Beeblebrox - Kommentare

Alle Kommentare von Beeblebrox

  • 8
    über Pearl

    [...] Pearl balanciert mühelos zwischen Dorothys Unschuld und den stark von The Texas Chain Saw Massacre beeinflussten Schreckensbildern, die schon den Vorgänger geprägt haben. Es ist absolut verblüffend, wie West zwischen Tobe Hoopers Horror-Meilenstein und der Reise ins zauberhafte Land schwankt, als würden beide Werke das gleiche filmische Vokabular besitzen. Pearl strahlt – vor allem in den Farben Rot und Grün – wie ein Technicolor-Traum, der mit einem Melodram von Douglas Sirk verwechselt werden könnte. Gleichzeitig wartet er aber auch mit schonungsloser Härte auf. [...]

    2
    • 9

      [...] Im Hintergrund verlaufen Wasserfarben wie Tränen, die Gwen niemals weinen kann. Miles‘ Zerrissenheit flackert in Schemen auf, während er zum einsamsten Spider-Man im Multiversum wird. Es ist gleichermaßen ironische wie poetisch, dass der Versuch, mit den Spidey-Konventionen zu brechen, in einem der besten Spidey-Abenteuer überhaupt mündet. Den Verlust von Freundschaft und Vertrauen hätte Raimi kaum stechender inszenieren können. Gleichzeitig verliert Across the Spider-Verse nichts von der magnetischen Coolness seines Vorgängers, ganz zu schweigen von der bewundernswerten Mischung aus Lässigkeit und Einfühlsamkeit, die jedes einzelne Bild durchdringt. Das Spider-Verse ist seinen Genre-Kollegen immer noch um Lichtjahre voraus.

      7
      • 9 .5

        [...] Das zerstörerische Element der Waldbrände zieht sich plötzlich durch alle Ebenen des Films. Petzold nimmt überraschend viel von dem weg, was zuvor die ruhige, entspannte Atmosphäre des Films ausgemacht hat, um die bitterste Konsequenz von Leons selbstauferlegten Leiden zu zeigen. Am Ende verliert er viel mehr als einen Moment. Was ihm bleibt, ist die Erinnerung – und die zementiert er in das Größtmögliche, was er sich vorstellen kann: Einen Roman, der das Verpasste festhalten soll wie die versteinerten Menschen von Pompeji fast zweitausend Jahre nach dem verheerenden Vulkanausbruch von Schmerz, aber auch von Glück erzählen. Brutal und doch versöhnlich. Selbst wenn bei Petzold die Welt untergeht, ist nicht alles verloren.

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        • 7 .5

          [...] Zwischen den Monologen schweift Wiseman ab und verliert sich in der Natur. Wellen, die an Felsen brechen. Gräser, die im Wind zittern. Blumen in schlichter Schönheit und Ameisen, die eifrig im Close-up über Äste krabbeln. Sofia bewegt sich durch einen magischen Garten, dessen paradiesische Qualität von einem Gefühl der Einsamkeit kontrastiert wird. Mal wirkt dieser Ort lebendig, mal verschlafen und manchmal sogar verloren. Ist er überhaupt angeschlossen and den Rest der Welt? [...]

          2
          • 6

            [...] Keine Worte, nur Bilder und Musik: Komponist Ludwig Göransson greift das wundervolle Grogu-Thema auf, das erstmals im Rahmen der zweiten Staffel von The Mandalorian zum Einsatz kam. Verträumt und neugierig wird der kleine Racker von den sphärisch gleitenden Klängen umschrieben, während seine Augen staunen und die Ohren flattern. Grogu ist hier gleichermaßen Star Wars-Geschöpf wie Ghibli-Protagonist, der protestierend seinen Mund aufreißt und abenteuerlustig durch die Gegend purzelt. Vor allem aber fängt der von Katsuya Kondo inszenierte Kurzfilm einen Grogu jenseits von Memes und Reaction-Shots ein. [...]

            • 8 .5
              über Blond

              [...] Dominik nähert sich Marilyn Monroe über Musik und Licht an. Beides strömt in überwältigendem Ausmaß durch die 167 Minuten des Films und setzt sich weit über die Brutalität des Gezeigten hinweg. Blonde wirkt an diesem Punkt wie eine Fortführung des ebenfalls von Schmerz und Verlust geprägten Musikfilms This Much I Know To Be True, den Dominik zusammen mit Nick Cave und Warren Ellis umgesetzt hat. Die einfühlsamen Kompositionen der beiden Musiker – inklusive einer instrumental Version von Bright Horses – begleiten nun auch Monroes Reise, während Kameramann Chayse Irvin atemberaubende Lichterwelten schafft und durch Hollywoods Rauchwolken bricht.

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              • 9

                [...] Karn befindet sich zwischen den beiden. Er ist gefangen in einem dunklen Raum, in den nur durch einen Türspalt das Licht hineinfällt. Dieses Bild taucht so direkt in der Serie auf, wenn sich der Deputy Inspector auf Ferrix verbarrikadiert, als er merkt, dass die Situation außer Kontrolle gerät. Die entscheidende Frage ist, ob er die Kraft aufbringt, die Tür aufzustoßen oder ob er sich weiter in die Dunkelheit zurückzieht, bis er komplett verschwindet. Gilroy hat die Figur dermaßen gut positioniert, dass im Kontext der Serie beide Möglichkeiten Sinn ergeben – und das macht Andor sehr aufregend.

                • 9

                  [...] Andor ist eine Serie, die durch Unternehmensstrukturen und Machtgefälle erzählt wird. Ausbeutung und Unterdrückung sind der Motor des faschistischen Regimes, das die Galaxis bestimmt und dafür sorgt, dass der Graben zwischen der Arbeiterklasse auf Ferrix und den Mächtigen von Coruscant noch größer wird als das Loch, das in Cassians Heimat, Kenari, gerissen wurde. Kalte Wohnungen, Grenzen und Sicherheitszonen: Andor ist zutiefst politisch. In jeder Szenen erleben wir den Gebrauch und Missbrauch von Macht in unterschiedlichen Abstufungen, genauso wie daraus resultierende Übergriffe und Versagen. Die Konsequenzen sind auf allen Ebenen der Serie zu spüren. [...]

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                  • 8

                    [...] Mit einer mitreißenden Bewegung zeigt uns Cameron aus der Distanz die Umgebung, durch die wir uns später mit den Figuren schlängeln, als wären wir selbst dort. Avatar ist ein Film, der in ein unendliches Labyrinth aus Ästen entführt und uns jeden Fußabdruck spüren lässt, bis wir – umgeben von schwebenden Felsen – durch die Luft wirbeln. Ein Pfeil, der beiläufig ins Bild rollt, erzählt mehr über die Verhältnisse auf und die Geschichte von Pandora, als es jegliche Erklärung im Dialog je könnte. Und dann stellt Cameron seine 3D-Vision mit nur einer Fokusverlagerung vor: Vor dem weit aufgerissenen Auge des Kinos kommt ein ganzer Planet zum Vorschein. [...]

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                    • 8 .5
                      über Nope

                      [...] Das Grauen findet in unserem Kopf statt, flankiert von verschwommenen Eindrücken und der Ungewissheit, was schlimmer ist: der konkrete Schrecken oder die Vorstellung davon. Der ganze Film wird von diesem Konflikt durchzogen. Immer wieder deutet Regisseur und Drehbuchautor Jordan Peele aufwühlende Ereignisse an, zeigt sie aber nie komplett. Nach Get Out und Us hat er einen starken Film geschaffen, der mit Erwartungen spielt, Spektakel inszeniert und hinterfragt und ein bemerkenswertes Bewusstsein für die Geschichte und die Beschaffenheit von bewegten Bildern besitzt. [...]

                      10
                      • 8

                        [...] Bevor Kosinski die unfassbaren Aufnahmen von Kampfjets auspackt, die in Höchstgeschwindigkeit durch die Gegend fliegen und die waghalsige Manöver durchführen, verbeugt er sich vor Scott und zitiert die Eröffnungssequenz des ersten Teil: Vor dem glühenden Horizont bewegen sich Silhouetten über einen Flugzeugträger, mal gehören sie den Menschen, mal den Maschinen. Und manchmal verschwimmen sie im Angesicht der heißen Luft, die aus den Triebwerken strömt. Top Gun: Maverick beginnt als wunderschöner Film des Flimmerns, ehe wuchtigere Bewegungen übernehmen. [...]

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                        • 7

                          [...] Und dann zersplittern die Figuren nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich – allen voran Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen), die sämtliche Wunden aus WandaVision ins Multiversum trägt und als tragische Bösewichtin durch den Film fegt. Strange taumelt derweil zwischen zahlreichen Varianten seiner selbst umher und muss sein Selbstverständnis als Superheld hinterfragen. Seine Spiegelbilder bringen seine schlimmsten Instinkte zum Vorschein, während seine große Liebe, Christina (Rachel McAdams), sowohl in den entlegenen als auch den vertrauten Dimension unerreichbar scheint. [...]

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                          • 8

                            [...] Mads Mikkelsen schafft einen großartigen Antagonisten. Sein Grindelwald genießt den Zweifel für den Angeklagten und lässt sich von der Menge tragen, während er Erinnerungen auslöscht und die Menschen manipuliert. Zwischen beschlagenen Spiegeln und verzerrten Zwischenwelten entfaltet sich The Secrets of Dumbledore als abgründiges Abenteuer. Getragen wird es von James Newton Howards einfühlsamer Filmmusik, ganz zu schweigen von seinem größten Trumpf: Jude Law. Mehr noch als Mikkelsen erweitert er die vertraute Harry Potter-Figur, die er verkörpert, um spannende Nuancen. Laws Dumbledore ist das bisher größte Geschenk der Fantastic Beasts-Reihe.

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                            • 8

                              [...] Schon seit der Veröffentlichung ihres ersten Musikvideos setzt Rodrigo bei der Illustration ihrer Musik auf eine ausgeprägte Ästhetik, die sie in ihrem Sour-Film stimmig ausbaut, wenngleich ein entscheidendes Element fehlt: Das Highschool-Setting, das u.a. ihren Konzertfilm Sour Prom dominierte, ist verschwunden. Stattdessen befinden wir uns in einer neuen Phase – oder besser formuliert: einer neuen Ära. Der Aufbruchsgedanke strömt durch den gesamten Film und findet schließlich in traumhaften Aufnahmen der Ostküste seinen Höhepunkt, wenn Rodrigo mit hope ur ok angekommen ist. [...]

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                              • 8

                                [...] Petite Maman wartet mit einer klaren Filmsprache auf und bringt selbst abstrakte Ideen auf den Punkt, sei es die Musik der Zukunft, die beim Abenteuer in der Natur erklingt, oder der paradoxe Gedanke, dass sich Mutter und Tochter im gleichen Alter begegnen und einen Dialog führen, dessen Echo („You’re not responsible for my sadness“) bis in die Gegenwart reicht. Was ist, wenn wir den Menschen kurz über den Weg laufen, bevor sie für uns zu den Menschen werden, die wir schon immer kennen? Petite Maman entlässt uns mit einem tiefen Verständnis für komplexe Gefühle aus dem Kino.

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                                • 8

                                  [...] Verlusterfahrungen haben tiefe Wunden bei den Figuren von C’mon, C’mon hinterlassen. Sowohl Johnny als auch Jesse mangelt es an Vertrauen – in sich selbst und andere. Schlussendlich gelingt Mills mit seinem Film aber das gleiche Kunststück, das Johnny jeden Tag bei seinen Interviews vollbringt: Er schafft einen Raum ohne Vorurteile, in dem Worte offen ausgesprochen – und noch viel wichtiger – festgehalten werden können. Obwohl das Leben weitergeht, bleibt in dem einfühlsam erzählten C’mon, C’mon die Zeit kurz stehen, um Verletzlichkeit zu erkennen und zu akzeptieren.

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                                  • 7 .5

                                    [...] Die Einsamkeit, die im dänischen Original entsteht, wenn der Krankenwagen durch das Laub eines herbstlichen Walds brettert, steht in Ambulance anno 2022 nicht zur Debatte. Selbst die ruhigen Momente, in denen wir uns den zerrissenen Figuren annähern, setzt Bay extrem nervös in Szene. Die Bilder springen und fliegen: Neben den hastig kreisenden Kamerabewegungen arbeitet der Regisseur verstärkt mit entfesselten Drohnen, um uns das Geschehen aus Blickwinkeln zu zeigen, wie man sie in anderen Actionfilmen nicht zu Gesicht bekommen würde. Bay lässt uns fast überall gleichzeitig sein. [...]

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                                    • 8

                                      [...] The Batman verweilt lange an diesen einsamen Orten und macht sich Gedanken über die Architektur einer uralten Stadt, die sich in eine tickende Zeitbombe verwandelt. Reeves hat einen beklemmenden Film geschaffen, der von Zweifeln und unerfüllten Sehnsüchten durchdrungen wird, besonders wenn sich Batman und Catwoman in der Dämmerung auf Dächern begegnen. Es ist einer der wenigen Momente, in denen wir den glühenden Himmel sehen, der über Gotham aufzieht, ehe die Spurensuche wieder in die Tiefe führt. Noch nie hat ein Batman-Film so sehr von seiner Stimmung gelebt.

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                                      • 9

                                        [...] Anderson erzählt von der hinreißenden Begegnung zweier Menschen, die ununterbrochen über sich stolpern und trotzdem im Gleichklang durch die Straßen rennen. Da ist es wieder, das Rennen, diese unglaubliche Bewegung, die Anderson mit so müheloser Leichtigkeit einfängt, als wären Kameras geschaffen worden, um den im Sonnenlicht strahlenden Gesichtern und Körpern von Alana Haim und Cooper Hoffman zu folgen. Angetrieben werden sie nicht nur von Gefühlen, sondern einem fantastischen Soundtrack, der die 1970er Jahre lebendig werden lässt, mal verträumt, mal ganz stürmisch. [...]

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                                        • 7

                                          Die Welt steht in Flammen. Oder zumindest die Welt von Stan (Bradley Cooper). Er hat sie selbst angezündet. Das Haus seiner Familie brennt. Für den aufsteigenden Rauch interessiert sich keine Menschenseele. Stan verlässt seine Heimat, ohne dass jemand davon Notiz nimmt. Er ist ein unbeschriebenes Blatt und trägt dennoch eine Bürde mit sich herum, die ganze Bücher füllen könnte. Das Feuer verschlingt nicht nur Holzbalken, sondern eine traumatische Vergangenheit, die mit einer Leiche endete. Ein loderndes Requiem als Neuanfang: Nightmare Alley beginnt mit unheilvollen Bildern. [...]

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                                          • 10

                                            Am Ende aller Dinge laufen zwei Hobbits durch das Land, in dem die Schatten drohen. Frodo (Elijah Wood) und Sam (Sean Astin) sind erschöpft, doch ihre vom langen Weg gezeichneten Gesichter verbergen sich hinter Ork-Rüstungen. Unerkannt bewegen sie sich auf den Schicksalsberg zu, während sich die Streitmächte des Bösen vor den Toren Mordors versammeln, um dem finalen Aufgebot der vereinten Völker von Mittelerde zu trotzen. Die Vernichtung des Einen Rings scheint so greifbar wie nie. Dennoch schafft Peter Jackson in den letzten Atemzügen von The Lord of the Rings: The Return of the King eines der hoffnungslosesten Bilder der gesamten Trilogie. [...]

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                                            • 7 .5

                                              [...] Gerade nach Peter Jacksons achtstündigem (!) Doku-Meisterwerk The Beatles: Get Back ist es schade, dass sich das Special nicht mehr Zeit nimmt, um den Menschen zu lauschen, die zehn Jahre lang Harry Potter geschaffen haben. Trotzdem ist es eine großartige Erinnerung daran, wie viel es in dieser Welt noch zu entdecken gibt. Allein die Einblicke in den Dreh der Schlüsselszene von Harry Potter and the Prisoner of Azkaban sind ein Geschenk. Zwischen den knarzenden Dielen der Heulenden Hütte erleben wir eine der wichtigsten Transformationen der Reihe. Return to Hogwarts ist ein gutes Sprungbrett, um noch tiefer in ihre Entstehung einzutauchen.

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                                              • 9

                                                [...] Obwohl der ungewohnt leichte Tonfall im ersten Akt irritiert, bewegt sich der Film auf ein packendes Finale zu, das inmitten einer furiosen Verfolgungsjagd vom Befreiungsschlag zweier Liebenden erzählt. Neo und Trinity rasen durch die nächtlichen Straßen von San Francisco, während die Stadt in einem apokalyptischen Nebel versinkt. Die coolen Posen und Bewegungen sind nach wie vor vorhanden, doch sie stehen nicht mehr im Vordergrund. Lana Wachowski interessiert sich vielmehr für die Menschlichkeit, die den künstlichen Ort mit allen seinen schlafwandelnden Menschen ins Chaos stürzt. [...]

                                                10
                                                • 8

                                                  [...] Drive My Car, der neue Film von Ryūsuke Hamaguchi, zeigt viele Zusammenkünfte von Menschen, in denen sich das Komische und das Tragische überschlagen. Hinter einer Sache, die auf den ersten Blick leicht zu klären scheint, versteckt sich ein komplexer Körper aus unausgesprochenen Gefühlen, die sich mit Erwartungen und Erfahrungen mischen. Für Yūsuke ist die Autofahrt mit den roten Wagen, der in jeder Szene belebend aus der Umgebung heraussticht, ein Augenblick der Reflexion und Wiederholung. Er hört Audioaufnahmen seiner Bühnenstücke an, die von seiner toten Frau eingesprochen wurden. Im Moment der Fortbewegung bleibt er stehen. [...]

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                                                  • 8 .5
                                                    über Spencer

                                                    [...] Auch Spencer ist eine dieser Momentaufnahmen, sogar eine Spur radikaler als Larraíns vorherige Werke. Der gesamte Film spielt fast ausschließlich im Sandringham House und den umliegenden Feldern. Ein riesiges Labyrinth voller prunkvoll eingerichteter Räume und langen Gängen, die ins Nirgendwo führen: Larraín inszeniert das Anwesen als bedrohliches Ungeheuer, das mit strenger Geometrie einschüchtert und Diana immer weiter in den Abgrund treibt. Ein schauerhafter Ort, der trotz aller Lichter kalt und ungemütlich wirkt. Eine Festung der Einsamkeit. Diana droht geradezu, an ihrer Isolation zu ersticken. [...]

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