Regisseur Hans-Christian Schmid hat sich an ein brisantes Thema gewagt. Der Krieg in Bosnien und die Bestrafung der Täter. In Den Haag stehen sie vor Gericht, aber ihre Verurteilung ist damit noch nicht gesichert. Der Regisseur beantwortet Fragen zu seinem Film Sturm, der im Internationalen Wettbewerb der Berlinale zu sehen ist.
Warum haben Sie sich entschieden, im Film nicht zu zeigen, was damals während des Krieges passiert ist?
Ich finde, Rückblenden im Film funktionieren in den wenigsten Fällen. Filme sollten in eine Richtung erzählen: nach vorne. Wir schildern nicht die Kriegsverbrechen, die sich vor fünfzehn Jahren zugetragen haben, unser Thema sind deren Auswirkungen, ihre Spätfolgen. Die Zeugin Mira hat damit zu kämpfen. Schon ein kleiner Anlass reicht aus, um sie aus ihrem fragilen Gleichgewicht zu bringen.
Kurz vor den Dreharbeiten wurde Radovan Karadžić gefasst und nach Den Haag ausgeliefert. Was hat sich dadurch für euch verändert?
In unserer Arbeit versuchen wir immer Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die uns interessieren. Wir haben viel über die Rolle von Zeugen in den Prozessen gelesen, wie sehr die Menschen davon mit genommen sind, endlich auszusagen und der Person gegenüberzustehen, die für ihr Leid verantwortlich ist. Das käme alles in einem Film zu kurz, bei dem man sich ausschließlich auf eine so prominente Figur der Zeitgeschichte wie Karadžić stützt. Wir wollten lieber etwas in den Mittelpunkt rücken, was so selbstverständlich wirkt, aber letztlich eine unglaubliche Sache ist: Da geht jemand diesen Schritt, nach all den Jahren und stellt sich mit allen Konsequenzen und unter größtem psychischen Stress der eigenen Vergangenheit.
Was bedeutet es für die Zeugen, vor dem Tribunal auszusagen?
Ähnliches gilt für die Ankläger, Richter und Verteidiger. Auch sie leben in einer Welt der Büros, Restaurants und Hotellobbys, in der man sich schnell verliert, weil die menschlichen Schicksale dort nicht mehr spürbar sind, die Gefahr für alle ist groß, etwas Abstraktes zu verhandeln. Daher war es uns wichtig, dass Hannah diesen Schritt nach Sarajevo geht und die Zeugin später auch privat in Berlin erlebt. Sie muss einen Menschen erleben, mit seinen ganz privaten Bedürfnissen, ein einzelnes Schicksal, dem sie nun irgendwie gerecht werden muss.
Was würden Sie als ihre innere, eigene Motivation bezeichnen, diese Geschichte zu erzählen?
Mich interessieren Figuren wie die der Hannah Maynard. Sie hat die Stelle am Tribunal mit viel Idealismus angetreten und merkt nach Jahren in dieser Tretmühle, wie diese ursprüngliche Motivation langsam verloren geht, sie am System zu scheitern droht, für das sie sich einmal stark gemacht hat. Es geht auch um eine grundsätzliche “déformation professionnelle”.
Quellen: Mit Material von Piffl Medien