Anime im Kino - Mein Abend mit einer traumatisierten jungen Gastgeberin

27.08.2019 - 16:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Okko (rechts) und UriboHiroko Reijo, Asami, KODANSHA / WAKAOKAMI Project Regie: Kithara Kousak
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Ein kleines Mädchen will ihrer Oma in einer abgelegenen Herberge unter die Arme greifen, muss sich dabei jedoch auch einigen Geistern sowie ihren eigenen Ängsten stellen.

Nachdem wir uns vergangenen Monat mit Dragon Ball-Sprecherin Claudia Urbschat unter anderem über Brolys Kino-Rückkehr unterhielten, laufen diesen Monat im Rahmen der KAZÉ Anime Nights gleich zwei Filme. Den Anfang macht Okko's Inn, in dem wir ein kleines Mädchen nach einem tragischen Unfall dabei begleiten, wie sie ihre Trauer überwinden möchte. Ein Film, der auch für die jüngeren Zuschauer geeignet ist.

Okko's Inn erzählt eine fantasievolle berührende Geschichte

Zunächst ist die Welt noch in Ordnung: Okko ist mit ihren Eltern in der Nähe einer heißen Quelle, die, wie unserer jungen Heldin von ihren Eltern versichert wird, jeden willkommen heißt. Die anschließende Autofahrt endet allerdings mit einem folgenschweren Unfall, den einzig Okko überlebt. Fortan lebt sie bei ihrer Oma, die eine kleine idyllisch gelegene Herberge betreibt, wo unsere Heldin interessante Bekanntschaften machen soll.

Fortan begleiten wir also Okko auf ihrer Reise zurück ins Leben, denn immer wieder wird sie von den traumatischen Erinnerungen an jenen Unfall eingeholt. Darüber hinaus soll sie ebenfalls in die Fußstapfen ihrer Oma folgen und die Herberge übernehmen und auch die Gäste, sowohl Menschen als auch Geister, verlangen der jungen Gastgeberin einiges ab.

Seine Geschichte erzählt Okko's Inn dabei schon fast Episodenhaft: Jeder neue Charakter, der ins Leben unserer jungen Protagonistin tritt, erhält einen eigenen Handlungsstrang. Darin helfen sowohl Geister wie der junge Uribo, der eine spezielle Verbindung zu Okkos Oma hat, als auch die lebendigen Besucher der Herberge Okko dabei, ihren Schmerz zu verarbeiten, damit sie wieder neuen Lebensmut schöpfen kann.

Das alles ist herzallerliebst anzuschauen, dennoch fühlte sich der Film trotz seiner nicht einmal 100 Minuten Laufzeit ab und an fast schon etwas zäh und langatmig an, da die eine oder andere Szene einen Tick zu lang geht und sich kleine Segmente des Films auch wiederholen. Dies ist nun alles freilich kein K.O.-Kriterum, doch schade ist es trotzdem.

Okko's Inn verhandelt wichtige Themen, verschenkt jedoch Potenzial

Das größte Problem von Okko's Inn liegt hingegen woanders. Anime-Veteran Kitaro Kosaka gibt mit der Geschichte unserer jungen Gastgeberin sein Regie-Debüt; in den Jahren zuvor arbeitete er unter anderem an Anime-Klassikern wie Akira, Prinzessin Mononoke oder auch Chihiros Reise ins Zauberland. Mit Okko's Inn wandelt er auf Pixars Spuren, erreicht jedoch nie die Qualität der US-amerikanischen Animationsschmiede.

Wie in großen Pixar-Hits der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise Alles steht Kopf oder auch Coco, widmet sich Okko's Inn komplexen Thematiken wie Liebe, Schmerz und Verlust, Dinge, die Pixar stets meisterhaft auch einem jungen Publikum nahe zu bringen vermochte. Kosakas Regie-Debüt kratzt jedoch meist nur an der Oberfläche und verpasst es so, mehr von seinem zweifelsfrei vorhandenen Potenzial auszuschöpfen.

Okkos Erinnerungen an jenen Unfall verfolgen sie noch lange danach; sie träumt sogar, ihre Eltern seien gar nicht gestorben. Wenn Okko von ihren Eltern träumt oder während einer Autofahrt vor Angst am ganzen Körper bebt, geht dies zu Herzen, erreicht den Zuschauer, doch innerhalb der Story wird diesem Thema zu wenig Platz zugestanden.

Madhouse auf Abwegen? Okko's Inn bricht mit visuellen Stil des Studios

Studio Madhouse steht unter Anime-Fans in erster Linie für qualitativ hochwertige Filme und Serien, die sich nicht selten an ein etwas älteres Publikum richten. In den vergangenen Jahren zeichneten sie beispielsweise für Anime-Serien wie Death Note, Death Parade oder auch Hellsing verantwortlich - allesamt mit komplexen Narrativen sowie einer düsteren, blutig-brutal Inszenierung; definitiv nichts für jüngere Zuschauer.

Wie ihr den bisherigen Bildern aus Okko's Inn im Artikel entnehmen könnt, ist dieser Anime-Film das genaue Gegenteil davon. Okkos Geschichte ist farbenfroh, verspielt und zuckersüß. Der Film lebt von herrlich kräftigen Farben und seinen knuffigen Charakterdesigns; für den einen oder anderen könnte es womöglich sogar ein bisschen zuviel des Guten sein.

Hinsichtlich seiner Animationen, wir denken einfach mal an einige der bildgewaltigen und brachialen Kämpfen aus der 1. Staffel von One-Punch Man zurück, läuft Madhouse in Okko's Inn hingegen nicht zu Höchstform auf. Die Animationen könnten, trotz seltener Highlights - in einer Szene lässt Uribo beispielsweise um die staunende Okko herum Blumen erblühen und Blüten auf sie regnen - noch einen Tick geschmeidiger sein.

Okko's Inn ist ein sympathischer Film, der jungen Zuschauern helfen könnte

Mit Okko's Inn gelingt Kitaro Kosaka ein mehr als ansprechendes Regie-Debüt voller sympathischer Charaktere sowie zu Herzen gehender Momente. Der Film ist dabei wie seine junge Protagonistin liebenswürdig und warmherzig. Okko's Inn widmet sich schweren Themen und vermittelt dabei auch noch eine wichtige Botschaft: Die Sorge um andere mindestens ebenso hoch einzuschätzen wie die Sorge um sich selbst.

Der knuffige Anime-Film ist dabei gewissermaßen ein Loblied auf Gastfreundlichkeit und auch Nächstenliebe, was dem Film nicht hoch genug angerechnet werden kann. Dem Verlust geliebter Menschen widmet sich der Film dabei behutsam und auch für ein junges Publikum nachvollziehbar. Okko's Inn könnte somit speziell Kindern dabei helfen, mit ihrer Trauer nach einem schweren Verlust zurechtzukommen und ein größeres Kompliment könnte ich dem Film vermutlich nicht aussprechen.

Okko's Inn läuft am 27.08.2019 um 17 Uhr in ausgewählten deutschen Kinos.

Habt ihr Okko's Inn gesehen und falls ja, wie gefiel euch die Geschichte?

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