YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

  • 4 .5

    Im Sommer 2015 versetzt ein Gefängnisausbruch die USA in Aufruhr: Die beiden zu lebenslanger Haft verurteilten Kriminellen Richard Matt (Benicio Del Toro) und David Sweat (Paul Dano) sind aus der Hochsicherheitsverwahrung der Clinton Correction Facility in Dannemora, im US-Bundesstaat New York, entkommen. Wie es dazu kam, und was die Rolle der Gefängnisaufseherin Tilly (Patricia Arquette) dabei war, das wird hier (bereits nach drei Jahren der Begebenheit) in sieben Folgen in „Escape At Dannemora“ (2018) erzählt, wobei Folge 7 eine Doppelfolge von zwei Stunden ist.

    Ich bin eigentlich überhaupt kein Fan von Knastfilmen oder solchen, die Ausbrüche aus solchen erzählen, hier machte ich wegen sehr guten Reviews einiger für mich sehr verlässlichen Kommentatoren eine Ausnahme - und wurde praktisch auf der ganzen Linie enttäuscht:

    Als erstes möchte ich dieser Showtime-Serie zugute halten, dass sie atmosphärisch doch recht dicht gestaltet ist und (wiedermal) eine frustrierende soziologische Bestandesaufnahme aus der bildungsfernen Unterschicht der U.S.-Bevölkerung wiedergibt. Die meist grauen Twin Peaks-Himmel schlagen aufs Gemüt, die Sprache ist primitiv und die Häuser hässlich eingerichtet. Immer wieder sieht man die Leute beim Sex, und der ist so grausam widerlich und ablöschend, dass man nur bedauern kann, jemals selbst in die Pupertät gekommen zu sein.

    Erst mit Folge 6 sehen wir den Background der drei thematisierten Hauptfiguren der Serie. Man nahm sich also auch dafür eine ganze Stunde Zeit, nur um zu zeigen, was für brutale Mörder Matt und Sweat in Tat und Wahrheit sind, und dass jedes Mitgegefühl und Hoffnung auf Gelingen des Ausbruchs vom Zuschauer her fehl am Platz sind. Weiter wird auch Tilly‘s Vergangenheit thematisiert, und auch hier wird klar, was für eine egofixierte und empathielose Frau sie immer war. Ihr verdoofter Ehemann (Eric Lange) ist ebenso Thema und ihr gemeinsamer Sohn tut einem nur leid. Warum man diese ernüchternde Analyse so weit nach hinten schob, bleibt mir ein dramaturgisches Rätsel.

    Schon zu Beginn in Folge 1 wird Tilly von einer Inspector General (Bonnie Hunt) aus dem State New York verhört - es wird also bereits klargemacht, dass sie Kollaborateurin für die beiden Häftlinge im Verlauf der Geschichte sein wird. Auch hier spielt der Sex der niedersten Schwingungen und Instinkte wieder eine grosse Rolle.

    So darf sich der Zuschauer dann durch vier zum einschlafen langweilige Folgen durchkämpfen, die weder Aha-Erlebinsse noch Cliffhangers von Spannung bieten, es plätschert alles träge vor sich hin. Einzig Folge 5 hat immerhin etwas Tension zu verzeichnen, dann nämlich wenn ein psychosomatischer Herzanfall den ganzen Ausbruchsplan durcheinanderbringt.

    In der abschliessenden, erneut sturzlangweiligen Doppelfolge 7 wird der Zuschauer schliesslich Zeuge, wie einer der beiden Aussbrüchigen in den Wäldern sich so bekloppt benimmt, dass man sich nur an den Kopf greifen kann. Das will charakterlich auch so nicht zum bisher Gesehenen passen, wenn gerade der ehemalige Knastkönig nichts Schlaueres zu tun weiss, als sich mit irgendwelchen geklauten Schnappsflaschen ins Nirvana zu saufen.

    Von Patricia Arquette und Paul Dano immerhin ordentlich gespielter Rettungsversuch eines auf der ganzen Linie missglückten Scripts, hat Benicio del Toro nur ständig einen trägen und selbstgefälligen Gesichtsausdruck auf der Latino-Birne und spielt hier so gelangweilt, wie wenn ihm das Ergebnis von vornherein egal gewesen wäre.

    Als Fazit hätte man diese acht Stunden Miniserie locker auf einen 100-minütigen Spielfilm stutzen können. Dann wäre das Resultat vielleicht noch einigermassen passabel gewesen, so ist das letztendlich eine anmassende Zeitverschwendung geworden.

    13
    • 7 .5

      Es ist Freitag, 23. Januar 1959: Neun sowjetische Ingenieursstudenten und -absolventen brechen unter Tourführer Igor Djatlow (Iwan Konstantinowitsch Mulin) zu einer Skiwanderung in das Ural-Gebirge auf. 350 Kilometer in 16 Tagen zurückzulegen, ist das Ziel. Doch als es selbst eine Woche nach der geplanten Ankunft, immer noch kein Lebenszeichen von den Ausflüglern gibt, wird es ein Fall für die Behörden.

      Zwar werden die Leichen der Studenten nach und nach bei der Nordost-Flanke des in Sprache der indigenen Mansi benannten Berges Cholat Sjachl (zu Deutsch: „Toter Berg“) gefunden, und der Anblick ist grauenvoll. Der Spezialemittler Oleg Kostin (Pyotr Fyodorov), KGB-Major und Weltkriegsveteran, wird schliesslich auf den Fall angesetzt. Die Teilnehmer sind jedoch nicht einfach erfroren, sondern haben teils starke innere Verletzungen und äußere Verstümmelungen erlitten. Außerdem sind sie teils bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Irgendetwas Mysteriöses ist hier also vorgefallen und so soll Oleg das Rätsel lösen. Unterstützung bekommt er von der wissenschaftlichen Forensikerin Katja (Marija Alexandrowna Lugowaja). Doch umso tiefer er in den Fall eintaucht, desto merkwürdiger erscheinen ihm die Umstände des Verbrechens...

      Diese Mini-Serie hat mich sehr angesprochen. Ich habe bisher doch schon einige russische Filmerzeugnisse der neueren Zeit konsumiert und bin immer wieder erstaunt, wie staatskritisch oder subversiv sie teilweise sein können. Es dünkt mich als sei Russlands Filmindustrie eine Art Paralleluniversum zum Herrscherstaat von Putin, ähnlich der damaligen Tschechoslowakei mit ihrer New Wave in der Zeit des Prager Frühlings.

      „Djatlow Pass - Tod im Schnee“ (2020) kann als sehr gelungener und atmosphärisch unglaublich dichter Genremix bezeichnet werden, irgendwo angesiedelt zwischen Crime Solution, Coming Of Age, Ethno-, Survival-, Polit und Bezihungsdrama mit einem grossen Schuss Mystery drin. Technisch ist alles auf allerhöchstem Niveau, die Bilder der uns wahrscheinlich gänzlich unbekannten Schneelandschaft des Urals sind breathtaking! 🚞

      Die Gliederung auf zwei Erzählebenen ist dramaturgisch ungewöhnlich und sehr raffiniert: Je vier Folgen begleiten das Ermittlerteam in Farbe und die anderen vier die junge Bergsteigertruppe in B/W und im TV-Bildformat. Diese Folgen laufen komplett unabhängig voneinander, man kennt sich nicht mal. Das Fünfzigerjahe-Zeitkolorit der Sowjetunion ist perfekt transportiert. Wird zwischendurch die ursprüngliche Bevölkerung der Mansen (äusserlich den Mongolen recht ähnlich) begleitet, wird in ihrer Sprache mit Untertitel gesprochen, was zum grossen authentischen Flair beiträgt. Auch die immer wieder mal eingeblendeten Kriegstraumata-Sequenzen des Ermittlers als sein persönliches Traumata können in ihrer Brutalität als sehr echt beschrieben werden. Schockeffekte sind hier rar gesät, doch kommen solche, überraschen sie einen bis auf die Knochen.

      Schauspielerisch ebenso auf sehr hohem Niveau gespielt, steht diese Serie amerikanischen Produktionen in nichts nach. Die thematisierten Missstände des sowjetischen Strafvollzugs der damaligen Zeit, der heute noch genauso grausam ist, lässt einem erstaunen - hier äusserst sich ein klare Kritik am russischen Politsystem. Auch wenn die Auflösung des Falls relativ unspektakulär erscheinen mag (der in der letzten Folge gezeigte Sterbenskampf der Studenten ist immerhin ganz harter Tobak), machen die ganzen Nuancen und Schattierungen, die Inside Views eines brutalen Systems und die feinfühlige Annäherung an die Figuren sehr Laune.

      Neben fiktiven Figuren werden viele reale Persönlichkeiten mit dokumentarischer Genauigkeit abgebildet. „Djatlow“ wurde der Pass schliesslich nach seinem jungen, verunglückten Tourleiter Igor benannt. Hierzu gelang es den Machern hinter der Miniserie, an geheimes Material des Falls zu kommen. Zudem erhielten sie Zugriff auf Material der zusätzlichen Untersuchung der 2000er Jahre und studierten die Tagebücher der verstorbenen Studenten.

      Mein Tipp: Lassen Sie sich unbedingt auf diesen mysteriösen Winter(alp)traum ❄️ ein, über dem eine seltsam verklärt-poetische Note schwebt!

      14
      • 5

        Eleanor Falco (Shailene Woodley), eine Streifenpolizistin, wird in der Silvesternacht zur Untersuchung der gezielten Hinrichtung einer undefinierbaren Personengruppe durch einen präzisen Sniper in Baltimore gerufen. Von einem Hochhausbalkon hat dieser unglaubliche 29 Menschen erschossen. Eleanor ist eine der ersten Polizistinnen am Tatort und wird schnell vom Chefermittler des FBI, Lammark (Ben Mendelsohn), rekrutiert, um ein Profil des frei herumlaufenden Serienmörders zu erstellen. Trotz ihrer psychischen Vorbelastung scheint sie die Einzige zu sein, die sich in den unbekannten Killer hineinversetzen kann. Durch Streitigkeiten veheddern dich die Ermitteltlungen immer wieder, und als in einer Einkaufsmall schliesslich die zweite verheerende Tat des Mörders geschieht, sind im FBI-Hauptquartier alle Lampen auf Tilt. Was ist überhaupt sein Motiv?

        Shailene Woodley, 1991 geborenes Schauspieltalent aus Kalifornien, sehe ich eigentlich immer sehr gerne, seit sie mir in der tollen Familienserie „Big Little Lies“ (2017/2019) begegnet ist. Zuerst nur für eine Season konzipiert, denkt NBO bereits über eine dritte nach, da die Fans richtig Feuer und Flamme für die (praktisch ausschliesslich weiblichen) Charakteren wurden.

        Mit „Catch The Killer“ (2023) die sensible Frau mal als toughe Cop in einem Thrilkerdrama zu sehen, wollte ich mir natürlich nicht ergehen lassen, doch wirklich packend ist der Film für mich halt leider nicht geworden, und das trotz der Beteiligung von Shailene als Produzentin.

        Statt auf Spannung setzt man in diesem frösteligen Winter-Krimi leider vorwiegend auf eine psychologische Abhandlung. Abgehalftere oder psychisch selbst angeschlagene oder traumatisierte Ermittler gibt es unzählige in solchen Filmen, auch hier hilft Shailene‘s eigene (Film-)Biografie letztendlich der Aufklärung des Falls. Doch was in anderen Filmen clever eingewoben ist, dominiert hier und wird irgendwann zur Plage für den Zuschauer.

        So zeigt unsere Ermittlerin gar mal dem FBI-Chief Inspector Ben ihre geritzen Handgelenke und dabei kullert ihr unverhohlen kommandohaft ein künstliches Tränchen über die rosa Wange. Dieser wiederum ist diskret gay - und so wird der ganze Seelenstriptease bis zum Täter vorangetrieben. Geplagte sind wir ja alle irgendwie.

        Es ist als Fazit für mich einfach so: Wenn man von fast zwei Stunden nach 3/4 Stunden immer noch keine Spannungsmomente serviert bekommt, macht ein Cop-Thriller einfach gehörig was falsch!

        16
        • 7
          YupYum 27.05.2025, 13:03 Geändert 28.05.2025, 23:20
          über Marlowe

          „Did you came here for the filmstars?“ - „I came for bloody be one!“

          (Kurzkommentar:)
          Schon die Maintitles in Art Deco-Schrift und die Eingangsszene, als Quasi-Faye Dunaway-Blondine Diane Kruger mit einem Auftrag an den Private Investigator Marlowe (Liam Neeson) gelangt, ist eine tolle Referenz an Polsnski‘s „Chinatown“ (1974). Der Siebzigerjahre-Groove, wie man damals die Dreissigerjahre gesehen hat, wird hier voll durchgezogen, die liebevolle Ausstattung ist einfach atemberaubend: die Neon-Schriften, die frühe Generation Jazzmusik, der Blick von den Hollywood Hills ins nächtliche Strahlenmeer L.A. hinunter, Karossen, Bauten, Frisuren, Kostüme, die ganze Bel Epque - Klasse! Mit Jessica Lange wird zudem ein tolles Comeback eines grossen 70er-Jahre-Stars zelebriert. Der Retro-Krimi „Marlowe“ (2022) präsentiert ein ausgewuchstes Crimerätsel, nicht aus dem Fundus von Chandler selbst, sondern nachempfunden vom noch lebenden Iren John Banville. Zu guter letzt mag Liam Neeson tatsächlich in der Hautrolle etwas fehlplatziert wirken - weder die tiefhängende Kippe im Mundwinkel, der Hut zu wenig schlabbrig und die flotten Sprüche zu rar. Das ist jedoch nich Neeson‘s Fehler, sondern liegt am Drehbuch. Anyway, der Film ist ein wunderschönes visuelles Erlebnis!

          14
          • 5 .5

            Die Jahre 1979/1980 sind eigentlich fast meine liebsten der Zeitgeschichte, denn hier hatte die Subversivität von Punk, New Wave und Disco ihren Höhepunkt erfahren, sowohl politisch wie auch kulturell.

            Mit dem alternativen Gossendrama „Gibbi West Germany“ (1980) haben wir noch ein weiteres Beispiel eines filmischen Erzeugnis aus den bewegten Jahren (viele davon hatte ich bereits früher besprochen), das der Verlag „Filmjuwelen“ kürzlich endlich als DVD herausgab.

            Im Hüllentext gibt es tatsächlich einen Inhaltsbeschreib zum Film, der gleich noch dazu sein Ende spoilert, doch das tut hier komplett keinen Abbruch. Sieht man sich nämlich diesen sehr merkwürdigen Film an, kann man diese Inhaltsangabe nur als Fantasie einiger besonders schlauen Leute qualifizieren - im Film selbst merkt man davon nichts, hier ist eigentlich nicht mal sowas wie eine konkretisierte Geschichte vorhanden.

            Was denn?
            Wir begleiten hier einen abgelatschten Rocker-Typ (35) in Wildlederfransenjacke über dem nackten Oberkörper, engen 80s-Jeans und Lederboots auf seiner Loser-Odyssee durch das graue Hamburg. Eine Art Mick Jagger für Arme. Er trägt den seltsamen Namen Gibbi (Jörg Pfenningwerth; 1945 - 2008), war anscheinend auf hoher See beschäftigt und verblödet nun seine überflüssige Zeit. Meistens arten seine Begegnungen mit anderen Loser in handgreiflichen Aggressionen aus. Wenn er Hunger hat, geht es zu seiner Mama (Eva Maria Hagen), die einen Imbiss auf der Reeperbahn hat und die der einzige Halt in seinem Leben scheint.

            Dann hat er noch eine uneheliche Tochter (9), deren Mutter verständlicherweise schon schnell nach der Geburt merkte, dass dieser Gibbi nicht alle Schrauben dicht hat und ganz schnell Reiss-Aus zog. Als Gibbi schliesslich mit dem Mädchen in einem geklauten Mercedes mitten in der Fussgängerzone im Hauptbahnhof von Hamburg zum Spass herumkurvt, reisst es der Polizei die Geduldsleine. Ergebnis: Zwangseinliegerung auf der Schrage in die Klapsmühle. Das ist aber auch nicht so tragisch, denn die Herren Psychiater, die ebenso ständig mit einer Fluppe 🚬 im Gesicht bewaffnet sind, nehmen es hier genauso locker wie die eingelieferten Patienten.

            Und so geht diese Non-Story also munter belanglos weiter bis zu ihrem pseudo-tragischen Schluss, den man gut wegsteckt, da er einem auch nur parodistisch vorkommt.

            Doch auch hier ist immerhin das 80s-Zeitkolorit einmalig: Der grau-kalte Hafen von Hamburg, die Sexbars von St. Pauli und der Reeperbahn, die atmosphärisch trostlosen Imissbuden (statt Take Away stand „Verkaufe auch ausser Haus“), die omnipräsente Zigi- und Alkwerbung (sogar auf dem Eisenbahnwagon prangert ein Campari-Schild), die Gossen-Artikulierung und die ganze No Future-Attitüde. Das Bild ist übrigens schön restauriert, einige Celluloid-Fehler (die am oberen rechten Bildrand aufblitzenden weissen Kreise, Dreiecke und Quadrate) blieben uns erhalten.

            Ich möchte dazu noch anfügen, dass ich 1979 Punk war, und wir nicht nur die Teddies mit ihrem schmierigen Tollen hassten, sondern auch ebenso solche Rockertypen wie Gibbi, die sich die Birne mit Heavy Metal volldröhnten und sich von ihren Mamis die Stoffpatches dieser Bands auf ihrem Jeansjacken aufgenähen liessen.

            Gastauftritte: Die Musiker Eric Burdon und Kiev Stingel.

            11
            • 4 .5

              Der Jazz-Saxophonist Léo (Gérard Lanvin) ist Job und Freundin los und zieht ungefragt bei seinem alten Jugendfreund ein, dem Schriftsteller Bony (André Dussollier), der zur Zeit wiedermal Schreibblockade hat. Eines Nachts lernt er auf seinen Streifzügen die coole Cora (Christine Boisson) kennen, eine einzelgängerische, sehr unabhängige Außenseiterin, die in Paris nachts Taxi fährt und von einem besseren Leben in Südamerika träumt. Sie verbringen die Nacht auf dem Rücksitz des Taxis, in Bars und Kneipen und benutzen auch die Wohnung von Bony, der diese Cora auch bald noch ganz hübsch findet…

              Das Rumfräse-Drama „Extérieur, Nuit“ ist also ein Film vom (iranisch-)französischen Director Jacques Bral (er drehte spoardisch wenige Filme bis über das Millennium hinaus), der am 10. September 1980 in die französischen Kinos kam. Er erzählt eine angebliche Dreiecksgeschichte zwischen einer Taxifahrerin und zwei Männern und spielt überwiegend im nächtlichen Paris. Einer der Erfolgsfilme der Saison 1980/1981 in Frankreich. Und weshalb das so war, kenn ich mir heute beim besten Willen nicht mehr ausmalen.

              Flotte Sprüche, nächtliches Neon von Paris, etwas Achtziger-Feeling, eine eine karg-minimalistische Umsetzung, eine sehr eigen-trockene Atmosphäre, französische Akkordeon-Musik 🪗 als Musikunterlegung statt Pop-Hits, und eine höchst diffuse Handlung zieht sich daher in einem Film, der einem viel zu lange vorkommt.

              Fazit: Wirklich mehr als ein Lebensgefühl von 1980 in Frankreich gibt es hier eigentlich nicht. Ich behalte die DVD mit schlecht restauriertem Bild dennoch mal, da ich eigentlich jeden Film sammle, der um 1980 rauskam. Wenigstens vorläufig mal.

              9
              • 5

                Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses gehypte soziologische Jugenddrama „Saturday Night Fever“ (1977) wird weder dem Glamour des mit über 40 Millionen verkauften Exemparen seines Soundtracks, noch der ganzen Subversivität der Disco-Ära (inklusive der wichtigen Rolle der inkludierten Gay-Scene) gerecht. Stattdessen begegnen uns hier in fast zwei viel zu langen Stunden mehr oder weniger belanglose Abhandlungen aus dem (Nacht-)Leben einer Clique von gelangweilten Twens aus Brooklyn in der Ästhetik eines Mafia-B-Films. Das ist dramaturgisch teilweise so verpennt und in Längen inszeniert, dass man sich durch diesen Film regelrecht durchkämpfen muss.

                John Travolta (schon 23) spielt Tony Manero, ein schmieriger Italo-Amerikaner, den man oft am Familientisch seinen tief religiösen Anverwandten sieht, die grosse Portionen von unappetitlich wirkendem Food aufgetischt und serviert bekommen. Dabei rutscht bei unüberlegten Äusserungen ihrer Kleinen auch schon mal eine Hand aus. Die Freizeit verbringt der angelernte Farbtopf- (und sonstige Malerartikel veräussernde) Jungverkäufer gerne draussen mit seinen Freunden oder in der Disco 🪩 „2001 Odyssey“ *.

                Weil Tony davon genug hat, die nimmersatte Nymphomanin Annette (Donna Pescow) länger im Auto durchzuv-geln und er eh einen neue Inspiration auf dem Dancfloor braucht, verguckt er sich also in die im engen Aerobic-Dress trainierende Stephanie (Karen Lynn Gorney; farblos). Doch Au Backe! und dumm für ihn: Diese Frau hat nämlich etwas, was unserem Tony komplett abhanden gekommen ist, nämlich IQ, Stil, Bildung und einen interessanten Job!

                Viele Szenen wurden natürlich in der Dicothek* selbst abgedreht, wo man Tony mit seinen bekloppten Freunden sieht, u.a. den talentierten Jungschauspieler Barry Miller. Dort wird dann harten Alk gekippt, Speed eingeworfen und eben Disco getanzt - der Sound und das Lebensgefühl der damaligen Generation (die nicht auf die diameterale No Future-Message des Punk abfuhren). Dabei hören wir einige Tracks aus dem Bestseller-Doppelalbum, natürlich die vier Welthits von den Bee Gees, „Disco Inferno“ von den Trammps“, „A Fifth Of Beethoven“ von Walter Murphy oder „Open Sesame“ von Kool And The Gang. Der schönste Song, nämlich „If I Can’t Have You“ von Yvonne Elliman (auch aus der Feder der Gibb-Brüder), wurde in der Weise verhunzt, indem man dazu eine billige Striptease-Sängerin mit wackelnden Brüsten dazu im Playback sah. Der geniale Schachzug von Produzent Robert Stigwoid, den Soundtack schon vor der Filmpremiere zu veröffentlichen, so dass die Leute mit den Hits in den Ohren natürlich auch den Film sehen wollten, wurde als sogenanntes “Cross Marketing“ geboren und wurde danach bei Musik-Filmen immer wieder verwendet.

                Der Erfolg des Films machte die Macher des Disco-Labels „Casablanca Records“ so sauer, dass sie 1979 den Tanzfilm „Thank God, It’s Friday“ hinterher schoben, in dem dann die Disco-Queen schlechthin mit dabei war: Nämlich Donna Summer!

                *Die Disco „2001 Odyssey“ existierte wirklich, sie war die Hausnummer 802 an der 64th Street in Bay Ridge und wurde kurz nach dem Disco-Hype geschlossen und ihr legendärer Funkelboden für lächerliche 350 Dollar veräussert. 2017 wurde der Club zum runden Jubiläum kurz wiedereröffnet. Er war nur ein Provinzschuppen und hatte nie die Ausstrahlung eines Glamourclubs, wie z.B. dem „Studio 54“, in dem die sämtliche New Yorker-Prom-Szene von Grace Jones, über Bowie, Jagger mit Jerry Hall, Liza Minnelli, Andy Warhol, Truman Capote, Diana Ross, Calvin Klein, Cher, Elizabeth Taylor mit Schosshündchen Michael Jackson und bis eben: John Travolta, drin verkehrten!

                10
                • 5 .5
                  über Grease

                  Die Marketingstrategie des Produzenten Robert Stigwood, Teile der Filmmusik vor Filmstart zu veröffentlichen, erzeugte auch beim Fifties-Musicalfilm „Grease“ (1979) eine Win-win-Situation und war nach Stigwood‘s Smashhit „Saturday Night Fever“ (1977) richtungsweisend. Das Prinzip des Cross-Marketing war bereits geboren. Stephen Holdenschrieb dazu acht Jahre später in der New York Times: „Der NY-Discofilm bewies, dass die Marketingkooperation eines Films und seines Soundtrack-Albums einen doppelten Blockbuster erzeugen kann, und die Filmmusikspielt seitdem eine andere Rolle als vorher.“

                  War Stigwood‘s erster Hit mehr auf koksende Twentysomethings ausgerichtet, richtete sich die Grease-Romanze voll in die Teenie-Craze-Unschulds-Bash-Richtung. Die BRAVO war über Wochen voll mit Starschnitten, Stories und Posters, die Mädchen bretzelten sich für die Schule auf wie Olivia Newton-John in der Schlussszene und trällerten im Schülertheater „You‘re The One That I Want“ im Playback, der Gang ins Kino wurde zur adoleszenten Pilgerreise.

                  Inhaltlich war das Musical eine Wiedergabe biederer, heteronormativer Stereotypen, die heute statt flashig seltsam behäbig wirken. Der Höhepunkt solcher war bestimmt der Aufritt des ausrangierten Las Vegas-Sängers der Four Seasons, Frankie Valli als heilsbringende Engels-Erscheinung mit der Darbietung „Beauty School, Drop Out“.
                  Die zweitklassige Pop-Gruppe Sha Na Na musste gleich die ganze dritte Soundtrack-Seite mit ihrem Mittelklasse-Songs auffüllen. Der choreografische Höhepunkt bleibt indes die Ensemble-Darbietung des Songs „Summer Nights“, der gleich zu Beginn verpulvert wird.

                  Auch sonst sehen wir hier erneut eine Ansammlung einiger Tu-Nichts-Gutes-Teddy-Boys und ihren pinken überproportional geschminkten Fräuleins. Dabei ist die Liebesgeschichte zwischen John und Olivia vollkommen disruptiv erzählt. John Travoltas älteste Schwester Ellen Travoltaspielt übrigens als Kellnerin im Eiscafé mit.

                  „Grease“ ist also der englische Begriff für „Schmiere“ und steht für die Pomade, mit der männliche High-School-Schüler in den 1950er Jahren ihre Frisuren in Form brachten. Der weltweite Kinoumsatz erreichte rund 397 Millionen US-Dollar (davon rund 190 Millionen US-Dollar im nordamerikanischen Raum) bei einem Gesamtbudget von 6 Millionen US-Dollar. 1982 wurde die Fortsetzung „Grease 2“ veröffentlicht, die natürlich niemals an den Erfolg dieses ersten Films anknüpfen konnte.

                  Fazit: Lieber wiedermal das hundertfach lustigere und frechere 60s-Musical „Hairspray“ (1986) von John Waters anschauen, das etwas später, nämlich 1963 spielt!

                  12
                  • 4 .5

                    (Kurzkommentar:)
                    Jennifer Beals arbeitet am Tag als Schweisserin unter lauter Kerlen in einer Fabrik und macht hier als erstes einer verwöhnten Gen Z klar, dass es im Leben nicht primär um eine ausgeglichene Work/Life-Balance geht, sondern darum, wer einen Traum hat, auch hart dafür malochen muss. Bei ihr ist es das Tanzen mit Stühlen 🪑 und Tausendsassa Giorgio Moroder (Produzent von Donna Summer) hat ihr dafür gleich einen Welthit hingeschmissen, nämlich das titelgebende One Hit-Wonder „Flashdance“ (1983) von der kürzlich verstorbenen Irene Cara (63). Auch sonst hören wir weitere Ohrnerver wie Michael Sembello‘s „She‘s A Maniac!“.
                    Jennifer wohnt selbst in einer coolen Fabrikloft im Pittsburgh, bekommt einen netten Freund zur Seite, rettet eine Freundin aus einem berüchtigten Strip/Nutten-Club und als sie endlich zum Vortanzen erschienen darf, haben alle Kuratoren - wen wunderts? - eine Fluppe 🚬 oder einem Stumpen im Gesicht.
                    Fazit: Seltsam glamourloser Tanzfilm mit einigen witzigen Sprüchen.

                    11
                    • 8 .5

                      ‚s wonderful.
                      's marvelous.
                      You should care for me.
                      's awfully nice.
                      's paradise.
                      's what I love to see.
                      You've made my life so glamorous,
                      You can't blame me for feeling amorous.

                      Eine Seite wie Moviepilot bringt mich immer wieder zum Staunen: Schon zu oft ist mir aufgefallen, dass hier das Phänomen der um sich greifenden Gruppendynamik anscheinend ein grosses psychologisches Gewicht unter den Usern hat. Hat irgendeiner von denen mal einen an sich tollen Film mit einem meistens unqualifizierten Mülltext schlechtgeredet, dann ein Zweiter und Dritter ihm nachgetan, ist das geistige Perpetuum Mobile oft schon losgetreten: Alle nachfolgenden Mülltexte blasen dann merkwürdigerweise ins genau gleiche Horn - ohne eigenständige Meinung oder klare Kante einer Gegensteuerung.

                      Auch bei diesem farbenfrohen und spassigen Aschenputtel-Pop Art-Musical-Spektakel „Funny Face“ (1956; dieses Jahr steht jedenfalls in den Titles geschrieben) war das leider auch nicht anders. Lassen Sie sich also um Gottes Willen nicht beirren und geniessen Sie diesen herrlichen Paramount-Film in vollen Zügen - genau wie ich es tat!

                      Schon die ersten kreativen Maintitles mit allerlei gezeichneten Kostümschnitten aus der Couture-Welt lassen einem als Teaser zu Beginn das Herzen schon höher schlagen. Sie alleine tragen bereits die unübersehbare Handschrift der sehr bunten Welt von Director Stanley Donen.

                      Die resolute Maggie Prescott (Sängerin Kay Thompson) betritt also im Gleichschritt ihr stylisches Imperium als Chefredaktorin des fiktiven Modemagazins „Quality“, wo sie von all ihren Untertanen respektvoll gegrüsst wird, ehe sie durch eine der bunten Türen ihr Universum betritt. Bestimmt war sie filmisches Vorbild von Meryl Streep, also Vogue-Chefin Anna Wintour, in „The Devil Wears Prada“ (2006). So bläst die Fastfünzigerin ihren jungen und nun bei ihr im Office versammelten Redakteurinnen gleich den Marsch, welche Farbe die Amerikanerinnen diesen Frühling zu tragen haben: „Think Pink!“ 🌸 heisst das Motto und das erste gesungene Lied aus der Feder von George und Ira. Auf die berechtigte Frage, weshalb sie selbst diese Farbe nicht trage, sagt Kay keck: „Ich konnte rosa nie ausstehen!“

                      Im Hause „Quality“ sind natürlich auch einige Männer angestellt, so auch Fotograf Dick Avery (Fred Astaire), und der hat für sein neues Shooting gleich eine Blitzidee wie man der ganzen Modewelt einen höheren intellektuellen Approach und Anspruch geben könnte: Warum machen wir also die nächste Fotosession nicht grad in einem dieser finsteren und verstaubten Bücherantiquariaten in New York‘s Greenwich Village, bevor es mit der ganzen Truppe auf nach Paris geht, um dort die neue Kollektion zu bewerben?

                      Dieser existenzialistische Laden ist schnell gefunden und mit ganzem Brimborium fährt Maggie mit ihrer Entourage dort ein, stellt ungefragt Requisiten und grelle Lampen auf, um Model Marion (Model Dovima, die später selbst eine Modeagentur in London eröffnete) richtig in die Szene vor all den Büchern 📚zu setzen. Das alles passt der jungen und unscheinbaren Angestellten Jo Stockton (Audrey Hebburn) überhaupt nicht in den Kram, erst recht nicht, als sie noch ungefragt auf die Fotos kommen sollte („How Long Haas This Been Going On?“ 🎶) . Doch die Dick‘s Kamera hat längst schon alles im (Celluloid-)Kasten!

                      Als dieser in seiner Dunkelkammer dann die Fotos entwickelt, ist er nicht etwa von Marion in Pose darauf begeistert, sondern von dem unscheinbaren „hässlichen Entchen“ Jo. In Absparache mit Maggie schwebt ihnen also vor, just aus ihr das neue Supermodel zu erschaffen. Doch wie schafft man es, eine bücherbessesene Philosophiestudentin zu so einem, ihr diametral widersprechenden Plan zu überreden? Dick lässt sich einen schlaufüchsigen Hattrick einfallen, denn Jo‘s Traum ist es schon lange, den Professior für Empathikalismus Emile Floskle (Michel Auclair) in Paris zu besuchen…

                      Hier sehen wir ganz klar eine Parallele im Filmscript zu der Biografie von Starfotograf Richard Avedon, der in den Fünfzigerjahren ebenso auf der Suche nach einem neuen Typus Frau vor seiner Linse 📸 war. So steigt man also ins Propellerflugzeug nach Paris - natürlich in eine TWA, die neben Pan Am fast noch stylischere Fluglinie. Maggie empfiehlt allen, sich im Hotelzimmer nach der anstrengenden Reise auszuruhen, und natürlich hält sich niemand daran: Im dreifachen Splitscreen sehen wir Maggie, Dick und Jo, wie sie das Paris der Fünfzigerjahre gesungen auskundschaften („Bonjour Paris!“). Niemand ist überrascht, als sich alle drei beim Eiffelturm treffen.

                      Doch nun geht es an die Arbeit: Die führenden Stylisten von Paris sind hinter dem Vorhang eifrig damit beschäftigt, aus Jo den schönen Schwan zu erschaffen. Und wie der Saal dunkel wird, der Vorhang aufgeht und Audrey schliesslich verwandelt 👗👠ins Scheinwerferlicht tritt, kann man das als einen der grössten Aha-Effekte der Geschichte Hollywoods bezeichnen: Dieser Anblick macht einfach jeden baff!

                      Puritaner monieren natürlich ständig, dass man in den Fünfzigerjahren jungen Schauspielerinnen ständig steinalte Greise zur Seite gestellt habe. Ich finde diesen Dauervorwurf nur kleinkariert. Natürlich war Fred während des Drehs schon 57 Jahre alt, er war aber (vielleicht neben Gene Kelly) auch der beste Tänzer, den Hollywood jemals hatte (diese Tanzeinlagen rauben einem auch hier wieder den Atem, unglaublich wie fit der Mann im Alter noch war!). Zudem ist der Film eine Romanze der Golden Era und kein Erotikfilm. Komischerweise liest man so einen Vorwurf bei einem Pseudodrama wie „Der letzte Tango in Paris“ (1972) nicht.

                      Anders als in ihrem späteren Musikfilm „My Fair Lady“ (1964) singt Audrey Hepburn in diesem Film alle ihrer Lieder selbst. Sie konnte an der Seite von Astaire ihrer großen Leidenschaft nachgehen: dem Tanzen. In einem in ein Kellergewölbe versenkten Café im Pariser St. Germain (das Quartier, in dem sich damals die Künstler trafen) zeigt Audrey ihre grossen Tanzkünste in schummrigem Licht. Diese Szene ist (neben dieser in Professor Floskle‘s Wohnung, in der ein Proto-Beatnik-Girl auf der Gitarre zupft) deshalb schon beeindruckend, weil hier das shiny Hollywood gar in die Gefilde des Underground von Paris wagt.

                      Die Kreativität und Fotokunst Avedon’s wurde anhand von verschiedenen Szenerien gezeigt: Audrey mit Luftballons im Regen, Audrey im Dampf der Eisenbahn, Audrey in einem Museum, Audrey in einem Meer von Blumen 💐. Die Schlussszene wurde wieder auf einer Wiese bei einer am Rande von Paris gedreht, mit einem See über den den natürlich symbolisch ein Schwan 🦢 durchs Bild gleitet. Nachdem es tagelang geregnet hatte und der Boden immer matschiger wurde, gestalteten sich die Dreharbeiten schwierig. Hepburn seufzte: „20 Jahre habe ich darauf gewartet, mit Fred Astaire zu tanzen, und was kriege ich jetzt? Sumpf!“

                      Hier im Film hören wir einige der schönsten Songs vom George und Ira Gershwin, erschienen waren sie bereits damals im dicken Gatefold-Sleeve auf „Verve Records“. Im Sinne der CD-Veröffentlichungswelle des grossen Jazz-Labels, gab es dann auch den Soundtrack von „Funny Face“ 1996 endlich auch auf CD 💿.

                      Fazit: Schöner schmachten als mit „Funny Face“ (1956) ist fast nicht mehr möglich.
                      ‚s wonderful!

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                        Disney's Schneewittchen wird gerade zum totalen Flop an den Kinokassen und entwickelt sich zu einem der am schlechtesten laufenden Filme des Unternehmens in den letzten Jahren.

                        So spielte der Film nur 3.5 Millionen US-Dollar bei den Sneak Previews in den USA ein. Experten rechnen mit einem Einspielergebnis von lediglich 45-55 Millionen US-Dollar in der ersten Woche. „Snow White“ gehört mit einem Budget von 270 Millionen US-Dollar zu den Big Budget-Filmen.

                        Zum Vergleich: Die Realverfilmung von „Der König der Löwen“ spielte allein am ersten Wochenende mehr als 191 Millionen US-Dollar ein. Wohlgemerkt mitten im Sommer.

                        Grund dafür könnte vor allem die Kontroverse um Schneewittchen-Darsteller Rachel Zegler sein sowie die woke Umgestaltung des Märchens von 1812 (mündlich war das Märchen übrigens schon früher überliefert).

                        GoWoke, GoBroke!

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                        • 6 .5

                          Caroline (Glynis Barber) ist mit Sir Ralph (Denholm Elliott) verlobt und wünscht sich ihre Schwester als Brautjungfer. Die ausgefuchste Barbara (Faye Dunaway) möchte allerdings lieber selbst zum Altar schreiten, verführt Ralph und wird die Lady im Haus. Ihr neuer Reichtum genügt ihr aber nicht, aus Langeweile beginnt sie Leute zu überfallen. Bei ihren nächtlichen Streifzügen trifft die Lady auf Jerry Jackson (Alan Bates), Anführer einer Wegelagererbande. Zusammen plündern sie englische Postkutschen in Serie. Ausgerechnet ihr Mann, Lord Skelton, der von ihren kriminellen Eskapaden nichts ahnt, wird im Verlauf der Ereignisse zu ihrem schärfsten Gegenspieler. Seine Suche nach den Verantwortlichen der nächtlichen Überfälle verläuft allerdings anfangs erfolglos. Doch Barbara‘s Gier wird immer unersättlicher….

                          POSSIBLE SPOILER ALERT:
                          Hier haben wir dieses hübsche Robin Hood-ähnnliche Setting eines Sherwood Forest aus England im 13. Jahrhundert. Auch unsere Barbara Sagengestalt agiert vor historisch wahrem Hintergrund. Als König Johann Ohneland (1167-1216), dem der Adel 1215 die Magna Charta Libertatum abgerungen hat, und dann stirbt, ist England durch Kriege und Unruhen erschüttert. Andere Quellen sollen belegen, dass die Gestalt Robin Hood tatsächlich im Schottland 🏴󠁧󠁢󠁳󠁣󠁴󠁿 des frühen 15. Jahrhunderts als historischen Strassenräuber existierte.

                          Doch diese Barbara ist kein ehrenwerter Robin, der klaut um Almosen an Arme und Gebeutelte zu verteilen. Sie handelt nur aus Langeweile, Hochmut und Habgier nach Gold und Schmuck. Je länger der Film andauert, desto mehr verliert sie die Gunst des Zuschauers. Spätestens als sie schliesslich noch ihren wilden und freiheitsliebenden Freund Jesse (der Mann hat die weitaus beste Rolle im Film und überlebt sogar unter Gespött den Galgen) aus dem Hinterrücks blutig revolvert, wird auch dem letzten klar, dass diese Frau nur verkommen ist.

                          Schon ab den späten Siebzigerjahren ging der Erfolg von Faye Dunaway flöten. Die ehemalige Oscar-Gewinnerin hatte ebenso sieben Nominierungen für die Goldene Himbeere als „Schlechteste Schauspielerin“, einmal war sie sogar als „Schlechteste Schauspielerin des Jahrzehnts“ (für die Achtzigerjahre) nominiert. Zweimal wurde sie tatsächlich mit der Himbeere ausgezeichnet - sie gehört damit neben Halle Berry, Liza Minnelli und Sandra Bullock zu den vier Oscar-Preisträgerinnen, denen diese zweifelhafte Ehre zuteil wurde.

                          Alan Bates (1934 - 2003) ist der heimliche Schauspielstar dieser mittelmässigen Mittelalterfraktur „The Wicked Lady“ (1983), der den Film mit seinem typischen Eighties-Look auf TV-Niveau schliesslich vor dem Absturz rettet. Der britische Edelmann, an den man aus dem klassischen Brit-Kino in zahlreichen Rollen meistens als „Angry Young Man“ erinnert, und der mit namhaften Regisseuren wie Bryan Forbes, Robert Altman, John Frankenheimer und Carol Reed arbeitete und zusammen mit Lee Remick in „Der zweite Mann“ (1963) schon in seinem zweiten Spielfilm die Hauptrolle inne hatte, agiert auch hier kolossal. Oftmals spielte er ungeschliffene und explosive Charaktere einfacher Herkunft. Erstaunlich auch, dass der Verlag PIDAX erst kürzlich eine DVD 📀 dieses eigentlich sehr unbekannten Britfilms veröffentlichte.

                          Den Grund, weshalb ich diesen Film immer sehen wollte und tatsächlich als Teenie auch mal die Fernseh-Gelegenheit dazu bekam, liegt daran, dass der virtuose Keyboarder 🎹 Tony Banks von Genesis hier den Soundtrack dazu komponierte. Er schrieb schon für die grosse Progressive Band der 70er-Jahre die wohl besten Passagen und Songs in ihrem Repertoire und damit Musikgeschichte. Die Musik erschien 1983 tatsächlich als Schallplatte auf „Atlantic Records“ und sie ist noch immer zeitlos in Form und Melodie. Erst 2013 erschien davon eine limitierte CD-Version. Diese Soundtrack-Kunst ist mir einen Punkt extra wert.

                          PS: Am schönsten finde ich ich in solchen Filmen übrigens immer die alten Spelunken mit dem Motto „Bei Weibern, Wein 🍷 und Gesang, da lass dich hernieder!“, in denen es wild und ungestüm zu und her geht, Wildschwein gefressen wird und der Wein aus Kübeln giesst. In so einer lernt Barbara schliesslich auch Jesse kennen.

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                          • 8 .5

                            Chicago, 1929: Zufällig werden die beiden arbeitslosen Musiker Joe (Tony Curtis) und Jerry (Jack Lemmon) unfreiwillig Augenzeugen eines brutalen Mafia-Mordes in einer Grarage. Um den rücksichtslosen Gangstern zu entkommen, verkleiden sie sich als Frauen, nennen sich fortan Josephine und Daphne, und heuern bei einer Mädchenkapelle an, mit der sie ins sonnige Florida per Eisenbahn reisen. Dass sich die beiden "Damen" als solche recht wohlfühlen, liegt zu einem erheblichen Teil an der unmittelbaren Nähe von Sugar (Marylin), der Ukulele-Spielerin der Band. Verständlich, dass es nicht allzu lange dauert, bis sich eine der beiden in Sugar verliebt. Doch wie gewinnt man das Herz einer Frau als Frau?

                            Billy Wilder’s famose Screwball- Krimikomödie „Some Like It Hot“ (1959), wohl mit eines seiner bekanntesten Werke, ist eine perfekte Vignette, deren Schlusssatz ("Nobody's Perfect") keinesfalls auf sie selbst zutrifft. Ein dicker Schleier Ruhm hat sich seit seinem Erscheinen 1959 auf den Film gelegt - und nichts davon zu Unrecht. Allein Marilyn Monroes hingehauchtes "I Wanna Be Loved By You" ist in die Geschichte der Popkultur eingestanzt. Gerade deshalb ist es schwierig, nüchtern auf Wilders in höchstem Maße amüsante, irrwitzige und einfallsreiche Achterbahnfahrt, ein Füllhorn von Gags im Sekundentakt, zu blicken. Vielleicht ist das hier auch gut so.

                            Neben der für damalige Verhältnisse unverschämten Frivolität und Freizügigkeit, der puren Lust am Fabulieren und Dialoge-Erfinden hat Billy Wilder zahlreiche Popzitate eingebaut und Bezüge zu Film Noirs (aus Mervyan Leroys "Little Cesar" (1931); etwa "Klein-Bonaparte“) hergestellt, dem großen amerikanischen Krimigenrestil.

                            Über den auch für Conaisseure erheblichen Unterhaltungswert hinaus lotet Wilder diesmal keine Tiefen aus, dafür spielt er mit ihnen. Mit wenig Fantasie lassen sich natürlich hier die lustigsten Interpretationen finden. Und so hat dieser Unterhaltungswert zahlreiche geflügelte Worte geboren und steht qualitativ weit über dem, was Komödien heutzutage so alles verheißen. Des weiteren nahm der parodistische „Männer im Fummel“-Film dern ganzen LGBTQ-Sektierern vorweg, dass mit dem ganzen Thema auch spielerisch und humorvoll umgegangen werden kann.

                            Die Kritik überschlug sich seinerzeit mit Lob für die turbulente Actionkomödie und für Regisseur Billy Wilder. Dabei hatte der während der Dreharbeiten jede Menge Nerven lassen müssen, denn die Arbeit mit Marilyn Monroe war bekanntlich alles andere als einfach. Oft kam sie zu spät zum Set und konnte sich nicht mal einfachste Sätze merken. Daher musste der geplagte und entnervte Wilder manche Szenen bis zu 80 Mal nachdrehen. Genau wie Yoko Ono bei den Beatles, nervten sich hier die Beteiligten über die Präsenz von Arthur Miller.

                            Wilder: „Mit der Monroe das war, wie wenn man Zähne zieht beim Zahnarzt: Den Mann hasst du, den möchtest du töten, wenn er da drillt. Aber nachher, wenn er fertig ist, vergibst du ihm und alles ist vergessen. Während ich mit ihr gearbeitet habe, dachte ich, ich werde es nicht überleben, aber ich wusste, dass sie es wert ist.“

                            Billy Wilder’s Ausdauer wurde belohnt: Nicht nur die Presse jubelte, „Manche mögen's heiß“ wurde auch für sechs Oscars nominiert. Bei der Golden-Globe-Verleihung 1960 erhielten Marilyn Monroe und Jack Lemmon die Preise als beste Hauptdarsteller - und der Film wurde als beste Komödie ausgezeichnet. „Wenn du in deiner Profession fünf oder sechs oder sieben Filme gemacht hast, die sehr sehr, sehr viele Menschen nie vergessen werden, dann ist das doch gut.“, meinte Wilder mit einer gewissen Genugtuung.

                            Billy Wilder hat einen zeitlosen Film geschaffen, der das Publikum immer noch zum brüllen bringt. Die DVDs waren immer Verkaufsschlager, und 2007 wurde „Manche mögen's heiß“ auf Platz 22 der besten amerikanischen Filme aller Zeiten gewählt.

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                            • 7 .5

                              Im Jahr 1875 siedelt sich Matt Calder (Robert Mitchum) in der Wildnis im Nordwesten der USA an, um mit seinem neunjährigen Sohn Mark (Tommy Rettig) eine kleine Gemüsefarm zu starten. Ständig muss er auf der Hut sein vor Gefahren wie Bären oder räuberischen Indianern. Als unmittelbar am Fluss ein treibendes Floss in Seenot gerät, rettet er die zwei Leute darauf, nämlich Gambler Harry (Rory Calhoun) und seine Freundin, die Saloon- und Rodeosängerin Kay (Marilyn Monroe). Doch dieser klaut Harry zum Dank nur Pferd und Gewehr, um ein der Stadt Council City (am unteren Ende des Flusses) eine erschwindelte Goldmine zu übernehmen, Kay lässt er zurück. Als an der Bergsilhouette schliesslich zahlreiche feindliche Indianer mit Kriegsbemalung auftauchen, beschliesst Harry selbst den Strom hinunterzugleiten, natürlich zusammen mit Mark und Kay. Doch die Stromschnellen reissen immer bedrohlicher…

                              Und natürlich kommt die Gitarrenklampfe immer mit aufs Floss! Ist nämlich Marylin dabei, wird auch ordentlich gesungen. Ihre Darbietungen in der Westernkluft machen seltsam Spass, denn niemals sah man sie wieder in einem Quasi-Western, wie „River Of No Return“ (1954), wo sie gar mal zum Beerenpflücken verdonnert wird. Der Film bedeutete rasanten Aufstieg ihres Ruhms.

                              Die weiteren leicht klischeehaften Charaktere sind gut genug ausgearbeitet, um Identifikationspotenzial zuzulassen. Der Rest erledigt die Starpower und das Schauspielvermögen der sich hervorragend ergänzenden Hauptdarsteller. Wenn es so etwas wie Chemie zwischen Darstellern gibt, dann ist sie in diesem Fall sehr stimmig. Robert Mitchum („Kap der Angst“, „El Dorado“) als raubeiniger, aber im Grunde gutherziger Farmer Calder ist der grösste Identifikationsfaktor für den Zuschauer.

                              Die Landschaftsbilder an der kanadischen Grenze sind atemberaubend, die Action im Fluss hervorragend bedrohlich für ihr Datum umgesetzt. Der Soundtrack stammt von Cyril J. Mockridge (TV-Serie „Lost in Space“), der die für das Genre genau die richtigen Töne trifft. Auch wenn ich nicht der grösste Fan von Director Otto Preminger („Anatomie eines Mordes“, „Exodus“) bin, sein erstmaliges Ausprobieren des Cinemascope-Formats, mit Hilfe von Kameramann Joseph LaShelle („Das Appartement“, „Laura“), ist gelungen. Die beeindruckende 🇨🇦-Kulisse der wundervollen Panoramabilder in einer bis dato einmaligen Qualität auf Zelluloid zu bannen, war ihr Verdienst.

                              Kinderstar Tommy Rettig (1941 - 1996) wird wahrscheinlich nie vergessen haben, dass ihm ausgerechnet mal Marylin am Lagerfeuer das Haar zärtlich gekrault hatte. Er hatte immer wieder Rollen, seine berühmteste in „Lassie“ liess ihn fast verzweifeln - lange Jahre konnte er sich nicht aus dem Vertrag entziehen. Er fühlte sich seiner natürlichen Entwicklung seiner Adoleszenz beraubt, verfiel Schnaps und Drogen, fing sich wieder auf und wurde schliesslich erfolgreicher Software-Entwickler. Er starb erst 54-jährig an Herzversagen.

                              PS: In jeder Sekunde denkt man natürlich an Meryl Streep, wie sie 1994 in „The River Wild“ genau auch so ein Floss die Schnellen hinunter navigierte - von wo die Inspiration kam, ist geradezu offensichtlich!

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                              • 4

                                Wir beginnen in Paris: Die 17-jährige Cécile (Jean Seberg, schon mit einer 60s-Kurzfrisur à la Mia Farrow beschnitten) tanzt mit einem Bekannten in einer Bar, im Hintergrund singt Chansonlegende Juliette Gréco „I’ve Lost Me, That’s All I Know“ und gibt damit die Stimmung wieder, in der sich Cécile befindet. Sie hängt depressiven Gedanken nach, fragt sich, ob sie je wieder glücklich sein kann, denn der damalige Urlaub an der Côte d‘Azur 🌞 blieb nur eine traumatische Erfahrung.

                                In diesen Sommer der Vergangenheit wird nun geblendet, und das Bild wird plötzlich Technicolor-bunt: So verbringt sie heitere Tage mit ihrem Vater Raymond (David Niven) und dessen ständig wechselnden Frauenbekanntschaften. Derzeit ist es Elsa (Mylène Demongeot - nervt von der ersten Minute an!), ein ziemlich geschwätziges Dummerchen. Aber sie passen alle zueinander in ihrem Drang nach einem leichten und sorglosen Leben.

                                In dieses entspannte Ferienleben an blauer See 🌊und inmitten grüner Pinien 🌲schneit ihre Patentante, die Modedesignerin Anne Larsen (Deborah Kerr) hinein. Zunächst empfindet Cécile Sympathie für die geistreiche und talentierte Frau. Als Anne gleich bei ihrer Ankunft von Elsas Anwesenheit erfährt, ist sie ausser sich. Elsa verlässt schliesslich unter hysterischem Geheul das Anwesen, und aus der Romanze zwischen Raymont und Anne werden schnell klare Fakten geschaffen. Als der seiner Tochter später erzählt, dass er Anne heiraten möchte, ist es mit der Idylle vorbei. Diese belehrende Anne hatte sich nämlich schon zuvor in Cécille‘s private Angelegenheiten eingemischt: Sie sollte doch endlich mal für ihr verpasstes Examen büffeln und von ihrem Schwarm Philippe (Geoffrey Horne) absehen. Just mit dem und der ebenso entäuschten Elsa schmiedet Céline daraufhin eine ausgefuchste Intrige. Doch die läuft in tragischer Weise völlig aus dem Ruder….

                                Hier tun sich mir etliche Fragen auf: Warum gibt Director Preminger einem ehrenwerten und gestandenen Mann wie David Niven schon als Ausgangslage so ein blondes Blödchen zur Freundin? Warum flippt Anne aka/Deborah Kerr so derart aus, als sie von deren Präsenz erfährt? Weshalb will Anne weiter der jungen Tochter ihres angehenden Mannes jede Freude am Leben vergällen und ihr nicht mal diesen eigentlichen sehr eleganten, jungen Lover für die Ferienzeit gönnen? Warum beteiligt sich Raymond selbst so superblöd an dieser offensichtlich leicht zu durchschauenden Intrige?

                                Nicht nur Jacques Rivette und François Truffaut feierten den Film mit hymnischen Kritiken und definierten ihn als Quasi-Vorläufer der ganzen Nouvelle Vague ab, sondern eigentlich alle männlichen Baby Boomer und Chauvinisten bis heute. Der Grund: Ihr versinnbildlichter, feuchter Männertraum, die amerikanische Jungdarstellerin Jean Seberg (1938 - 1979)!

                                Lesen Sie selbst, was Truffaut lächerliches in seinem 1975 erschienenen Buch „Les films de ma vie“ über den Film und sie meinte: „Die Arbeit des Regisseurs besteht darin, hübsche Frauen hübsche Dinge machen zu lassen. Immer, wenn Jean Seberg auf der Leinwand ist, das heisst, den ganzen Film über, hat man nur Blicke für sie, so graziös ist sie noch in der beiläufigsten Bewegung, so genau in jedem Blick. So trägt Seberg – kurzes, aschblondes Haar auf dem Pharaonenkopf, die blauen Augen weit geöffnet, aufblitzend in jungenhaftem Schalk – auf ihren schmalen Schultern den ganzen Film, der im Übrigen ein einziges Liebesgedicht ist, von Otto Preminger ihr gewidmet.“

                                Jean-Luc Godard übernahm für sein Debüt („A bout de souffle“; 1960) nicht nur den skizzenhaften Stil vom Proto-Vague-Drama „Bonjour, Tristesse“ (1958), sondern natürlich auch Jean, die danach immer wieder dankbar nach Europa kam, wo sie mit u.a. Chabrol und Geissendörfer drehte. Ihr Leben war indes eine Tragödie: Sie war dreimal (plus einmal ungültig dazu) verheiratet, ihr Engangement für die Black Panther-Bewegung macht aus ihr einen Fall für den Geheimdienst des ultraharten FBI-Directors J. Edgar Hoover. Ihre daraufhin erfahrene Fehlgeburt hatte Seberg nie verkraftet: Immer wieder versuchte sie sich darauf am Geburtstag des Kindes das Leben zu nehmen und starb schliesslich am 30. August 1979 einen ominösen Tod, der nie wirklich aufgeklärt wurde und nicht ausgeräumt auch ohne weiteres ein Mord hätte sein können.

                                Verzeihen Sie es mir bitte: Mehr als ein Ventil, um mit geilen Augen Fräulein Seberg symbolisch zu betatschen, beinhaltet diese abstruse, abgekultete Schundgeschichte voller Ungereimtheiten für mich als Fazit nicht. Ich kann diese nachpupertären Schwärmereien der untersten Schublade für alles hier Enthaltene hier nicht nachvollziehen, und die eigentlich wundervolle Deborah hatte mir nur leid getan. 2024 kam übrigens die Neuverfilmung mit Chloe Sevigny.

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                                  Bei einer Kreuzfahrt auf dem Luxusdampfers „Constitution“ 🚢 begegnen sich die Nachtclubsängerin Terry McKay (Deborah Kerr) und der Frauenschwarm und Maler Nickie Ferrante (Cray Grant). Ferrante ist verlobt, McKay wird in Amerika von einem Freund umworben. Denoch sind sich beide vom ersten Blick sympathisch und verbringen die meiste Zeit auf dem Schiff zusammen. Erst bei einem Landausflug zu Nickie’s Grossmutter erfährt Terry einige Details über Nickie, die ihre Gefühle stark beeinflussen. Die Beziehung zwischen Terry und Nickie entwickelt sich daraufhin zu einer ernsthaften Liebe, aber sie möchten noch einige Dinge zu regeln, die ihnen mehr Klarheit verschaffen. Sie verabreden, sich in sechs Monaten auf dem „Empire State Building“ zu treffen. Wenn beide zum Treffen kommen, so ihr Kalkül, dann ist die Liebe wahrhaftig. Aber dann ereilt Terry ein schicksalhaftes Unglück…

                                  Director Leo McCarey (1889 - 1969) war besonders in den Zeiten des Stummfilms erfolgreich. 1926 war er bereits Vizepräsident der Roach-Studios und damit auch verantwortlich für einige der besten Filme des Komiker-Duos Stan Laurel und Oliver Hardy. Die Karriere von McCarey erreichte 1944 ihren Höhepunkt mit einer vor Sentimentalität triefenden Bibelgeschichte „Der Weg zum Glück“ (mit Bing Crosby), dem grössten Kassenerfolg des Jahres. Es gelang den Beteiligten, den finanziellen Erfolg im Folgejahr mit einer weiteren religiösen Geschichte „Die Glocken von St. Marien“ (1945) gar noch zu übertreffen. Das mag auch daran gelegen haben, dass Ingrid Bergman, damals auf dem Gipfel ihrer Popularität, die weibliche Hauptrolle als Nonne übernahm.

                                  Ab den späten Vierzigerjahren waren seine Filme oft weder künstlerisch noch finanziell erfolgreich. Besonders der in der McCarthy-Ära gedrehte Film „My Son John“ (1952), der die Geschichte eines Jungen schilderte, der mit dem Kommunismus sympathisiert und am Ende seinen Irrtum einsieht und einen ehrenvollen Tod stirbt, wurde für seinen aufdringlichen Pathos geschmäht.

                                  Der wohl bemerkenswerteste Film seiner späten Karriere war also dieses Melo „An Affair To Remember“ (1957), eine Neuverfilmung von „Ruhelose Liebe“ (1939). Das ist so schön edel-altmodisch, wundervoll gediegen und mit glanzvollen Kulissen versetzt, und es gibt in der Romanze gar einen bemerkenswerten Genre-Schnitt in der Hälfte: Aus der Komödie auf der ozeanischen Überfahrt 🛳️ wird ab Ankunft in New York alles zum tieftraurigen Melodram. Der (architektonische) Clou des Films selbst diente 1993 gar als Inspiration für Meg Ryan in „Schlaflos in Seattle“.

                                  Auch schöne Broadway-Musik gibt es: Deborah Kerr hatte ich bisher noch nie singen gehört, das macht sie gar mal auch noch zusammen mit einer Kinderschar und richtig hübsch dazu!

                                  Eigentlich ist jede Szene und die gesamte Laufzeit ein bisschen zu lange geraten, aber damals waren die Sehgewohnheiten auch anders, darum sei das auch grosszügig verziehen - der erlösende und wunderschöne Schluss lässt einem natürlich ein obligates Tränchen über die Wange kullern.

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                                  • 5 .5

                                    In den Ausläufern des Himalaya bezieht eine Gruppe von Nonnen unter Führung der Oberschwester Clodagh (Deborah Kerr) ein Gebäude, das von einer religiösen Bruderschaft verlassen wurde. Sie wollen aus dem Ort ein Krankenhaus und eine Schule machen. Vom örtlichen Agenten Dean (David Farrar) werden sie dabei unterstützt, auch wenn er nicht daran glaubt, dass die Nonnen das notwendige Durchhaltevermögen dafür haben. Da der talentierte Lebemann auch gerne mal einen über den Durst trinkt, reagiert Clodagh ihm gegenüber mit Distanz.

                                    Die fremde Kultur, der mysteriöse Ort und die Höhenluft sorgen bei den Nonnen für seltsame Reaktionen. Es gelingt ihnen immer weniger, sich auf ihre Ziele zu konzentrieren. Stattdessen schweifen ihre Gedanken in Gefilde ab, die sie schon lange nicht mehr betreten haben. Eine von ihnen, Schwester Ruth (Kathleen Byron), entwickelt eine Besessenheit zu Dean, die völlig absurd-obsessive Züge annimmt. Als der sie schroff abweist, bahnt sich eine Katastrophe an…

                                    Dieses ungewöhnliche Filmdrama „Black Narcissus“ (1947) mit seiner sehr speziellen Farbdramaturgie in exotischem
                                    Setting trägt wegen einer Szene einen ebenso ungewöhnlichen Titel: Als der Neffe des Generals, eine Art indischer Sultan (Sabu), in Mopu eintrifft, um bei den Schwestern Privatunterricht zu erhalten, kann man ihn seines Onkels wegen nicht zurückweisen. Die immer rasch zum Spott bereite Schwester Ruth vergleicht die Pracht seiner Erscheinung mit einem schwarzen Narziss. Mit der Zeit lässt sich der junge General dann auch von der Ausreisserin Kanchi (Jean Simmons) verführen.

                                    Obwohl der Film in Indien spielt, wurde keine einzige Szene an Originalschauplätzen gedreht. Die Szenen im Himalaya entstanden in Londons Pinewood Studios. Als Hintergrund nutzte man Schwarzweißfotografien, die von den Szenenbildnern von Hand koloriert wurden. Kameramann Jack Cardiff verriet später, dass man sich bei der Beleuchtung und der Farbdramaturgie des Films von Gemälden der holländischen Maler Jan Vermeer, Rembrandt und Vincent van Gogh inspirieren ließ.

                                    Hauptdarstellerin Deborah Kerr als junge Ordenschwester ganz in Weiss erinnert ganz an eine Marienstatue aus Stein in ihrer ganzen Unschuld. Eric Braun schrieb in seiner Deborah-Biografie: „Deborah in her creamy nun‘s habit had a grave, contempative beauty that seemed to radiate from within.“ Die Rückblende in Irland, die sie mit ihrer verflossenen Liebe zeigt und dem Zuschauer erklären soll, warum die junge Frau letztendlich konvertiert hat, geriet der katholischen Kirche damals so in den falschen Hals, dass der amerikanische „Catholic Legion of Decency“-Verband gar die Macher dazu aufforderte, die völlig harmlose Szene zu entfernen.

                                    Dass sie zur Versinnbildlichung und Metamorphose der wahnsinnig gewordenen Schwester Ruth - von der Nonne zum durchegeknallten, lippenstiftbeschmierten Vamp - nichts sagten, blieb indes erstaunlich. Sie ist ja eigentlich schon 1947 die Verkörperung einer diabolischen Nonne als Quasi-Vorbild für italienischen oder britischen Hammer Studio-Trash.

                                    Eine für mich aus heutiger Sicht nicht mehr ganz einfach zu folgende Geschichte in eben diesen Surroundings mit allerlei speziellen Eingeborenen, das einem als solches noch immer den Atem raubt - auch dank der exzellenten Kamerarabeit und dieser einmaligen Nachkolorierung, die den Film wie eine alte Postkarte erscheinen lässt. Wer dem aus früheren Zeiten betrachtete Exotismus etwas abgewinnen kann, ist hier bestimmt richtig. Wem hingegen eine stringente Geschichte wichtig ist, tut sich wohl ein wenig schwer damit. Die dramatische Handlung hat ihren Reiz durch den Lauf der Zeit schon verloren.

                                    Bei einer Umfrage des British Film Institute im Jahr 1999 wurde „Die schwarze Narzisse“ immerhin auf Platz 44 in der Liste der besten britischen Filme des 20. Jahrhunderts gewählt. Ob sich heute überhaupt noch jemand an den Film erinnert?

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                                    • 6

                                      Dem englischen Schlossherrn Victor, Earl of Rhyall (Cary Grant), muss der Tatsache ins Auge blicken, dass sich seine bezaubernde Frau Hilary (Deborah Kerr) prompt in den amerikanischen Ölmillionär Charles Delacro (Robert Mitchum) verliebt hat. Der aufdringliche, dennoch vor Charme strotzende Playboy überrascht nämlich spontan die Frau in ihrem goldenen Schlosskäfig während eines geführten Rundgangs durch die viktorianischen Gemäuer. Der Nebenbuhler aus Übersee entsinnt sich einiger trickreicher Finten einer Charmeoffensive, die dem Gatten in langen Ehejahren abhandengekommen ist. Sie trifft den Mann schliesslich in London, während sie bei ihrer quirligen Freundin Hettie (Jean Simmons) in deren Appartement wohnt. Als die alles mitbekommt, sieht diese wiederum die Gelegenheit gekommen, kurzentschlossen nach Rhyall zu düsen und Victor einzulullen, den sie schon seit ihren Mädchenjahren heimlich liebt. Chaos perfekt!

                                      Stanley Donen (1924 - 2019) galt neben Vincente Minnelli als wichtigster Musicalregisseur der Fünfzigerjahre. 1952 drehte Donen in Ko-Regie mit Gene Kelly seinen wohl bekanntesten Film, „Singin’ in the Rain“, ein Filmklassiker, den viele Kritiker für eines der besten Filmmusicals und sogar einen der besten Filme aller Zeiten halten. Nicht minder berühmt ist die Fashionromanze „Funny Face“ (1957; mit Audrey Hebburn und Fred Astaire). Sichtlich vom Erfolg von Hitchcock’s Suspensewerken inspiriert, folgte in den 60er-Jahren ebenso berühmte Krimikost, wie „Charade“ (1963) oder „Arabesque“ (1966). Bis zu seinem Tod galt er als der letzte bedeutende Regisseur aus Hollywoods „goldener Ära“. Donen wurde nie für einen Oscar nominiert, doch die Filmakademie überreichte ihm schließlich 1998 eine Trophäe für sein Lebenswerk. Auch beim Filmfestival in Venedig erhielt er 2004 diese Auszeichnung.  

                                      Die britische Komödie „The Grass Is Greener“ (1960) nach einem Drehbuch des britischen Theaterpaars Williams/Vyner ist eine praktisch abgeschnitten identische Wiedergabe ihres damals erfolgreichen Play vom West End. Die Konzentration auf verschiedene Räumlichkeiten im Schloss, sowie die ausgeflippten Kostüme von Simmons, ergeben szenisch Abwechslung im schönen Technicolor.

                                      Alles in allem wird hier eine lockere Dialog-Fremdgeh- Komödie aus dem Milieu hochfeudaler Landaristokratie charmant serviert, die natürlich auch top-elegant gespielt ist. Der beste Witz findet sich in den Nebensächlichkeiten, wie dem Aufeindertreffen britischer und amerikanischer Eigenschaften und einem teuren Nerzmantel als vermeintliches Geschenk, die dem Film Würze und etwas Skurrilität verleihen. Aus heutiger Sicht wirkt das alles dennoch etwas bieder.

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                                      • 7 .5

                                        Die strenge republikanische Kongressabgeordnete Phoebe Frost aus Iowa (Jean Arthur - köstlich!) staunt nicht schlecht: Nachdem sie mit einer Delegation im kriegszerstörten Berlin angekommen ist, um die Moral der dort stationierten amerikanischen Truppen zu überprüfen, wird sie bei einer Rundfahrt durch die verbombte Stadt Zeugin, wie sich an jeder Ecke amerikanische GIs mit deutschen Mädchen ihre Freizeit versüssen!

                                        Um dem sündigen Treiben einen klaren Riegel vorzuschieben und mehr über die genaueren Umstände zu erfahren, gibt sie sich bei zwei tollpatschigen GIs als deutsches Fräulein aus. Die führen sie prompt in den Nachtklub „Lorelei“, in dem die Sängerin Erika von Schlütow (Marlene) auftritt. Auch diese soll einen heimlichen amerikanischen Verehrer haben, der ihre angeblichen Verstrickungen zu einem Gestapo-Zudiener vertuschen soll.

                                        Sie ahnt nicht, dass ausgerechnet Captain John Pringle (John Lund) selbst jener heimliche Verehrer ist. Der Mann also, dem sich Phoebe Frost zuwandte, um ihr bei der Identifizierung dieses pflichtvergessenen Offiziers behilflich sein soll! Der versucht nun aus seiner Notlage mit einer gehörigen Finte herauszukommen: Er appelliert an die romantische Seite der Frau Phoebe. Wird die kluge Frau das zu durchschauen wissen?

                                        Dieses frivol-ironische, geschichtlich wertvolle und kurzweilig-komödiantische Liebeswirrungs-Puzzle „A Foreign Affair“ (1948) von Meister-Regisseur Billy Wilder hat es einfach in sich: Nicht nur ist die kluge (Dreiecks-)Geschichte knackig und flüssig umgesetzt, sie ist mit den verschiedenen Schauorten einer malträtierten und sich neu zu erfindenden Stadt auch illuster und historisch interessant anzusehen, vereint sowohl Tragik wie Humor, ist top gespielt und hat mit Marlene als Nachtclubsängerin erst noch ihr besonderes Tüpfelchen auf dem i im Köcher.

                                        Hier singt Marlene Dietrich also drei ihrer allerschönsten Titel ihres Songsortiments, nämlich „Black Market“, „Illusions“ und „The Ruins Of Berlin“, geschrieben und am Klavier begleitet von dem grossen American Songbook- Komponisten Friedrich Hollaender.

                                        Fazit: Schaut man wiedermal ein Werk von Wilder an, wird man sich ständig wieder bewusst, wie kurzweilig und mit unglaublicher Raffinesse er seine (oft selbst- oder mitgeschriebenen) Drehbücher umsetzte. Noch nie sah ich einen Film von ihm, den man vorwerfen könnte, er hätte Staub angesetzt.

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                                        • 4 .5

                                          Wenn die göttliche Marlene ein Flugzeug ✈️ Richtung Montreal besteigt, kann man immerhin mal davon ausgehen, dass der Flug bestimmt nicht allzu langweilig wird. Das wird er auch schon deshalb nicht, weil der tattrig-verlegen wirkende Professor Dr. Theodore Honey (James Stewart) gemäss drei verschiedenen mathematischen Berechnungen vorausgesagt hat, dass nämlich diese neuartig entwickelte Maschine des Typs Rutland nach 1‘440 Flugstunden eine Veränderung in der Metallegierung abbekommt, dadurch das Heckblatt abfallen wird und die Maschine kopfüber ins Meer daddeln wird. Denn Oh Weh: Just diese Maschine hat schon 1’420 Einheiten wegpropellert. Damit macht er natürlich die ganze Passagierliste kirre, inklusive die sweete Stewardess Marjorie Corder (Glynis Johns). London antwortet indes, dieser verrückte Professor an Bord labere doch nur einen Höllenmist zusammen. Der wiederum lässt sich natürlich nicht lumpen und denkt sich eine Finte aus…

                                          Und ist es denn auch gut?
                                          Fand ich nun nicht wirklich: Dieses britische Flugdrama „No Highway In The Sky“ (1951), abgedreht nach dem Vorbild des typisch amerikanischen Erzählkinos, hat zwar einige echt rührende Szenen mit den tollen Frauen drin, ansonsten fand ich das eine ziemlich staubtrockene Abhandlung. Marlene Dietrich bleibt nur an der Oberfläche hängen, ihre Performance ist kaum wirklich thrilling à la Marlene. Und ohne sie, würde sich wohl auch kaum noch jemand für diesen Flug heutzutage interessieren.

                                          PS: Drei Jahre nach den Dreharbeiten kam es zu drei schweren Flugzeugkatastrophen, deren Ursache tatsächlich Materialermüdung war. Drei Maschinen der BOAC vom Typ Comet der de Havilland Aircraft Company zerbrachen in der Luft.

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                                          • 7

                                            Eine Gruppe junger Skihasen will ihren Winterurlaub in den Bergen verbringen. Dort angekommen, erwartet sie die Bekanntschaft mit ziemlich zweideutig agierenden und abenteuersuchenden Skilehrern. Abenteuer der besonderen Art, versteht sich.

                                            Da sind also als Skilehrer Tony (Dietmar Schönherr), Franz (Olympiasieger Toni Sailer) und der Amerikaner Brian (Martin Milner) unterwegs. Die Skihäschen bestehen aus: Karin (Vivi Bach), Susan (Claudia Martin), Dominique (Dorit Dom), Karla (Karla Chadimová) und dem jungen MacDoodle (Curt Bock).

                                            Es geht lustig zu und her - in der Bar, auf der Piste und auch im Bett. Der Hotelier Max (Kurt Grosskurth) weiss, was er seinen Gästen schuldig ist. Nur der prüde Amerikaner Brian, der eigentlich nur gekommen ist, um seine Ausbildung zu finanzieren, ist zuerst mal befremdet: Er reagiert ein wenig indigniert auf diese an ihn gestellte Anforderung und stellt überdies mit Erstaunen fest, dass im „sündigen“ Europa offensichtlich es gang und gäbe unter seinen Kollegen ist, sogar Wetten abzuschließen, wer die hübscheste Schülerin ins Bett (Zimmer Nr. 6!) bekommt. Auf der Piste wechseln sich nun die Skikünste mit allerlei gesungenen und getanzten Schlagerträllerliedchen ab. Und am Ende finden sich natürlich Paare fürs Leben. Happy End!

                                            Das Trivialstück „Liebesspiel im Schnee“ (1966) entstand Im Winter 1965/66 in der Tschechoslowakei und wurde am 23. Dezember 1966 in Österreich uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung fand erst am 28. März 1972 statt. In den USA wurde der Film unter dem Titel „Ski Fever“ gezeigt.

                                            Der Film erhielt durchweg schlechte bis katastrophale Kritiken: Kay Weniger fand in Curt Siodmaks Biografie, dass dieser Film „seinen künstlerischen Tiefpunkt“ markiere, und für das Lexikon des internationalen Films war Liebesspiel im Schnee schlicht ein „mit Schlagern versetzter Schwank.“ US-Kritiker Leonard Maltin nahm das filmische Desaster mit Galgenhumor und schrieb: „Warum soll man sich beschweren, wenn es überwiegend hübsche Mädchen zu sehen gibt?“

                                            Fazit: Man kann natürlich bei dieser Art biodeutschen Musicalfimchen als Zuschauer obligat die Nase rümpfen. Ich tue das nicht. Zum ersten liebe ich die Skimode ⛷️ von früher, weiter ebenso die alten, schönen Bügellifte, mit ihren romantischem Gedröhne an den Masten und die Gespräche in den Warteschlangen davor. Als wichtigstes Kriterium offenbart sich hier einem eine wundersame Welt (in den Bergen) eines unschuldigen Europas, das es so nicht mehr gibt und langsam dank der ganzen überbordenden und schädlichen Multikulti-Transformation bald ganz der Vergangenheit angehören wird. Solche Filme sollten uns auch Anlass geben, gewisse Werte zu pflegen, um sie wenigstens nicht ganz zu verlieren. Aber dank der Demographie (die mittlerweile gar von der SPD-Pali-Abgeordneten Sawsan Chebli als Kampfbegriff postululiert wird), ist es dafür mittlerweile sowieso zu spät. Auch Schnee ❄️ wird es wohl mittelfristig keinen mehr geben.

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                                            • 4 .5

                                              Eine karge Wüstenlandschaft irgendwo ganz im Südwesten der USA, gleissend quälende Sonne 🌞, staubige Strassenwege, knarrende Karren, abgesiffte Freaks, ein ausrangiertes Siedlerdorf voller malträtierten Erkennungsmerkmale, halluzinogene Drogenvisionen und vor allem ein unsägliches Mass an Dreck: In diese Kunstwelt flog also der Avantgard-Regisseur Roland Klick (*4. Juli 1939) aus Hof für seine brutalisierte Neowestern-Persiflage „Deadlock“ (1970), und ins Flugzeug nach Übersee ✈️ stieg u.a. auch Mario Adorf ein.

                                              Sichtlich wurde er dabei von allerlei U.S.-Hippie- und Trashfilmen inspiriert, „Zabriskie Point“ (1970) lässt grüssen. Zu Beginn wird man zwar noch mit einiger Absurdität in den Details unterhalten, nachdem aber ein dritter Mann, ein Pistolero namens Mr. Sunshine, auf der Bildfläche erscheint, begräbt sich der ganze Humbug einer Non-Story in einer absurden Mélange aus Gewalt, Gier, Sadismus und billigem Sex auf die Schnelle. Dafür befinden sich auch zufällig eine abgehalfterte und hysterische Puffmutter, die dem Zuschauer gerne ihre Rubenstitten in die Kamera reinbalanciert oder deren nymphomanische Tochter als typischer enthaltener Hippie-Film-Stereotyp. Ein ominöser Koffer ist der Antrieb, gefüllt mit Dollars 💵, die man hier sowieso nicht ausgeben kann. Eine plausible Geschichte sucht man vergebens und der superblöde Schluss tut der Rest.

                                              Die Kölscher Krautrockband „Can“ rund um Kultschnippsler Holger Czukay, die ihre Schallplatten nicht mit Songs, sondern mit kreativ-hypnotischem Geschepper füllten (Orginalkopien gehen mittlerweile zu astronomischen Preisen an den Schallplattenbörsen weg), mag ich ganz gut, und ihre Musik, die unter anderem aus einer defekten Jukebox herausdröhnt, sind auch eine Bereicherung allgemeiner Soundtrackkunst.

                                              Um den allgemeinen Trashcharakter zu belassen, wurde nicht mal das Bild auf der DVD restauriert, immer wieder sieht man diese Celluloid-Spuren, die sich meistens durch kurz aufblitzende Kreisel, Dreiecke und Quadrate in den oberen Ecken zeigen.

                                              Als letztes Fazit ist diese Export-Trash-Ansammlung nicht im Ansatz so cool wie sie gerne wäre - nicht damals und nicht heute.

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                                              • 5 .5

                                                „Zur Sache, Schätzchen/mach’ keine Mätzchen/komm’ ins Bettchen/rauchen wir noch’n Zigarettchen.“

                                                Die Regisseurin May Spils und der Stegreif-Komiker Werner Enke (beide *1941) teilten schon früh Büro und Bett zusammen. Aus dieser Kooperation des Paars ergaben sich einige lustvolle und frivol-fröhliche Burlesken heraus, die erste Zusammenarbeit „Zur Sache, Schätzchen“ (1968) blieb die Berühmteste.

                                                Dieses deutsche Quasi-Pendent einer rassigen Twen-Glosse zu Godard‘s „À bout de soufflé“ (1960; mit Jean-Paul Belmondo) war für das deutsche Kino eine derarte Novität, dass damals tatsächliche 6,5 Millionen Zuschauer das Kino stürmten und der Film zahlreiche Preis abheimste. Weil damals tatsächlich ein Mord eines Unschuldigen durch einen Polizisten die Zetungen füllte, wurde von diesem „Soufflé“-identischen Schluss kurzfristig abgesehen.

                                                Inhaltlich bekommt mal allerlei Alltagsszenen serviert, die mehr oder weniger deutlich zeigen, wie sich eine freche Jugend Obrigkeiten und Spissbürger mit harmlosen Spässchen übers Ohr haut, dazu wird eine Romanze eigewoben, wie der kreative Sprücheklopfer Werner die niedliche junge Uschi Glas aus guten Hause mit seinem Loser-Charme einlullt.

                                                Das ist insbesondere im ersten Teil des Films recht amüsant, wenn wir zuerst im Freibad sind, wo u.a. ein Spanner mit Feldstecher überführt wird, oder dann im Zoo, in dem Uschi und Werner eine Jungziege 🐐 aus dem Gehege klauen und einer jungen Mutter in ihr Kinderwagen legen und diesen dann ebenfalls mit samt der Beute entführen. Das alarmiert natürlich die Ortspolizei, deren staatsgläubige Mannen schon das nächste Streichopfer werden…

                                                Doch aber der zweiten Filmhälfte geht der Charme-Revolution bereits die Puste aus, die guten Ideen scheinen bereits verbraten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Mich stört nicht mal, wenn eine Film keine Geschichte zu erzählen hat, aber dann muss er diese jedoch anderweitig kompensieren. Zum Beispiel mit Schauwerten und Zeitkolorit und Szenen, die als solche einfach sitzen. Irgendwann ist hier der Reiz der damaligen Mary Quant-Mode (an der der „Summer Of Love“ komplett vorbeigegangen schien) und der schönen altmodischen Karossen ausgeschöpft und dann wird einfach der Biss in den Szenen primär und essenziell. Und der fehlt ab Hälfte zwei einfach völlig. Niedlich und unbeschwert ist’s natürlich trotzdem.

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                                                • 5

                                                  Fassbinder wurde am 31. Mai 1945 geboren, starb mit 37 im Drogerausch und wäre heute im Mai 2025 also 80 Jahre alt geworden. Sein Vater war Arzt, seine Mutter Übersetzerin. Nach einer schwierigen Kindheit, die er mit einsamen Kinobesuchen und dem Aufenthalt in einem Internat verbrachte (aus dem er mehrfach ausbrach), trat Fassbinder im Alter von zweiundzwanzig Jahren der bekannten Gruppe „Action-Theater“ bei. Bald wurde er ihr Leiter und wandelte sie in die Gruppe „Anti-Theater“ um. Zur Gruppe gehörten unter anderem Hanna Schygulla, Irm Hermann und der Komponist Peer Raben, die zu engen Mitarbeiter des Regisseurs wurden. Da die Gruppe zusammen lebte und arbeitete, entstanden innerhalb von 18 Monaten zwölf Theaterstücke.

                                                  Dieses Arbeitsmodell übertrug Fassbinder auch auf den Film, und so führte er in 15 Jahren bei über 40 Filmen Regie, wobei er in einem rasanten Tempo vier bis fünf Filme pro Jahr drehte. Wahrscheinlich dessen zu viele. Der Film wurde sein wichtigstes Ausdrucksmittel, doch von der Regie im Theater hat sich Fassbinder nie verabschiedet.

                                                  Ich sahe einige seiner Filme damals im Kino, oftmals begleitete mich auch meine Mutter dabei, die auch recht aufgeschlossen dafür war, aber kaum jemals ein Fazit zu Gesehenem geben konnte. Als Jugendlicher gefiel mir u.a. Barbara Sukowa‘s Laszivität in „Lola“ (1981) plus die recht gut eingewobene Farbdramaturgie des Films, und „Lili Marleen“ (1981) empfand ich tatsächlich als recht mitreissend.

                                                  Sehe ich mir heute wiedermal einen Film von ihm an, der grad wiedermal in einer vergangenen Dekade spielen soll, fällt mir jeweils sofort als erstes auf, dass der Mann es nie wirklich schaffte, ein Zeitkolorit adäquat rüberzubringen. Die Drama-Groteske „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ (1982) ist also als der letzte Teil seiner BRD-Triologie gedacht, ebenso spielt der Film wie „Die Ehe der Maria Braun“ (1979) und „Lola“ im Witschaftswunder der Fünfzigerjahre, und auch hier ist höchstens wieder eine gehörige Portion Revoluzzertum der späten Siebzigerjahre drin auszumachen.

                                                  Diese Dekade sollte dem deutschen Spiessbürger (nach Fassbinder waren damit wohl alle ausser ihn selbst gemeint) als Spiegel ihrer allgemeinen Nazi- und Holocaustvertuschung im Geschichtsbewusstsein vorgetischt werden, die natürlich auch unbestritten existierte. Wenigstens bis die amerikanische Miniserie „Holocaust - Die Geschichte der Famile Weiss“ im Frühjahr 1979 in die deutschen Stuben gesendet wurde. Fassbinder sah sich also dazu auserwählt, dieses Manko einem unwissenden Volk vorhalten zu können. Tatsächlich unterschied er sich damit von dem Mytho-Poeten Werner Herzog, dem Pop-Poeten Wim Wenders oder dem Geschichtsschreiber Alexander Kluge.

                                                  Doch die ganze Intention dieses Mannes gipfelte in Werken, die man aus heutiger Sicht kaum mehr ansehen kann. Mit Ausnahme vom erwähnten „Lili Marleen“ vielleicht, sind seine Filme meistens eine reine Durchhalteübung, die von Kulturredaktoren unisono über allen Klee gelobt werden, um sich an der Verklärung eines selbst höchst narzisstischen und destruktiven Mannes zu beteiligen und ihr weiter gerecht zu werden.

                                                  „Veronika Voss“ ist selbst ein Protokoll von Destruktivität. Aus Sicht einer machtbesessen Äzteschar, die nur die geistige Kontrolle über ihre, in die Suchtabhängigkeit getrieben Patienten erlangen wollen, aber auch durch die Figur selbst, die ebenso Substanzen frönt und von Rosel Zech ziemlich mässig verkörpert wird: Ich kenne das Vorbild, den UFA-Star Sybille Schmitz (1909 - 1955) nicht, doch Diva-Eigenschaftsmerkmale brachte Zech für mich nicht mit, höchstens eine misslungene Karikaturdarstellung einer.

                                                  So probieren die restlichen Deutschen im Film dann hier ihre Väter und Mütter schauspielerisch in einer gekünstelten Film Noir-Kulisse zu imitieren. Leute, die eine diametral andere Sozialisation erfahren hatten. Ständig ist man sich bewusst, dass man es hier mit Baby Boomer-68ern zu tun hat. Man will dem Film in keiner Minute abnehmen, dass er 1955 spielt. Eher erinnert stilistisch das Ganze an eine Folge von „Mit Schirm, Charme und Melone“.

                                                  Ich werde auch den Verdacht auch nicht los, ob es Fassbinder latent auch ein bisschen Spass bereitet hat, seine Filmheldinnen selbst qualvoll leiden zu lassen, was am gröbsten Beispiel „Martha“ (1974) besonders deutlich ersichtlich ist. Ich verliess damals das Kino, weil ich soviel Sadismus aufs Mal nicht ertragen konnte. Veronika Voss aka/Rosel Zech, deren Revuekünste mich fast an eine Drag Show erinnerten, wird in den Selbstmord getrieben.

                                                  Als Fazit bekunde ich heute nur noch Mühe, mich mit Fassbinders Oeuvre überhaupt zu befassen. Tue ich es dennoch wiedermal, bestätigen sich mir nur meine Vorbehalte.

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