Dieser Artikel entstand im Rahmen der Aktion Lieblingsmonster.
Das erste (Film-)Monster, an das ich mich aus meiner
Kindheit erinnere ist der Tod selbst. Zu verstehen, dass der Tod zum Menschsein
dazugehört, ist eine der schwierigsten Erkenntnisse unseres Lebens. Der Tod erscheint
uns nur allzu oft als das schlimmste aller Ungeheuer, in Form von Krieg,
Krankheit, Mord, dem Alter oder Unfällen. Er verfolgt uns, taucht immer wieder in unserm Alltag auf, um uns seine Unausweichlichkeit
bewusst zu machen.
Die meisten Monster lassen sich besiegen und oft reicht
dafür schon Rationalität aus um Gespenster zu entwaffnen, doch der Tod scheint
unbesiegbar. Im Film wird der Tod ganz unterschiedlich dargestellt. Die Meisten
von uns denken da wahrscheinlich erstmal an den Sensenmann (oder an den
Gevatter Tod der Gebrüder Grimm). Er wird in vielen Filmen mit schwarzer Kapuze
und knochigem Gesicht dargestellt. Zum Beispiel taucht er in Bergmanns Das siebente Siegel oder parodistisch in Woody Allens Die letzte Nacht des Boris Gruschenko auf. Viele mögen jetzt an die
gruseligen Dementoren aus Harry Potter und der Gefangene von Askaban denken, die zwar nicht töten, aber alles Menschliche
aus uns heraussaugen oder an die Gespenster die in Die Geister, die ich rief... Bill Murrays Verfehlungen aufzeigen und die
möglichen Konsequenzen. Aber hier wird nicht unbedingt der Tod angekündigt, sondern an moralische Pflichten erinnert oder auf Verfehlungen
hingewiesen.
Auch der Sensenmann scheint oft eine ähnliche Rolle einzunehmen. Er taucht oft mehrmals auf, als Schatten oder Vision, um zu tadeln. Er ist nicht der Tod selbst, sondern derjenige der ihn ankündigt oder vollstreckt. (Aber es ist nicht der Arzt, der eine Krebsdiagnose stellt oder der Richter, der die Todesstrafe verhängt.) Doch stellt sich die Frage ob der personifizierte Tod, überhaupt die Macht über Leben und Tod hat. Viele versuchen ihm wegzurennen oder ihn auszutricksen oder gar zu verhandeln. Oft taucht er als Vorahnung auf. In Final Destination gibt es eher gruseligen Friedhofswärter, der irgendeine mystische Verbindung zum Tod zu haben scheint, aber er ist nicht der Tod selbst, sondern scheint bloß ein Mitwisser zu sein. Aber dieser macht uns weniger Angst als der Kalte Schauer im Nacken, die Vorahnung, die wir an nichts festmachen können. In unserem Alltag werden diese Todesboten als Aberglauben abgetan und Gruselgeschichten abgetan.
Diese böse
Vorahnung, dass wir in Gefahr stecken und dann versuchen wegzurennen so schnell
wir können, kennen wir aber alle. Neulich war ich mit dem Fahrrad auf dem Heimweg.
Es war eine Vollmondnacht und es wehte der Wind. Dann passierten eine Reihe
zufällige Ereignisse, es fing an zu regnen, der Wind strich mir kalt über den
Nacken und fegte durch die Straßen und hörte sich an, wie gequälte Schreie,
hier und da knisterte und flackerte es im Gebüsch, wie blitzende Augen. Ich
bekam Gänsehaut und Panik und trat immer schneller in die Pedale. Es fühlte
sich an, als sei der Tod hinter mir her, als wäre ich in einem Horrorfilm auf
der Flucht vor einem Monster. Ich habe mich gefühlt als sei das Monster aus It Follows hinter mir her. (Aber ich sehe mich auch manchmal gern in der
Hauptrolle.) Manchmal sind diese Monster aber auch gestaltlos. Normalerweise helfen uns unsere Instinkte Gefahren zu erkennen und
helfen uns Gefahren zu entkommen.
In Horrorfilmen wird genau mit diesen Ängsten
gespielt. Auf einmal geht es nicht mehr bloß um die Angst vor dem Tod, sondern
der Tod nimmt die Verfolgungsjagd auf und wird zum Jäger. Hier könnte man den
Eindruck haben, man habe eine Chance ihm zu entkommen. Im Märchen von den drei
Brüdern (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1) kann sich der jüngste
Bruder sogar mit einem Tarnumhang vor dem Tod verstecken. Würdet ihr so einer
Gestalt die Hand reichen oder weglaufen? Oft erscheint der Tod auch in weniger monströser Gestalt. Etwas
als weißes Licht oder in Form der verstorbenen Liebsten, die den Sterbenden
nach Hause rufen.
Im Film Das brandneue Testament,
kündigt Gottes Tochter allen Menschen per SMS ihr Todesdatum an, darüber
entscheiden kann sie nicht, nur ansehen wie die Menschen mit ihrem Schicksal
umgehen.
Die beeindruckteste Darstellung des Todes, die mir seit
meiner Kindheit in Erinnerung geblieben ist, ist die des schwarzen Kaninchens des
Todes aus Unten am Fluß. Es lebt zwar in einem steinernen Bau aus Krankheit,
Tod und Schrecken und ist im Prinzip der Sensenmann der Kaninchen,
aber es ist kein schreckliches Monster. Es tritt mit dem größtmöglichen Respekt
auf und begleitet Kaninchen am Ende ihres Lebens. Es wird im Buch auch „Fürst
der Nacht“ genannt. Der Moment als ich begreifen muss das Hazel stirbt, ist für
mich einer der traurigsten, aber auch schönsten Filmmomente. Das Monstrum Tod,
wird zum erhabenen ehrenvollen Begleiter. Er ist ein Diener des Hasengottes El-ahrairah
und tritt den Lebenden Angesicht zu Angesicht mit Respekt gegenüber. Hier wird
der Tod zu einem transzendentalen Ereignis und schafft eine Brücke zwischen
Diesseits und Jenseits, der Tod verneigt sich vor dem Leben.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Sponsoren der Aktion Lieblingsmonster: