Robert Pattinson versagt nicht nur als Liebhaber

18.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Bei der Berlinale kann Robert Pattinson nicht überzeugen
Berlinale/moviepilot
Bei der Berlinale kann Robert Pattinson nicht überzeugen
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Robert Pattinson hat gestern bei der Berlinale keine gute Figur gemacht. Und das lag nicht nur an seinem Six-Pack Verbot. Auch Jet Lis luftige Performance war leider kein echter Höhenflug.

Der Wettbewerb ging gestern zu Ende und es ist höchste Zeit, dass hier mal ein paar Leute wieder eine Pause machen. Zweimal wurde ich Zeuge, wie zwei Journalisten fast aufeinander losgingen, weil der eine den anderen beim Schlängeln durch die voll besetzte Sitzreihe zu hart angerempelt hatte. Aber auch bei mir lagen die Nerven blank.

Kleiner Loriot-Sketch in Kino 7
Es ist offiziell: Der Schlafentzug vermindert meine Leistungsfähigkeit. In meiner vollkommenen Desorientierung legte ich gestern einen regelrechten Loriot-Sketch hin, den ihr euch im Stil von Das schiefe Bild vorstellen müsst. Alles begann damit, dass ich einen Ohrring verloren hatte, den ich vergeblich in der Tasche und unter meinem Sitz suchte. Als ich ihn nicht fand, entschied ich, mich mit Nahrung zu beruhigen, doch als ich gerade meinen Obstsalat und die Gabel herausgeholt hatte, stellte ich erschrocken fest, dass ich beim Kramen nach dem Ohrring meine 3D Brille verloren hatte. Zu meiner Erleichterung fand ich sie zwar, merkte aber dann, dass ich beim zweiten Wühlen meine Gabel verloren hatte. In dem Moment wurde es dunkel. Ich hatte immer noch meinen Obstsalat (ohne Gabel) in der Hand, aber weder Notizbuch, noch Stift. Beim Kramen in der roten Berlinaletasche auf der Suche nach meinem Fineliner verlor ich ein zweites Mal meine 3D-Brille. Bei dem Versuch, mit einer Hand den Stift zu halten, damit dieser nicht auch wieder verloren ginge, und ein weiteres Mal in der Tasche zu kramen, hätte ich den Fineliner beinahe meinem Sitznachbarn ins Auge gejagt. Es ist so weit: Ich drehe durch!

Warum Robert Pattinson keinen Six-Pack haben darf
Heute war es endlich so weit: Robert Pattinson versuchte in Bel Ami zu zeigen, dass er noch viel mehr kann, als immer nur den melancholischen Vampir zu spielen. Leider ist ihm das nicht so richtig gelungen. Die Figur des selbstsüchtigen George Duroy, der sich im Paris des 19. Jahrhunderts nach oben schläft, habe ich ihm nicht abkaufen können. Auch schimmerte in den wenigen Szenen, in denen etwas Romantik aufkam, zu deutlich der Gesichtsausdruck des liebestrunkenen Edward Cullen durch. Während der Film auf der Handlungsebene versucht, die Frauen als intelligente Drahtzieher einer politischen Umwälzung darzustellen, schafft er es nicht, die weiblichen Figuren als komplexe Charaktere zu konstruieren. So bleiben Uma Thurman, Christina Ricci und Kristin Scott Thomas einfach schöne Frauen in schönen Kleidern. Unterhalten hat mich Bel Ami übrigens trotzdem.

Die Pressekonferenz verlief ähnlich enttäuschend. Von dem Charme und Witz, den Robert Pattinson einst bei der Veranstaltung zu Breaking Dawn ausgestrahlt hatte, war gestern wenig zu merken. Amüsiert hat mich dann aber doch, dass Regisseur Declan Donnellan ihn vor den Dreharbeiten gebeten hatte, kein Fitnessprogramm zu durchlaufen, da der Six-Pack im 19. Jahrhundert noch nicht in Mode gewesen sei. Christina Ricci hingegen strahlte bei der Konferenz eine immense Grazie aus und beeindruckte damit vor allem meine männlichen Kollegen. Auch sie hatte sich auf das Schönheitsideal der dargestellten Epoche eingestellt, gestand aber, nach der Sichtung des Films zu bereuen, auf eine Achselrasur verzichtet zu haben. „Manchmal sollte man es nicht so genau nehmen“, sagte sie schmunzelnd.

Kindersoldaten und ein fliegender Jet Li
In den letzten Wettbewerbsfilmen ging es martialisch zu. Am Morgen erzählte Die Rebellin die Geschichte der Kindersoldatin Komona (Rachel Mwanza), die als Zwölfjährige von Rebellen entführt und zum Dienst an der Waffe gezwungen wird. In meinen Augen hat Regisseur Kim Nguyen dieses im Grunde erschreckende Thema zu stark verharmlost. Ich bewerte zwar positiv, dass hier Gewalt und Leid nicht voyeuristisch zur Schau gestellt werden, doch vermittelt das Ende den Eindruck, das Trauma der Kindersoldaten ließe sich durch ein bisschen Magie aus dem Weg räumen. Etwas schockierender hätte Die Rebellin vielleicht doch sein müssen, um uns für dieses Thema zu sensibilisieren.

Völlig ratlos stand ich dann nachmittags dem letzten Wettbewerbsfilm The Flying Swords of Dragon Gate gegenüber. Da es mir bis zum Ende nicht ganz klar war, worum es in diesem Film von Hark Tsui eigentlich ging, fällt es mir schwer, die Handlung für euch zusammenzufassen. Kurz gesagt: Verschiedene, teilweise verfeindete Martial Arts Profis treffen sich in der Wüste, kämpfen gegeneinander und versuchen einen Schatz zu bergen. Der 3D Effekt wirkte sich negativ auf die sowieso schon haarsträubende CGI aus und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, den Trailer eines Videospiels zu sehen. Vielleicht habe ich zu wenig Ahnung von Martial Arts-Filmen, aber dass neben Messern und Scherben auch Jet Li durch die Lüfte flog wie Superman, hat mich dann doch etwas irritiert.

Sophies Geheimtip: The Convoy
Zugegeben: Zunächst hielt ich The Convoy für den mit Abstand schlechtesten Film, den ich jemals auf der Berlinale gesehen habe. Der russische Beitrag zur Panorama Sektion kam etwas zu kryptisch daher und stieß bei mir auf großes Unverständnis. Regisseur Alexey Mizgirev erzählt die Geschichte des verbitterten Hauptmanns Ignat (Oleg Vasilkov), der einen Deserteur überführen soll. Dabei treffen zwei grundverschiedene Charaktere aufeinander: Der stieräugige Ignat sieht sich mit seinem Gefangenen, einem jungen Mann, gegenüber, der selbst die brenzligsten Situationen mit einem Witz zu entschärfen sucht. Ihre gemeinsame Odyssee durch ein von Korruption geprägtes Moskau wird die beiden Soldaten für immer verändern. Was kryptisch beginnt, fügt sich später zu einem berührenden Drama zusammen. Keine leichte Kost, aber eine interessante.

Ich habe es wahrhaftig geschafft, alle Filme des diesjährigen Wettbewerbs zu sehen. Wer noch einmal nachlesen will, was mir besonders gut oder schlecht gefallen hat, der findet alle Kritiken auf meinem Blog. Auch bei film-zeit.de gibt es einiges zur Berlinale zu lesen.

Schaut ihr euch Bel Ami an oder könnt ihr Robert Pattinson seine Vampirromanzen einfach nicht verzeihen?

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