Im Haifischbecken der Synchron-Branche

26.04.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Johnny Depp in Don Juan de Marco
New Line Cinema
Johnny Depp in Don Juan de Marco
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Die Branche der Synchronschauspielerei ist ein hartes Pflaster und geht auch mit seinen Stars nicht zimperlich um. Anhand der Karriere David Nathans und seiner gesammelten Erfahrungen sollt ihr hier einen Einblick in das Gewerbe kriegen.

Auch wenn dieser Text nicht die Frage erörtern soll, ob es sinnvoller ist, Filme im Originalton anzuschauen oder nicht, so lässt sich objektiv konstatieren, dass die meisten Zuschauer in den Lichtspielhäusern und Heimkinos sich nach wie vor bewusst für die deutschen Fassungen entscheiden. Dafür gibt es diverse Gründe. Viele von ihnen beherrschen zum Beispiel die jeweilige Sprache nicht (insbesondere die französischen Filme betreffend) oder wollen nicht, dass das Filmvergnügen durch das Lesen der Untertitel geschmälert wird. So oder so: Synchronisierte Filme haben ihre Daseinsberechtigung. 20th Century Fox, die Walt Disney Pictures Company und andere Konzerne sind dementsprechend auf Synchronschauspieler angewiesen.

Viele Wege führen nach Rom
Dass David Nathan im Gegensatz zu vielen Kollegen keinen offiziellen Abschluss als Mime besitzt, sondern als Kind von schauspielenden Eltern in den DEFA-Studios der DDR in Berührung mit dieser Zunft kam, hat seiner Karriere nicht geschadet. Trotzdem betont er: “Mein Beruf ist es, Schauspieler zu sein. (…) [es gibt] unterschiedliche Facetten wie zum Beispiel die Synchronschauspielerei oder das Vorlesen von Hörbüchern. Doch über bloßes Sprechen geht das weit hinaus. Wir müssen bei unseren Einsätzen Spielfreude zeigen, wir müssen Schauspieler sein.” Mittlerweile ist er einer der gefragtesten und meistbeschäftigten Synchronschauspieler seiner Generation. Wie schon in der Batman-Trilogie von Christopher Nolan übernimmt er aktuell in The Lego Movie den akustischen Part des dunklen Ritters. Ansonsten synchronisierte er bis dato neben Johnny Depp und Christian Bale viele Serienfiguren, beispielsweise Spike in Buffy – Im Bann der Dämonen und Piccolo in Dragon Ball Z, erweckt in Hörbüchern ungekürzte Werke von Stephen King und H.P. Lovecraft zum Leben und gilt zudem als König des Prima Vista. Letzteres meint eine Lesung, in der die Vortragenden spontan einen ihnen unbekannten Text vortragen müssen.

Stars im Verborgenen
Das Kino versucht seit jeher eine Illusion zu erzeugen und die Synchronschauspielerei verfolgt als Teil des Ganzen ebenso dieses ambitionierte Ziel. David Nathan und viele seiner Kollegen wissen darum und drängen sich deshalb nicht auf die Premierenfeiern und vor die Kameras: “Ich weiß doch, wie es ist, wenn man im Kino sitzt, sich selber in einem Film sieht, den man gespielt hat, und plötzlich ist da eine andere Stimme drauf. Das kann einem ja gar nicht gefallen. Sicherlich würde ich Johnny Depp gerne mal kennen lernen, weil das mit Sicherheit ein interessanter Mann ist, aber nicht auf diese Art und Weise.” David Nathan versucht daher peinliche Situationen am kalten Buffet zu vermeiden. Ein Kollege von ihm habe beispielsweise auf die lobenden Worte “Oh, I like your voice” eines Hollywood-Darstellers nervös mit “I like your body” geantwortet.

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