Alles fängt an mit diesem alkoholisierten Country-Typen. Er gehört zum alten Eisen der Szene und spielt kleine Gigs in Bowlingscentern oder rustikalen Renterbars für günstiges Geld. Alle, die ihn mit Zwanzig fanatisch anhimmelten, sind nun Fünfzig Plus und wollen immer noch mit ihm schlafen. Er ergreift die Gelegenheiten, denn sein eigentliches Leben ist schon lange an ihm vorbeigezogen und er ist irgendwo dazwischen stecken geblieben. Seine besten Freunde sind nun bestenfalls Jimmy und Jacky und er pendelt von einem billigen Motel zum nächsten ohne jemals irgendwo anzukommen.
Dann trifft er dieses Mädchen, Reporterin aus einer Kleinstadt. Sie ist geschieden und hat einen Sohn und ihre eigenen Probleme. Dennoch lassen sie sich aufeinander ein und er versucht, mit seiner neuen Familie als Katalysator, sein Leben zu ändern. Es scheint eine Weile zu funktionieren, aber am Ende siegt sein altes Ich und er schafft den endgültigen Absprung in die Normalität nicht.
Es hätte wahrscheinlich ein ziemlich klägliches Ende genommen mit dem ehemaligen Country-Star, wäre er nicht eigentlich ein Genie des Songwriting.
Schließlich hatte er vor Jahren einen Schüler, der ihm ständig einen Auftritt vor einem echten, großen Publikum bescheren will, welchen er jedoch bisher vehement abgelehnt hat. Er ist in seiner Resignation doch ein stolzer Mann. Er schreibt aber diesen Song für ihn und zieht sich so aus dem Loch der tragischen Vergessenheit, indem er anerkennt, wer er ist, was sein Problem darstellt und dass er nicht dazu verdammt ist, bis an sein Lebensende in Armseligkeit dem Ruhm seiner vergangenen Tage nachzujagen.
Er bekommt das Happy End, dass er verdient. Er bekommt den Neuanfang, dem er sich so lange verweigert hat... Die Story des Bad Blake formt sich am Ende zu einem Anfang. Möglicherweise. Denn was wirklich gezeigt wird, ist nur der erste Schritt.
Es gibt gute Musik in dem Film. Der Soundtrack ist einer der besten, den ich je in einem Film gehört habe. Auch wenn man nicht auf klassischen Country steht, muss man doch der Sorgfalt und Liebe, die diesem Genre hier entgegengebracht wird, genug abgewinnen können, um den obligatorischen Hut zu ziehen und sich vor der Mischung aus Leichtigkeit und Schwermütigkeit der Szene zu verneigen. Eine alte Welt, eine Welt des Whiskeys und der Cowboyhüte. Sie wird hier der neuen Pop-Country-Gegenwart entgegen gestellt, der Künstlichkeit des Glanzes, die Bad Blake verborgen bleibt. Die Botschaft lautet, dass es sich nicht lohnt, in der Vergangenheit zu leben, denn man kann sie mitbestimmen, mit nur einem kleinen Schritt die diese Gegenwart. Wenn Bad Blake ganz am Anfang seinen ersten Song singt, beginnend mit den Worten „I used to be somebody, but now I am somebody else“, wird hier bereits der Ansatz dafür getan. Er hat es nur selbst noch nicht verstanden.
Jeff Bridges schafft es, diese Rolle nicht nur zu spielen, sondern zu leben. Es gibt kaum einen Film, in dem er es schafft, so alt, so verbraucht, so hoffnungslos und desillusioniert die Realität eines Charakters wiederzugeben, der sich von der Zukunft schon verabschiedet hat, wie in diesem Film. Seine bisher beste Leistung wurde prämiert und gefeiert und überstrahlt die seiner (ebenso talentierten) Co-Stars bei weitem. Aber Jeff Bridges ist ein betrunkener alter Cowboy. Wenn ich nicht vorher schon ein fanatischer Fan gewesen wäre, so hätte sich dies ab diesem Zeitpunkt geändert. (Dennoch bin ich froh, dass sich das Rollenbild, dass er seitdem eine Zeit lang inne hatte, nicht so sehr auf diese Charakterfigur beschränken sollte, wie man damals glaubte.)
Dieser Artikel ist eine Hommage an Bad Blake. Dieser Artikel ist eine Hommage daran, einen Schritt in die richtige Richtung zu tun, weiterzumachen, ohne hängenzubleiben.Ein Neuanfang ist immer möglich, man muss nur den ersten Schritt gehen. Ein Neuanfang ist nie verlustfrei und verläuft nie ohne Schmerz. Aber man kann sich aus jedem Dreck ziehen, solange man reflektiert und standhaft bleibt.
„And this ain't no place for the weary kind
And this ain't no place to lose your mind
And this ain't no place to fall behind
Pick up your crazy heart and give it one more try“
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