Berlinale ist Sprungbrett & Ideenfabrik in einem

03.02.2011 - 08:50 Uhr
Berlinale Countdown 2011
Moviepilot
Berlinale Countdown 2011
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Die Berlinale sucht sich ihre Nische zwischen publikumsträchtigen Stars und cineastischen Underdogs, aber insbesondere sieht sie sich als Förderer des Filmnachwuchs. Selbst bei der Gründung von Moviepilot hatte das Festival seine Finger im Spiel.

Die drei großen Filmfestivals Europas – die Berlinale, Cannes und Venedig – hatten seit jeher einen schwierigen Balanceakt zwischen renommierten, ehrwürdigen Filmemachern und neuen, unbekannten Newcomern zu meistern, zwischen reputativer Qualitätssicherung und frischen Impulsen. Besonders Cannes schreckt nicht davor zurück, den großen, altbewährten Namen den Vorzug zu geben. Sei es nun in der Programmzusammenstellung oder bei der Preisvergabe. Auch Berlinale-Direktor Dieter Kosslick verlässt sich gerne auf Stars und Sternchen, deren zugkräftige Namen für das nötige Medieninteresse sorgen.

Underdogs vs. Stardom
Dennoch hat sich das größte deutsche Filmfestival auch auf die Fahnen geschrieben, Newcomern eine Plattform zu bieten. Manche nennen es mutig und innovativ, andere spotten über die völlige Narrenfreiheit der Jury, die regelmäßig am Publikums- und Kritikergeschmack vorbei zielt. So oder so kürt die Berlinale regelmäßig Außenseiter zu Gewinnern ihres Goldenen Bären, die trotz ihrer cineastischen Qualitäten meist nach dem Festival wieder sang und klanglos in den Festivalarchiven verschwinden … anders als Venedig oder Cannes, die mittlerweile mit erstaunlicher Präzision die großen Namen aus den Umschlägen ziehen und Entdeckungen bestenfalls in Nebenkategorien Platz einräumen. Diese verliehen zuletzt ihre goldenen Statuen an Filme wie Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte, Die Klasse, Somewhere oder The Wrestler. Wohingegen in Berlin eine Underdog-Auslese wie Bal – Honig, Eine Perle Ewigkeit, Tropa de Elite, oder Tuyas Hochzeit zur Tagesordnung gehört.

Aber die Berlinale will nicht bloß am Ende der Filmproduktionskette als Förderer auftreten, sondern auch ganz am Anfang am ersten Glied ansetzen, weshalb 2003 der Berlinale Talent Campus ins Leben gerufen wurde.

„Das ist eine der wichtigsten Initiativen für die Zukunft der Berlinale.“
Der Berlinale Talent Campus versteht sich als Akademie, die talentierte Menschen aus allen Filmbereichen und Teilen der Welt zusammenbringen und ihnen die Möglichkeit bieten will, sich mit namhaften Filmschaffenden auszutauschen. Die Initiative sieht sich als Grundstein, der neue Generationen von Filmemachern untereinander vernetzt, Erfahrungsaustausch fördert und Synergien der Berlinale zur Verfügung stellt. Workshops, Vorträge und Diskussionen unterstützen das Networking und sollen Raum für potentielle Projekte und Kooperationen schaffen. Außerdem bekommen die jungen Talente die Möglichkeit, an konkreten Projekten zu arbeiten.

Die Initiative, die 2011 bereits zum 9. Mal parallel zur Berlinale stattfindet, trägt bereits Früchte und zeugt davon, dass das Titelzitat, welches vom verstorbenen Regisseur Anthony Minghella stammt, den Nagel auf den Kopf trifft. Nachwuchstalente, wie der Mexikaner Fernando Eimbcke oder der Amerikaner Lance Hammer, die 2003 und 2004 Campus-Teilnehmer waren, gingen 2007 mit ihren Filmen ins Rennen um den Goldenen Bären.

An der Berlinale 2011 – die Preisträger von morgen
Dieses Jahr haben sich knapp 4000 aufstrebende Filmemacher aus 141 Ländern beworben, wovon schlussendlich 350 die Chance bekommen von den Möglichkeiten der Berlinale zu profitieren. Als Mentoren stehen ihnen Künstler und Filmschaffende aus allen Teilbereichen der Filmindustrie zu Seite, wie Ralph Fiennes (Schauspieler und Regisseur), Alex McDowell (Production Designer von Fight Club oder Watchmen – Die Wächter), Henning Mankell (Bestseller- und Drehbuchautor), Isabella Rossellini (Schauspielerin) Edward Lachman (Kameramann von The Virgin Suicides – Verlorene Jugend) oder Shekhar Kapur (Regisseur von Elizabeth).

Als Mentor für die Score Competition konnte Filmmusikkomponist Michael Nyman (Das Piano, Gattaca) verpflichtet werden. Dieser Wettbewerb erlaubt es, ausgewählten Nachwuchskomponisten und Sound Designern ihre eingereichten Partituren mit dem Filmorchester Babelsberg einzuspielen. Dem oder der GewinnerIn winkt eine Reise in die USA, wo ein Besuch der besten Musikstudios der Welt wartet.

Es war einmal…
Aber die Berlinale kann nicht bloß für einige wenige Auserwählte als Sprungbrett fungieren. Viele Workshops und Vorträge werden öffentlich und für alle Interessierten zugänglich veranstaltet, was bereits so manch gute Idee aus der Taufe hob. Vor fünf Jahren beschäftigte sich zum Beispiel ein Panel – ähnlich wie das diesjährige “The Indie Filmmakers’ Guide to Cross-Media” – mit der Zukunft des Independent Films und den Chancen, die das Internet für unabhängige Filmemacher bereithält. Einige junge Filmemacher von damals wurden dadurch angeregt, sich ein kleines, feines Projekt namens Moviepilot auszudenken, welches heute ein bedeutender Teil unserer Onlinezeit beansprucht.

Der Berlinale-Countdown läuft!
Tag 9: Jedem Tierchen sein Plaisierchen – Die Sektionen
Tag 8: Süd-Korea als Filmland und die Berlinale

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