In einem Interview mit Charlie Rose deutete Ben Gazzara einmal an, welche großen Rollen er im Laufe seiner Karriere ausgeschlagen hatte. Vielleicht hätte er dann die Berühmtheit seiner Altersgenossen James Dean und Steve McQueen erreicht, die ihr Handwerk ebenfalls im Actor’s Studio erlernten. Doch ein hätte, könnte, sollte ist im Falle von Ben Gazzara unnötig. Der Charakterdarsteller hinterließ auch so deutliche Spuren im Filmgeschäft und suchte sich nicht immer die einfachsten Projekte dafür aus. Am Freitag verstarb der 81-jährige an den Folgen von Bauchspeicheldrüsenkrebs.
1930 erblickte der Sohn italienischer Einwanderer das Licht der Welt in New York City und nach zwei Jahren des Ingenieursstudiums lockte dann doch die Schauspielerei. Ben Gazzara lernte zunächst beim berühmten deutschen Theatermacher Erwin Piscator, um später weitere Erfahrungen im Actor’s Studio zu sammeln. So gehört er altersmäßig zur zweiten Generation dieser Talentschmiede, etwas jünger als ein Marlon Brando, etwas älter als die späteren Helden des New Hollywood wie Al Pacino und Robert De Niro. Am Broadway feierte er unter der Regie von Elia Kazan in einem neuen Stück von Tennessee Williams große Erfolge, doch als das Casting für die Filmadaption anrollte, ging Ben Gazzara leer aus. Die Katze auf dem heißen Blechdach wurde stattdessen zum großen Hit für Paul Newman.
Seine Karriere führte Ben Gazzara dennoch in Fernsehen und Kino. Mit Rollen in Anatomie eines Mordes von Otto Preminger sorgte er für Aufmerksamkeit. Doch seine Glanzzeit erlebte der dreimal verheiratete Ben Gazzara in den späten 60ern und 70ern. Da drehte er mit seinem Freund John Cassavetes insgesamt drei Filme. Von denen setzte ihm insbesondere Die Ermordung eines chinesischen Buchmachers ein filmisches Denkmal. Da schreien nicht die großen Gesten anderer Actor’s Studio-Kumpane nach Aufmerksamkeit, sondern da trägt der smoothe, aber nicht unterkühlte Gazzara den ganzen Film als glückloser Stripclub-Besitzer Cosmo Vitelli.
Auch in späteren Jahren blieb der ruhige Mime dem Kino erhalten. Viele mögen ihn als Jackie Treehorn aus The Big Lebowski in Erinnerung haben, andere kennen ihn womöglich aus Dogville von Lars von Trier oder den Episodenstreifen Paris, je t’aime, der ihn wieder mit der Cassavetes-Witwe Gena Rowlands vereint. Schon immer schien Ben Gazzara durch seine unauffällige Rollenwahl und sein ruhiges Spiel mehr dem Independent-Fach zugeneigt als seine Altersgenossen. Am Freitag erlag er im Alter von stolzen 81 Jahren in seiner Heimatstadt News York seiner Krebserkrankung.