Einen seiner eindrucksvollsten Auftritte hatte William H. Macy in Paul Thomas Anderson s Meisterwerk Boogie Nights: Als „Little Bill“ wirkt er den ganzen Film über ruhig, unscheinbar und nahezu gleichgültig gegenüber den Affären seiner Frau, die auch schon mal vor seinen Augen Sex mit anderen hat. Als er sie dann aber auf einer Silvesterparty erneut mit einem anderen im Bett erwischt, ist es zuviel. Scheinbar absolut gelassen verlässt er das Haus, holt eine Pistole aus dem Auto und erschießt seine Frau und ihren Liebhaber. Unter den entsetzten Blicken der anderen Partygäste lächelt er zum ersten Mal im Film, nur um sich kurz danach die Pistole in den Mund zu stecken und sich zu erschießen.
Viele der Figuren von William H. Macy sind ähnlich angelegt: Auf den ersten Blick uninteressante Durchschnittstypen, Verlierer, die sich zu lange mit ihrem Schicksal abgefunden haben, verzweifeln und zu drastischen Mitteln greifen. Einen dieser Typen spielt William H. Macy auch großartig in Fargo: Er verkörpert einen Autoverkäufer, der so verschuldet ist, dass er zwei Kriminelle anheuert, um seine Frau zu entführen, sodass er von ihrem reichen Vater das Lösegeld kassieren kann. Für diese Rolle wurde er zurecht für den Oscar als Bester Nebendarsteller nominiert.
Diesen Rollentyp, der sich leicht auf ein Klischee reduzieren ließe, füllt William H. Macy aber stets mit einer gewissen Tiefe aus und schafft eine Balance zwischen Melancholie und Komik. Anders als viele seiner Schauspielkollegen stellt er trotz der oft ähnlichen Rollen immer einen eigenen Charakter dar und nicht nur eine Leinwandversion von sich selbst.
An der Schauspielschule der Atlantic Theater Company, einem Off-Broadway-Theater, unterrichtet William H. Macy die Schauspieltechnik Practical Aesthetics, an deren Entwicklung er selbst beteiligt war. Der Grundgedanke dahinter ist, dass der Schauspieler die dargestellte Aktion mit einem Moment seines Lebens vergleicht, um die Emotionen der Szene besser nachvollziehen zu können. Dabei wollte William H. Macy zunächst nie Schauspieler werden: Er studierte Tiermedizin, war aber nach eigenen Angaben ein „jämmerlicher“ Student. Am College war er Teil einer Theatergruppe und traf dort auf David Mamet, mit dem er nicht nur die Practical Aesthetics entwickelte, sondern auch die erfolgreiche St. Nicholas Theater Company gründete. Vor seiner Karriere im Film war er bereits in über 50 Theaterproduktionen zu sehen.
Heute ist William H. Macy vielleicht nicht der Mann für die Hauptrollen in großen Blockbustern und sicher kann nicht jeder auf Anhieb seinen Namen einem Gesicht zuordnen. Dennoch dürften die meisten Filmfans ihn schon mindestens einmal in einer seiner charakteristischen Rollen gesehen haben. Zwar bewies er bei der Wahl seiner Filme nicht immer ein glückliches Händchen, – siehe zuletzt Born to be Wild – Saumäßig unterwegs – oft genug traf er allerdings genau die richtige Wahl: Es fällt schwer, sich einen anderen Schauspieler in seinen Rollen in Filmen wie beispielsweise den erwähnten Boogie Nights und Fargo oder als überforderter Senator in Thank You for Smoking vorzustellen, sein allen Unglückbringender Casino-Angestellter in Der Cooler – Alles auf Liebe und der auf Zahnspangen erpichte Verkäufer in Magnolia gehören ebenfalls zu seinen Paraderollen. Anders als viele Schauspieler macht William H. Macy die Charaktere zu seinen eigenen und hinterlässt mit der ihm eigenen Traurigkeit auch in Nebenrollen einen bleibenden Eindruck.
Privat bezeichnet er sich übrigens als “Joker” – wir müssen uns also keine Sorgen machen, dass die Verzweiflung seiner Rollen auf ihn abfärbt. Als Beweis zeigen wir euch dieses fröhliche Ukulelen-Duett mit der aus Scrubs bekannten Kate Micucci:
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