Sehen wir mit Affen & Godzilla ein posthumanes Kino?

09.08.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Planet der Affen - Revolution
20th Century Fox
Planet der Affen - Revolution
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Planet der Affen: Revolution zeigt uns wieder einmal, dass Kreaturen humaner sind als wir. Das ist nicht neu, aber irgendwie anders ist es dieses Mal schon. Nimmt das posthumane Blockbuster-Kino überhand?

Monster und Kreaturen im Film sind so alt wie das Kino selbst. Sie sind hervorragend geeignet, uns das Andere, das Gefährliche, das Inhumane zu präsentieren, damit wir uns als menschliche Wesen über alle anderen erheben und uns auf die Schulter klopfen können. Entweder sind sie da, um besiegt zu werden oder uns an unsere Menschlichkeit zu erinnern. Und so sahen wir über Jahrzehnte Geschichten aus Hollywood, in denen mehr oder weniger gute Menschen mit oder ohne Familie weiße Haie jagten, sich vor Dinosauriern retteten oder King-Kong in eine Freakshow stellten.

Aber es hat sich irgendetwas verändert in der Prämisse, denn nicht erst in diesem, aber besonders in diesem Kinojahr sind es auf auf einmal die nicht-menschlichen Kreaturen, die humaner sind als wir und die die Menschen aus der Handlung, gar aus dem Bild drängen. Wenn es ein solches posthumanes Kino gibt – wie uns David Ehrlich von The Dissolve nahelegt, dann gibt es keine ebenbürtig menschliche Figuren mehr und vor allem bekommt der Zuschauer keine menschlichen Helden präsentiert. Auf einmal sind es die Maschinen, die menschliche Aufgaben erledigen, mit denen wir unsere Körper bestücken, um überleben zu können (Pacific Rim, Edge of Tomorrow); dann sind es künstliche Intelligenzen, denen wir uns gerade noch so erwehren können (Transcendence, Lucy) und auf einmal tragen die Kreaturen humanere Züge und verweisen uns hinsichtlich unserer Moralvorstellungen auf hintere Plätze (Planet der Affen – Revolution, Godzilla). Visuell eindrucksvoll erobert der posthumane Blockbuster die Leinwand, weil es mittels Computerkapazität, Motion-Capture und CGI möglich wird, den Menschen aus dem Bild zu tilgen. Scheinbar vermisst ihn auch keiner, zumindest nicht das globale Mainstream-Publikum.

Dass Tiere/Kreaturen/Monster menschliche Züge in sich tragen, ist im Filmgeschäft nicht neu. Schon mehrfach folgten wir den Abenteuern eines Pferdes, von Black Beauty bis Gefährten. Im Animationsfilm ist es gang und gäbe, Schweine, Fische & Co. nicht nur mit einer menschlichen Stimme zu versehen, sondern auch ihre Handlungen und Motive zu vermenschlichen. Und natürlich gab es auch das absolute Gegenteil: Echte Bösewichter, die es in Der weiße Hai oder Jurassic Park zu überwinden gilt. Den Spielfilmen gemeinsam war allerdings, dass der Mensch immer noch irgendwie im Mittelpunkt stand.

Im jüngeren Blockbuster-Kino wird diese Position mehr und mehr aufgeweicht. Schon in Planet der Affen: Prevolution ist – nicht nur dank Andy Serkis – der Affe Caesar der eigentliche Held der Geschichte. Es ist das Baby von Vater/Sohn Rodman und seine Entwicklung kann auch als klassische Coming-of-Age-Geschichte eines Jungen gelesen werden. Im Sequel Planet der Affen – Revolution ist es eine ganze Affen-Population, die uns entgegentritt. Hier scheint der Mensch nur noch schmückendes Beiwerk. In der Spiegel-Kritik wird gar bemängelt, dass Menschen überhaupt eine Rolle spielen: “Selten wirkten künstlich erschaffene Kino-Charaktere glaubhafter als die Mitglieder dieser Primaten-Kommune. Folglich wäre es faszinierend gewesen, den ganzen Film nur mit ihnen zu gestalten. Doch man muss in diesem Fall sagen: Leider haben ein paar Menschen in San Francisco die virale Ausrottung überlebt.”

Auch in Godzilla wird uns bewiesen, dass der Mensch so gut wie keine Rolle mehr spielt, denn letztlich ist die Familiengeschichte nur schmückendes Beiwerk, um mit Stars vorher Promotion zu machen und dem Film ab und zu eine Kampfpause zu gönnen. Handlungsträger sind nicht mehr Aaron Taylor-Johnson, Bryan Cranston oder Juliette Binoche, sondern die Kreaturen. Menschliche Charaktere überzeugen nicht durch ihre Motive, sondern durch ihre unmittelbare Bedeutungslosigkeit. Ihnen bleibt nur, auf die Ungetüme aus der Urzeit zu reagieren und sie erreichen nichts mehr mit ihren Handlungen. Godzilla ist es letztlich auch, der sich als humaner als die Menschen herausstellt, denn er allein bewahrt sie vor der Katastrophe. Es liegt in seinem Gutdünken, die Menschen aus ihrer aktionistischen Sackgasse herauszuführen.

Die Inspiration für das Nachdenken über dieses Thema verdanken wir wie oben erwähnt David Ehrlich: Er stellt die Vorstellung eines posthumanen Kinos in den Raum. Die Negierung des Menschen mag nach all den filmischen Untergangsvisionen der letzten Jahre der logische nächste Schritt sein. Vielleicht ist es aber auch nur eine Begleiterscheinung der sich entwickelnden Effekte, die – wie im Falle der Affen – das Uncanny Valley überwinden. Was meint ihr?

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