Studios konzentrieren in der Zeit ihre Kampagnen auf wenige Filme und versuchen, sich gegnseitig strategisch ins Aus zu manövrieren. Das ist durchaus spannend, hat aber leider absolut nichts mit einem fairen Wettbewerb oder auch nur der Qualität der Filme zu tun. Abgesehen davon fallen viele Filme und Leistungen gar nicht ins Gewicht, weil sie schlichtweg den falschen Starttermin haben. Wenn es einen Beweis für die Willkür des ganzen Prozedere gibt, dann ist es dieser!

Die kurze Beweisführung hat gezeigt, dass die Existenzberechtigung des Oscars in erster Linie in ihrer kommerziellen Bedeutung zu suchen ist. Manchmal ist die Verleihung unterhaltsam, manchmal bietet sie schöne, nostalgische Moment, doch immer ist sie, wie William Friedkin es einmal ausdrückte, “das größte Werbeschema, das jemals eine Industrie für sich selbst erfunden hat”.

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