Wir schauen Game of Thrones - Staffel 2, Folge 10

05.06.2012 - 09:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Mh, ja, House of the Undying... das ist bestimmt nur ein Spitzname
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Mh, ja, House of the Undying... das ist bestimmt nur ein Spitzname
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Nun ist es also so weit. Staffel 2 von Game of Thrones wurde mit der Episode Valar Morghulis beendet. Vielleicht kein Paukenschlag war diese zehnte Folge, aber ein würdiger Abschluss einer herausragenden Season.

In Staffel 2 von Game of Thrones wurden wir Zeugen einer Emanzipation. Die Serie, die in den vorangegangenen Folgen langsam ein Eigenleben entwickelt hatte, zeigte sich schon in The North Remembers von ihrer selbstbewussten Seite. Nun, nach zehn Folgen präsentiert sich die Show in ihrem Gesamtbild so unabhängig von der Vorlage wie noch nie. In ihrer Struktur hat sie teils Abstand von der Point of View-Dramaturgie von George R.R. Martin genommen, entscheidende Wendungen wurden den Sehgewohnheiten des Fernsehens angepasst und wieder andere Elemente komplett neu erfunden. Wenn uns Staffel 2 von Game of Thrones etwas gelehrt hat, dann dass die Loslösung von der literarischen Vorlage ein Kraftakt ist, der nicht immer Früchte trägt, aber für knapp zehn Stunden spannende TV-Unterhaltung sorgen kann. Valar Morghulis ist deswegen mit all seinen Fehlern und Pluspunkten ein treffender Abschluss der ereignisreichen Season.

Was passiert: Nachdem Blackwater sich auf die kriegerischen Ereignisse in King’s Landing beschränkt hatte, versucht Episode 10, noch einmal alle Handlungsstränge in sich zu vereinen. So funktioniert die Folge wie ein Fächer, der sich von den theatralischen Siegesgesten der Lannisters in der zentral gelegenen Hauptstadt, über Robbs Heirat und den Bruch mit seinen Versprechungen an Walder Frey, das niedergebrannte Winterfell, bis in die Peripherie im Norden (Jon, Sam) und Süden (Daenerys) ausbreitet. Ob, Stannis, Arya, Bran (und Hodor!), Varys, Ros oder Littlefinger, alle entscheidenden Haupt- und Randfiguren kommen noch einmal zum Zug und werden auf die Geschehnisse in Staffel 3 vorbereitet. Das ist manchmal etwas schwerfällig (hier noch fix Arya einbauen, hurtig, hurtig!), aber bildet nach der hermetisch abgeriegelten Episode Blackwater einen notwendigen Überblick des Status Quos in Westeros und darüber hinaus. Und hey, am Ende gibt es für alle Walking Dead-Fans eine waschechte Zombie-Armee, die gen Süden marschiert. War of the Five Kings, my ass!

Der Kampf um die Macht: Wo stehen wir also nach Ende dieser Season? Valar Morghulis stellt einige Figuren vor weitreichende Entscheidungen, versucht sie mit Verlockungen vom Weg abzubringen. Tyrion, niedergeschlagen, in seinem Triumph beiseite geschubst von seinem Vater (passend auch der Schnitt auf Tywins Pferd, das sich im Thronsaal entleert), lehnt Shaes Vorschlag ab, mit ihr King’s Landing zu verlassen. Das Spiel, insbesondere mit Kontrahenten, die dümmer sind als er, ist ihm das wichtigste im Leben. Sansa lehnt den zugegeben nicht sehr attraktiven Vorschlag Littlefingers ab, das Umfeld Joffreys zu verlassen. Robb steht zu seiner Blitzehe mit Talisa, obwohl es seine Koalition mit Walder Frey in Gefahr bringen könnte, in dessen Verwandtschaft er einheiraten sollte. Stannis, in meiner Lieblingsszene der Folge, entscheidet sich für Melisandres Verheißungen (nachdem er sie erstmal ordentlich gewürgt hat), obwohl eine fatale Niederlage und ein Brudermord hinter ihm liegt. Sein manisch berauschter Blick in die Flammen der Zukunft birgt einige Versprechungen für kommende Staffeln. Arya wiederum lehnt ebenfalls die Verlockung eines anderen Lebens durch Jaqen ab, in Form einer Münze behält sie es dafür in der Hinterhand. Trotz allen Grauens bleibt das Gros der Beteiligten am mörderischen Ball.

Schließlich ist da noch Daenerys. Seit mehreren Folgen warten wir nun auf ihren Eintritt in das House of the Undying. Im Buch gestaltet sich das labyrinthische Häuschen als psychedelisch angehauchte Klitsche voller verschwommener Prophezeiungen. In der Serie dagegen beschränken sich die Macher auf einfache, aber effektive Andeutungen, wie den von Schnee bedeckten, zerstörten Thronsaal von King’s Landing. Anstatt die Zuschauer mit Gesichtern und Symbolen zu verwirren, die diese sowieso nicht einordnen können, wird Dany wie in einer klassischen Sage mehrfach vor die Wahl gestellt. Soll es der Thron in den Ruinen sein oder das Leben mit ihrem verstorbenen Mann Khal Drogo und dem gemeinsamen Sohn? Anstatt sich in eine der beiden Halluzinationen zu flüchten, wird Dany immer wieder von den Schreien ihrer entführten Drachen weggelockt. So entscheidet sie sich zum Leidwesen von Pyat Pree für das Leben im Feuer und bildet einen finalen Gegenentwurf zum einbrechenden Winter mitsamt seiner Wights (Zombies) und White Walkers (Die Anderen, die die Toten zum Leben erwecken). Trotz all der charakterlichen Finesse war ich dann aber doch etwas enttäuscht vom House of the Undying, was weniger an der Umsetzung, als vielmehr an der langen Wartezeit lag. Andererseits haben die Macher noch das beste aus Danys dürftigem Arc in A Clash of Kings herausgeholt.

Die Blut- und Titten-Szene des Tages: Ich hätte gern gesehen, wie ACOK Spoiler Arya einen Wächter umbringt (natürlich allein aus Interesse an ihrer Charakterentwicklung und nicht weil Arya im Badass-Modus eine Augenweide ist). Spoiler Ende Abgesehen von Ros’ barbüßiger Anmache an Varys gab es trotzdem ein bisschen Blut zu sehen. Am traurigsten war hierbei sicherlich der Abgang von Maester Luwin, der vor seiner Erlösung ausgerechnet auf die Ruinen Winterfells blicken muss.

Der J.R.R. Tolkien-Gedächtnispreis: Natürlich bietet sich der Vergleich zum Großmeister des Fantasy-Genres auch bei Game of Thrones an, aber hey, jetzt mal ehrlich, der creepy Icedude, der Sam am Ende mit wasserklaren blauen Augen zuzwinkert, wirkt wie ein entfernter Verwandter der Nazgûl. In diesem Fall hätte ich eine Totale der herrannahenden Wights dem Ego-Trip des faltigen Väterchen Frosts vorgezogen. Trotzdem die Frage: Spoiler Sahen seine Gesichtszüge nicht verdächtig nach Benjen Stark aus? Spoiler Ende

Zitat des Tages: “The King won’t give you any honors. The histories won’t mention you. But we will not forget.” (Varys, wer sonst?)

Tyrion Lannister, Awesome Guy: Es ist vergleichsweise einfach, mit guten Onelinern und kurzen Szenen ganze Folgen zu klauen. Als viel schwerer stellt es sich heraus, einen Breakout Character und Scene Stealer in die erste Reihe zu schubsen, damit er eine ganze Serie trägt. Peter Dinklage ist dieser Herausforderung in Staffel 2 von Game of Thrones gewachsen gewesen. Nachdem Tyrion Lannister unser Herz als chronischer Außenseiter in Season 1 mit seinen ironischen Kommentaren zur Lage der Nation gewann, ließ er uns in den vergangen zehn Episoden tief in sein eigenes blicken. Eine meiner Lieblingsszenen der Staffel bleibt jene, in der die Kamera auf Tyrions Augen verharrt, als Cersei ihm stolz seine vermeintliche Geliebte vorführt. Da mischen sich Ekel, Triumph, Mitleid und das Rattern zu schmiedender Pläne in ein Paar Augen, dass uns über zehn Folgen souverän bei Laune gehalten hat. Ein supporting actor ist Peter Dinklage ganz sicher nicht und vielleicht wird das bei den Emmys gewürdigt.

Weitere Game of Thrones-Recaps
The North Remembers – Staffel 2, Folge 1
The Night Lands – Staffel 2, Folge 2
What Is Dead May Never Die – Staffel 2, Folge 3
Garden of Bones – Staffel 2, Folge 4
The Ghost of Harrenhal – Staffel 2, Folge 5
The Old Gods and the New – Staffel 2, Folge 6
A Man Without Honor – Staffel 2, Folge 7
The Prince of Winterfell – Staffel 2, Folge 8
Blackwater – Staffel 2, Folge 9

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