"Betas" - Oder warum es ok ist Amazon zu hassen.

11.09.2014 - 13:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die BRB-Crew: Hobbs, Mitchel, Nash, Trey & Mikki
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Die BRB-Crew: Hobbs, Mitchel, Nash, Trey & Mikki
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Amazon ist böse. Nein Amazon ist DAS Böse. So trichtern es uns die Medien seit Monaten ein. Und mit "Betas" hat man einen weiteren Grund den US-Großkonzern zu verabscheuen.

Buchpreise, die gedrückt werden, Artikel, die nicht versandt werden oder Mitarbeiter, die zu übelsten Konditionen arbeiten. Und trotzdem bestellen wir fröhlich weiter, denn es ist oft günstig und vor allem einfach.

Seit kurzem gibt es Amazon Prime mit dem hauseigenen Videostream als Kombipaket. Diesen nutze ich als ersten legalen Stream überhaupt. Und was soll ich sagen, es ist besser als gedacht. Gerade für den Film zwischendurch, den ich nicht unbedingt auf Blu-ray haben muss, ist das super. Auch Serien sind einige vorhanden. Und hier wurde es für mich interessant. Denn Amazon verkauft nicht nur alles mögliche im Internet, sie haben auch ein eigenes Studio und produzieren Webserien. Das war für mich komplett neu.

Webserien hielt ich für so kleine billig produzierte Filmchen à la "Chad Vader". Doch weit gefehlt! Die Shows von Amazon sind von denen der großen Networks optisch nicht zu unterscheiden. Und jetzt kommt der Grund, wegen dem Trauer und Wut in mir hochkocht. Ja, geradezu "Hass" auf Amazon. Der Grund heißt "Betas"!

Da ich ein großer Fan von "The Big Bang Theory" und "Community" bin, generell ohnehin eher in die Nerd/Geek-Ecke gehöre, habe ich die Serie "Betas" schon früh in meiner Amazon-Prime-Instant-Video-Karriere zu meiner Watchlist hinzugefügt. In der Show geht es um vier Freunde und Kollegen die versuchen im Valley von San Francisco eine App zu entwickeln, dafür Investoren zu gewinnen und natürlich, wie im Computer-Business üblich, scheiße viel Geld zu machen.

Nerdig ist die Serie zwar, aber auf einem anderen Niveau, als es "The Big Bang Theory" oder "Community" sind. Geht es bei den beiden zumeist um popkulturelle Bezüge, ist es bei „Betas“ eher die Computerwelt, welche persifliert wird. Da gibt es fiese Bloggerinnen, reiche Selfmades, die irgendwann mal auf das richtige (Computer)Pferd gesetzt haben und "alte" Hacker die ihren Zenit bereits überschritten haben. Die Serie bedient zwar Klischees, allerdings ist alles etwas erdiger, realistischer. Darum kann man "Betas" nur bedingt mit den beiden genannten Nerd-Sitcoms vergleichen. Zudem ist "Betas" zwar witzig, aber nicht brüllend komisch. Es ist keine typische Komödien-Serie, sie besitzt auch Drama-Elemente, welche mit witzigen Szenen und Dialogen angereichert werden. Eine Dramödie also? Ja, vielleicht. Aber irgendwie passt auch das nicht perfekt.

Warum schreibe ich das hier überhaupt? Wieso mache ich mir all die Mühe für eine Serie, die offenbar kaum jemand kennt? Nun, die Antwort ist einfach. Weil "Betas" einfach gut ist. Die Figuren sind einfach klasse! Mit Nash gibt es den typischen, introvertierten Inder, mit Spleens und Problemen, mit anderen Leuten normal zu interagieren. Allerdings macht die Figur innerhalb der ersten Staffel eine interessante Entwicklung durch. Es gibt einen kleinen, pummeligen, schüchternen Nerd (Mitchell), der in die heiße Braut (Mikki) verknallt ist, die öfter mit dem Team abhängt. Aber auch hier wird die Geschichte des Liebespaares in spe irgendwie anders erzählt. Dann gibt es einen abgehalfterten, geschiedenen, alten Hacker (Hobbes), der mal ein Star der Szene war. Und es gibt den Anführer der Gruppe. Trey ist natürlich gutaussehend und zielstrebig. Allerdings weder besonders introvertiert noch ein typischer Nerd. Im Laufe der ersten Staffel durchleben die Freunde das Auf und Ab der Computerwelt. Sie entwickeln ihre App, finden einen ersten Investor, entwickeln weiter, müssen launchen, patchen, nachbessern und weitere Leute finden, die ihre Projekte finanzieren. Am Ende der ersten Staffel droht gar die Übernahme durch einen Typen, der ein "klein wenig" an einen gewissen Zuckerberg erinnert. Die Serie beginnt zu starten, sie will abheben und dann… VORBEI!?

Elf Folgen. eine Staffel. Gerade als es richtig los geht, zieht Amazon den Stecker. Wieso, Amazon, wieso? Am Ende ist kaum etwas geklärt. Was passiert mit der App? Rauft sich das Team, welches mit argen internen Problemen zu kämpfen hatte, wirklich wieder zusammen? Was passiert mit Mitchell und Mikki? Was läuft zwischen Trey und der bösen Bloggerin? Was ist mit Nashs sexueller Orientierung? Fragen über Fragen. Und Amazon zeigt mir den Mittelfinger.

Ich war nach dem Ende der letzten Folge erschüttert. Natürlich hatte ich im Vorfeld gelesen, dass die Serie unbefriedigend endet. Dass es für mich so schlimm wird, hatte ich indes nicht erwartet. Ich war wirklich traurig. Mir sind die vier bzw. fünf Hauptfiguren in ihren gerade mal elf Folgen wirklich ans Herz gewachsen. Keiner der Charaktere ist ein Übersympath, und trotzdem mag ich sie alle. Vielleicht liegt meine Zuneigung auch genau daran, am gewissen Realismus, der die Serie und die Figuren auszeichnet. Irgendwie wirkt für mich, als Außenstehender, alles so echt. Ja, so könnte es passieren. Solche Typen könnte man wirklich treffen. Alle haben Ecken und Kanten. Gute wie schlechte Seiten.

Aber wieso wurde diese Serie nun abgesetzt? Wurde sie nicht oft genug gestreamt? Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen. Amazon ist nicht auf die werberelevante Zielgruppe angewiesen, denn Werbung gibt es nicht im StreamTV. Exorbitant teuer kann die Serie auch nicht gewesen sein. Die Hauptdarsteller sind allesamt unbekannt und damit sicher günstiger zu halten, als zum Beispiel ein John Goodman, der in der anderen Amazon-eigenen Serie "Alpha House" mitspielt, welche aber um eine zweite Staffel verlängert wurde. An den Reaktionen kann es eigentlich auch nicht liegen. Die Serie hat bei imdb eine 7,3, einen Metascore von 69 und hier bei moviepilot auch eine 7,0. Für mich bleibt es ein Rätsel. Selbst WENN die Serie nicht genug gestreamt worden ist, muss das für Amazon wirklich ein Kriterium sein? Ich bin kein großer Fan von Endlosserien. Achte oder neunte Staffeln sind selten besser oder innovativer als zweite oder dritte. Die (wenigen) Fans, die die Serie hat, hätten sich über eine zweite, von mir aus abschließende, Staffel gefreut. Und so toll es ist, dass Amazon Serien produziert, es wird sicher niemand Primekunde für eine ihrer Shows, nicht für "Betas" aber auch nicht für "Alpha House". Wieso also die Entscheidung, die Serie nicht fortzuführen?

Also Amazon, das hier geht an Euch: Elf weitere Folgen, "Betas" braucht ein Ende, tut es!

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