Nachdem Maria Furtwängler im letzten Tatort: Salzleiche als alleinerziehende Mutter positioniert wurde und einen politisch höchst verstrickten Mord aufklären musste, der sie bis nach Barcelona führte, streckt Lindholm diesmal die Fühler nach Westafrika aus. Denn im Tatort: Das Gespenst muss Charlotte Lindholm gegen ihre ehemalige beste Jugendfreundin ermitteln. Die idealistische Manu (Karoline Eichhorn), das genaue Gegenteil zur kühlen, nüchternen Art der Kommissarin, war jahrelang bei einer Hilfsorganisation tätig – nun soll sie gemordet haben. Unter der Regie von Dror Zahavi (demnächst mit Marcel Reich Ranicki – Mein Leben im Fernsehen) ist so ein Tatort entstanden, der die Rivalität zweier Freundinnen in den Vordergrund stellt.
Als der Verfassungsschutz Manu umgehend wieder freilässt, ist Charlotte empört und recherchiert das Leben Manus. Sie findet heraus, dass Manu lange für verschiedene Hilfsorganisationen u. a. im Kongo gearbeitet hat. In der geheimen Akte der Freundin findet sie Hinweise, dass sie sich einer radikalen Gruppe angeschlossen haben könnte. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, den brutalen, von westlichen Nationen geduldeten Bürgerkrieg in dem zentralafrikanischen Land zu beenden.
“Eine starke Spannung zwischen den beiden Frauen, sie trägt den Film. Furtwängler und Eichhorn sind einander als Schauspielerinnen wunderbar gewachsen”, schreibt Barbara Sichtermann im Tagesspiegel. “Die Arbeit von Regisseur Dror Zahavi hat ferner großen Anteil am Gelingen dieses Tatorts. Seine Bewegungsregie, unterstützt von der ausgezeichneten Kamera Gero Steffens, schafft es sogar, den ebenso stereotypen wie unergiebigen Schauplatz Krankenhaus mit Actionfieber zu durchpulsen. Auch andere bildlich-dramaturgische Höhepunkte wie die Szene, in der Manu und Charlotte einander in der Badewanne gegenübersitzen, Manu die Pistole im Anschlag, sind nicht bloß spektakulär, sondern gut vorbereitet, „glaubwürdig“, wie man so sagt und zugleich frech als kintoppmäßige Pointen. Auch dieses Beispiel: Dass der Geheimdienstmann die an ein Rohr gefesselte Lindholm nicht befreit, weil er mit dem Fabrikat der Handschellen nicht klarkommt, das ist auch so ein Höhepunkt. Zugleich schrecklich und witzig. Es ist dies ein „Tatort“ nach vielen „Tatort“-Folgen, er hält die Höhe der Reihe und liefert die für das Fortleben langer Traditionen unabdingbare sanfte Ironie.”
Wie der Fall ausgeht, ob der hübsche Pathologe (David Rott) endlich Charlottes Herz gewinnt (ogleich die Welt den Handlungsstrang “Charlotte und die Männer” diesmal stark kritisiert) und ob sich das gewohnt hohe Niveau der niedersächsischen Tatort-Reihe halten wird: Der Tatort: Das Gespenst läuft heute abend um 20.15 Uhr im NDR.