Castlevania - Netflix' mittelalterliche Actionserie im Pilot-Check

09.07.2017 - 10:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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Mit Castlevania wird auf Netflix eine der ältesten und respektiertesten Videospielserien umgesetzt. Wie die Geschichte um Trevor Belmont und seinen Kampf gegen Dracula in Serienform funktioniert, könnt ihr in unserem Pilot-Check lesen.

Mit der bei Netflix produzierten Serie Castlevania wird einer der frühen Titel der beliebten Videospielreihe, Castlevania III: Dracula's Curse, noch einmal neu erzählt. Die Ereignisse des Spiels siedeln sich noch sehr früh in der Castlevania-Timeline an und folgen Trevor Belmont, der mit seinen Mitstreitern, darunter Alucard, Draculas eigen Fleisch und Blut, lange vor seinem Nachkommen Simon in den Kampf gegen den Herrn der Finsternis zog.

Eine Umsetzung außerhalb von Videospielen würde sich immer schwierig gestalten, da besonders die ersten Titel unverkennbare Einflüsse aus klassischen Monsterfilmen zeigten, dementsprechend würde eine Rückübersetzung in das Medium Film eher wie eine Imitation als eine Hommage wirken. Vielleicht wurde gerade deshalb der Auftritt einiger Charaktere in der kuriosen 80er Jahre-Serie Captain N einem Redesign unterzogen, der Erstprotagonist Simon Belmont in einen inkompetenten Schönling verwandelte und Alucard mit einem Skateboard ausstattete .

Für eine zeitlosere Adaption der Geschichte bei Netflix wurden Autor Warren Ellis und Regisseur Sam Deats verpflichtet. Produziert wird die Serie von Adi Shankar, der mit dem Projekt wohl schon Blut geleckt hat und sich demnächst auf ein ähnliches Unterfangen mit Ubisofts Assassin's Creed-Reihe begibt.

Die erste Folge, "Hexenflasche", befasst sich in erster Linie mit dem Ur-Antagonisten der Serie, Dracula (Graham McTavish). Dieser fristet ein isoliertes Leben in seinem Schloss, bis er von Lisa (Emily Swallow), einer angehenden Ärztin, aufgesucht wird. Auf der Suche nach Hilfe für ihre wissenschaftlichen Studien wurde sie in seine Richtung geschickt, nun bittet sie ihn um Hilfe. Trotz seines bedrohlichen Auftretens zeigt sie sich unbeeindruckt, und Dracula, fasziniert von ihrer Furchtlosigkeit, öffnet ihr die Türen zu seinem Labor.

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Sieben Jahre vergehen, und die beiden haben mittlerweile geheiratet. Als Dracula von einer Reise zurückkehrt, erfährt er, dass Lisa für ihren Lerneifer der Hexerei beschuldigt und auf einen Scheiterhaufen geworfen wurde. Noch bevor ihre Leiche vollständig zu Asche wurde, verspricht er den Verantwortlichen, in einem Jahr ihre Stadt dem Erdboden gleichzumachen. Seine Drohung ist schnell vergessen, und so werden die Bewohner der Stadt, die den einzigen Grund für ihr langes Bestehen eigenhändig beseitigten, von Draculas Monstern überwältigt. Nach getaner Arbeit verstreuen sich die Bestien auf die umstehenden Ortschaften, um sie ebenfalls an diesem Schicksal teilhaben zu lassen. Trevor Belmont (Richard Armitage), Teil eines lang bestehenden Klans von Vampirjägern, sitzt unterdessen volltrunken in einer abgelegenen Kneipe, ahnungslos von der Aufgabe, die ihm bevorsteht.

Eines der auffälligsten Merkmale der Serie ist wohl die überraschend kurze Dauer. Mit nur vier Folgen, jeweils etwa 23 Minuten lang, kommt die Serie auf Spielfilmlänge und lässt sich ohne weiteres in einem Rutsch durchsehen. Dies legt nahe, dass die Macher genau die Zeit bekamen, die sie brauchten, und weder Inhalte kürzen noch Handlungsstränge über ihre optimale Länge strecken mussten. Die Länge der bereits angekündigten 2. Staffel wurde direkt auf das Doppelte angehoben, Castlevania folgt also dem Konzept vieler britischer Serien, bei dem die Staffeldauer nie ganz sicher ist. Hoffentlich werden mit der längeren Dauer dann aber auch einige Probleme mit dem Pacing behoben, die die erste Folge bereits aufzeigte.

Der besinnliche Anfang kam überraschend, denn wo die Trailer das Interesse der Zuschauer mit Ausschnitten der Actionszenen wecken wollten, beginnt Castlevania mit dem Anfang einer zum Scheitern verurteilten Liebe zwischen einem unsterblichen Monster und einer schlagfertigen Ärztin. Statt diese aber weiter auszuführen, werden sieben glückliche Jahre zwischen ihrem Zusammentreffen und Lisas Tod einfach übersprungen. Als gebildete Frau im tiefsten Mittelalter, die selbst der lebensmüden Melodramatik eines Leichen hordenden Vampirs schnippisch entgegentritt, hätte sie einer der stärksten Charaktere der Serie sein können. Schließlich gehört einiges dazu, Dracula dazu zu bewegen, freiwillig wie ein Mensch zu leben. Stattdessen wird die Geschichte übereifrig in Richtung ihres Todes bewegt, und ihr Stellenwert wird zur Motivation für eine andere Figur reduziert. Dracula mag seine Liebe zu ihr noch so sehr betonen, ohne einen eigenen Einblick müssen Zuschauer ihn beim Wort nehmen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Jahr zwischen ihrem Tod und dem Beginn von Draculas Invasion. Diese wurde damit begründet, dass er seine mordlustige Armee erst aufbauen muss und bot eine Gelegenheit, die Entwicklung von Panik bis Beschwichtigung und einsetzendem Unglauben der Stadt wenigstens kurz darzustellen, doch auch hier wurde auf eine Vertiefung der Geschichte und ihrer Figuren verzichtet.

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Und vielleicht beließ es die Serie tatsächlich bewusst bei einem minimalen Setup, um sich schnell den blutrünstigen Horden Draculas und dem Kampf Trevor Belmonts gegen diese Übermacht zu widmen. Dass Trevors Auftritt von einem anderen Charakter verzögert wird, der zunächst ausführlich seine Schwierigkeiten mit einem lokalen Sodomisten schildert, spricht allerdings dagegen. Letzterer hat übrigens nicht merklich weniger Charakterisierung genossen als Lisa.

Dass sich dieser Pilot-Check so stark auf das Worldbuilding in einer Action-Serie konzentrierte, mag fragwürdig wirken. Schließlich beließen es viele der alten Spiele für ihre Einleitung bei einem Mann, einem Schloss und einer Peitsche, und schon war alles gesagt. Doch dass die Serie einige fesselnde Ereignisse anspricht, weckt überraschende Erwartungen, die schlagartig enttäuscht werden, wenn sie sie dann doch der Fantasie der Zuschauer überlässt. Dennoch verspricht die erste Folge eine visuell ansprechende Serie, die die Atmosphäre gut einfängt, die auch das Ziel der Videospiele war. Bei der Darstellung mittelalterlicher Hinrichtungspraktiken oder der massenweisen Abschlachtung einer ganzen Stadt haben sich die Macher auch nicht zurückgehalten, für den Unterhaltungsfaktor ist also gesorgt. Und die Option, dass kommende Episoden die Welt weiter ausbauen, besteht weiterhin.

Ob Castlevania diese Chancen auch nutzt, könnt ihr seit Freitag, dem 07.07.2017 auf Netflix selbst überprüfen.

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