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Der Tod im Film

19.10.2016 - 03:26 Uhr
Der schwarze Hase von Inlé aus Unten am Fluß
Warner/moviepilot
Der schwarze Hase von Inlé aus Unten am Fluß
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Monster oder Begleiter? Die Angst vor dem Tod ist eines der häufigsten Elemente in Horrorfilmen. Dargestellt wird er häufig als knochige Gestalt mit Sense oder gar körperlos. Doch für mich ist er schon lange kein Monster mehr.

Dieser Artikel entstand im Rahmen der Aktion Lieblingsmonster.

Das erste (Film-)Monster, an das ich mich aus meiner Kindheit erinnere ist der Tod selbst. Zu verstehen, dass der Tod zum Menschsein dazugehört, ist eine der schwierigsten Erkenntnisse unseres Lebens. Der Tod erscheint uns nur allzu oft als das schlimmste aller Ungeheuer, in Form von Krieg, Krankheit, Mord, dem Alter oder Unfällen. Er verfolgt uns, taucht immer wieder in unserm Alltag auf, um uns seine Unausweichlichkeit bewusst zu machen.

Die meisten Monster lassen sich besiegen und oft reicht dafür schon Rationalität aus um Gespenster zu entwaffnen, doch der Tod scheint unbesiegbar. Im Film wird der Tod ganz unterschiedlich dargestellt. Die Meisten von uns denken da wahrscheinlich erstmal an den Sensenmann (oder an den Gevatter Tod der Gebrüder Grimm). Er wird in vielen Filmen mit schwarzer Kapuze und knochigem Gesicht dargestellt. Zum Beispiel taucht er in Bergmanns Das siebente Siegel oder parodistisch in Woody Allens Die letzte Nacht des Boris Gruschenko auf. Viele mögen jetzt an die gruseligen Dementoren aus Harry Potter und der Gefangene von Askaban denken, die zwar nicht töten, aber alles Menschliche aus uns heraussaugen oder an die Gespenster die in Die Geister, die ich rief... Bill Murrays Verfehlungen aufzeigen und die möglichen Konsequenzen. Aber hier wird nicht unbedingt der Tod angekündigt, sondern an moralische Pflichten erinnert oder auf Verfehlungen hingewiesen.

Auch der Sensenmann scheint oft eine ähnliche Rolle einzunehmen. Er taucht oft mehrmals auf, als Schatten oder Vision, um zu tadeln. Er ist nicht der Tod selbst, sondern derjenige der ihn ankündigt oder vollstreckt. (Aber es ist nicht der Arzt, der eine Krebsdiagnose stellt oder der Richter, der die Todesstrafe verhängt.) Doch stellt sich die Frage ob der personifizierte Tod, überhaupt die Macht über Leben und Tod hat. Viele versuchen ihm wegzurennen oder ihn auszutricksen oder gar zu verhandeln. Oft taucht er als Vorahnung auf. In Final Destination gibt es eher gruseligen Friedhofswärter, der irgendeine mystische Verbindung zum Tod zu haben scheint, aber er ist nicht der Tod selbst, sondern scheint bloß ein Mitwisser zu sein. Aber dieser macht uns weniger Angst als der Kalte Schauer im Nacken, die Vorahnung, die wir an nichts festmachen können. In unserem Alltag werden diese Todesboten als Aberglauben abgetan und Gruselgeschichten abgetan.

Diese böse Vorahnung, dass wir in Gefahr stecken und dann versuchen wegzurennen so schnell wir können, kennen wir aber alle. Neulich war ich mit dem Fahrrad auf dem Heimweg. Es war eine Vollmondnacht und es wehte der Wind. Dann passierten eine Reihe zufällige Ereignisse, es fing an zu regnen, der Wind strich mir kalt über den Nacken und fegte durch die Straßen und hörte sich an, wie gequälte Schreie, hier und da knisterte und flackerte es im Gebüsch, wie blitzende Augen. Ich bekam Gänsehaut und Panik und trat immer schneller in die Pedale. Es fühlte sich an, als sei der Tod hinter mir her, als wäre ich in einem Horrorfilm auf der Flucht vor einem Monster. Ich habe mich gefühlt als sei das Monster aus It Follows hinter mir her. (Aber ich sehe mich auch manchmal gern in der Hauptrolle.) Manchmal sind diese Monster aber auch gestaltlos. Normalerweise helfen uns unsere Instinkte Gefahren zu erkennen und helfen uns Gefahren zu entkommen.

In Horrorfilmen wird genau mit diesen Ängsten gespielt. Auf einmal geht es nicht mehr bloß um die Angst vor dem Tod, sondern der Tod nimmt die Verfolgungsjagd auf und wird zum Jäger. Hier könnte man den Eindruck haben, man habe eine Chance ihm zu entkommen. Im Märchen von den drei Brüdern  (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1) kann sich der jüngste Bruder sogar mit einem Tarnumhang vor dem Tod verstecken. Würdet ihr so einer Gestalt die Hand reichen oder weglaufen? Oft erscheint der Tod auch in weniger monströser Gestalt. Etwas als weißes Licht oder in Form der verstorbenen Liebsten, die den Sterbenden nach Hause rufen. Im Film Das brandneue Testament, kündigt Gottes Tochter allen Menschen per SMS ihr Todesdatum an, darüber entscheiden kann sie nicht, nur ansehen wie die Menschen mit ihrem Schicksal umgehen.

Die beeindruckteste Darstellung des Todes, die mir seit meiner Kindheit in Erinnerung geblieben ist, ist die des schwarzen Kaninchens des Todes aus Unten am Fluß. Es lebt zwar in einem steinernen Bau aus Krankheit, Tod und Schrecken und ist im Prinzip der Sensenmann der Kaninchen, aber es ist kein schreckliches Monster. Es tritt mit dem größtmöglichen Respekt auf und begleitet Kaninchen am Ende ihres Lebens. Es wird im Buch auch „Fürst der Nacht“ genannt. Der Moment als ich begreifen muss das Hazel stirbt, ist für mich einer der traurigsten, aber auch schönsten Filmmomente. Das Monstrum Tod, wird zum erhabenen ehrenvollen Begleiter. Er ist ein Diener des Hasengottes El-ahrairah und tritt den Lebenden Angesicht zu Angesicht mit Respekt gegenüber. Hier wird der Tod zu einem transzendentalen Ereignis und schafft eine Brücke zwischen Diesseits und Jenseits, der Tod verneigt sich vor dem Leben.


Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Sponsoren der Aktion Lieblingsmonster:

Aktion Lieblingsmonster


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