Ich, Dracula jagt Mini-Mädchen & der Name Alucard

21.01.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Der einzig wahre Dracula himself (Christopher Lee)
Warner Home Pictures
Der einzig wahre Dracula himself (Christopher Lee)
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Er ist der sechste Dracula-Film aus dem Hause Hammer. Dracula und Van Helsing stehen sich in einem furiosen – und durchaus auch kuriosen – Kampf im verregneten London der Seventies gegenüber. Vampire werden zu Tode geduscht. Dracula jagt Mini-Mädchen.

Es gibt Filme, bei denen ich nicht weiß, ob ich nun lachen soll, weinen, ehrfürchtig erstarren oder letzten Endes doch lieber alles zusammen. Einer dieser Streifen ist Dracula jagt Mini-Mädchen, mit dem Kult-Duo von Hammer Films: Peter Cushing & Christopher Lee. Hammer Films verlegte die Handlung in die funky-freakige Gegenwart – welche damals 1972 war – und erhoffte sich dadurch einen frischen Wind im langsam kränkelnden Vampir-Franchise. Die Zahlen des Vorgängerfilms waren alles andere als berauschend, aber der Reihe einen Pflock ins Herz treiben, wollte man auch noch nicht. Stattdessen verfuhren die Autoren nach der Devise “Nur mehr ist mehr!” und gaben auf den Vampirzauber noch eine ordentliche Dosis Sex, Drugs & fesche Rockmusik. Im Original schlicht als Dracula A.D. ’72 betitelt, ließ sich der deutsche Verleiher nicht lumpen und zauberte ihm den subtilen Titel Dracula jagt Mini-Mädchen aufs Plakat.

Warum ich Dracula jagt Mini-Mädchen mein Herz schenkte
Ich werde es nie vergessen: Kabel 1 zeigte ständig die alten Hammer-Filme und ich stellte mir regelmäßig den Wecker, um nachts bloß keine von diesen Granaten zu verpassen. Das alles geschah in einem Alter, in dem ich noch nicht mal geahnt habe, was mit diesen ominösen Mini-Mädchen gemeint sein konnte.

Der Film beginnt. Eine Kutsche rast durch eine stinknormale Straße. Ich dachte, Dracula fährt gerade durch den Vorgarten des Nachbarn. Dann plötzlich: eine Halbnahe der kämpfenden Altherrenbrigade. Cushing und Lee geben sich gegenseitig auf die Mütze. Einer von beiden hat am Ende ein halbes Wagenrad in der Brust stecken, der andere stirbt einfach nur so – am Overactingkrampf. Eigentlich hatte mich das großartige, theatralische Gebaren von Lee schon da direkt in mein Herz getroffen und wollte nie wieder verschwinden.

Als kleiner Stöpsel schrieb ich meine ersten Short-Stories. In einer davon kam ich auf die glorreiche Idee, einen meiner Protagonisten Alucard zu nennen. Meine Mutter las die Geschichte mit dem unbarmherzig harten Herz eines Lektors und sagte mir in ihrer üblichen abgeklärten Art: “Das hier, mit dem Dracula rückwärts lesen – das funktioniert nicht. Da kommt man sofort drauf und das klingt nicht so…” Ich verwarf die Idee also seinerzeit. Als ich nun aber dem jungen Johnny Alucard (Christopher Neame) auf der Mattscheibe begegnete, wie er komische Kopfbedeckungen trug, von “…was zu kiffen” sprach und dazu noch als Hobby-Satanist Christopher Lee aus dem Grab beschwor, war ich mir sicher: Die Schweine hatten meine Idee geklaut! Als ich dann weiter sah, dass Peter Cushing (alias Lorimar Van Helsing) in einer komplizierten Montage inklusive dramatischem Close-Up auflöste: “Alucard rückwärts gelesen ergibt Dracula”, da war es natürlich völlig geschehen um mich. Die Tatsache, dass sich ein Vampir – in bester Buster Keaton-Slapstick-Manier, in den Tod duscht, war eigentlich nur noch die Kirsche auf dem Sahnehäubchen des Trasheisbechers.

Warum auch andere Dracula jagt Mini-Mädchen lieben werden
Ich werde mir nun verkneifen, böse, fies, gemein oder sonst wie über Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen herzuziehen. Es ist nun weitestgehend bekannt, welche Defizite dieser Film hat: seine Existenz. Und natürlich ist die Interpretation von Francis Ford Coppola (Bram Stoker’s Dracula) einer der am schönsten anzuschauenden Filme, aber zu sehen, wie der Fürst der Vampire mit Bundfaltenhose und rotem Umhang auf seine Opfer losgeht, kann einfach an niemandem spurlos vorbeigehen. Die Musik, welche eine Liveperformance der Rockband Stoneground genauso beinhaltet wie das grandiose Thema von Komponist Michael Vikkers, schafft es auch, die absolut vergeigte schwarze Messe zu einem Karneval der Sinne zu machen.

Warum Dracula jagt Mini-Mädchen einzigartig ist
Ich mag Mama. Sie erinnert mich an meinen Vater.
Ja, auch das ist Dracula jagt Mini-Mädchen. Da werden sich in der deutschen Synchronisation Sprüche um die Ohren gehauen, dass es eine wahre Freude ist. Die Einzigartigkeit genau dieses Films liegt sicherlich darin, dass er die Regeln des klassischen Vampirmythos so konsequent durchzieht, wie er es eben tut. Vampire sterben in fließendem Wasser? Okay, zerduschen wir ihn! Vampire haben Angst vor Kruzifixen? Jawoll, Kruzifixe kann sich der Laie aus allem basteln – wenn man es denn richtig verschiebt! Dort, wo andere Filme sich oft einfach selbst im Wege stehen, sieht Dracula jagt Mini-Mädchen lieber Lösungen als Probleme.

Warum Dracula jagt Mini-Mädchen die Jahrzehnte überdauert
Solange es immer wieder mutige, tapfere Seelen gibt, die nicht müde werden, der Jugend zu erklären, dass echte Vampire nicht glitzern und in Luxuslofts wohnen, sondern mit sperrigem Gebiss in Ruinen oder zumindest Pappattrappen von eben diesen, solange wird auch Dracula jagt Mini-Mädchen überleben. Ob dieser Film die Filmgeschichte nun maßgeblich geprägt oder beeinflusst hat, lässt sich schwer sagen, aber mit Fug und Recht kann ich sagen, dass er sie schöner gemacht hat.

Was haltet ihr von Dracula jagt Mini-Mädchen?

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