Das Ende der Wettbewerbszeit

15.02.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Berlinale, die Neunte
Shochiku Company / Concorde
Berlinale, die Neunte
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Es war soweit, fast alles geschah heute zum vorerst letzten Mal. Die Berlinale endet zwar erst in zwei Tagen, doch die Wettbewerbssichtungen sind vorüber. Zum letzten Mal konnte ich mir ein Bild davon machen. Und Abschied nehmen.

Ich versuche es, so wenig pathetisch wie möglich zu halten, doch nach den letzten neun Tagen, die ganz im Zeichen der Berlinale standen, fiel es mir und fällt es mir immer noch ein wenig schwer, das Ganze hinter mir zu lassen. Ich gewöhnte mich, trotz Müdigkeit, schnell an das tägliche Ritual: Die Akkreditierung um den Hals hängen (beachte: niemals lose in die Tasche! Das könnte einem die Pressekonferenz kosten), aus dem Haus gehen, die Potsdamer Arkaden entlang wandeln, die beschleunigten Schritte, wenn ich dem Berlinale-Palast näher kam, die Kontrolleure an den jeweiligen Eingängen, die einen inzwischen schon kannten und gar nicht mehr auf die Karte um den Hals achteten, das müde Schlürfen in den Saal und schließlich die Platzwahl: mittig, mittig. Heute tat ich dies zum letzten Mal, denn obwohl morgen noch eine Sichtung ansteht, ist die Zeit im Berlinale-Palast und die der Pressevorführungen aus. Auf dem langen Gang zum Kino fielen Rosenblätter, die Kontrolleure begrüßten mich mit einem Blumenstrauß, man nickte anerkennend, Christoph Waltz umarmte mich ein letztes Mal und das Essen und Trinken im Saal war erlaubt.

So hätte es aussehen können, stattdessen war es wie immer. Der Gang zum Kino, die Sitzfindung, das dämmende Licht und das Warten auf den nächsten Film. Der Tag begann dabei mit dem Sozialdrama Macondo, welches das Leben eines Jungen und seiner Familie in einer Flüchtlingssiedlung mitten in Wien thematisiert. Der Junge, circa 12 Jahre alt, ist mit seiner Mutter und seinen beiden jüngeren Schwestern aus Tschetschenien geflohen, nachdem der Vater im Kampf gegen die Russen gefallen ist. Die Vaterfigur versucht der Junge nun auszufüllen und findet sich dabei inmitten der entstehenden Konflikte aus der Übernahme von Verantwortung und dem Ausleben der Kindheit wieder. Eben dies behandelt der Film dann in aller Ausführlichkeit: es gibt, im Gegensatz zu Jack, der quasi den Wettbewerb für mich eröffnete, keine Dramaturgie, die es abzuarbeiten gilt, sondern lediglich der Fokus auf den kindlichen Kampf um Anerkennung und Fürsorge. Es ist die Stärke des Films, dass er nur beobachtet und das Kind quasi alleine walten lässt. Für meinen Geschmack war dies allerdings etwas zu trocken und kühl, was aber wiederum in das Konzept des inneren Kampfes des Kindes passte.

Doch die Diskussionen und Unterredungen nach dem Film beschränkten sich auf ein Thema: Wer wird bei der Preisverleihung ausgezeichnet? Ich, der sich aufgrund der fehlenden Sichtungen, vorher nie so wirklich mit dem Wettbewerb der Berlinale-Jahrgänge auseiandergesetzt hat, bin nun sehr gespannt. Durch die Berichterstattung vom Festival bekam ich die Möglichkeit, alle Wettbewerbsbeiträge zu sichten und obwohl noch zwei ausstanden, hatte ich meine Favoriten, wie ich gestern und vorgestern berichtete, bereits gefunden. Es fühlt sich gut an, die Verleihung (zumindest im Fernsehen) verfolgen zu können und eine Ahnung zu haben, wovon die Rede ist. Beziehungsweise wird es mir möglich sein, überrascht, erfreut und/oder enttäuscht zu sein. Schon vor der Sichtung des nachfolgenden Films hatte ich bereits die feste Meinung, dass dieser im Wettbewerb wohl kaum eine Rolle spielen dürfte. Gezeigt wurde eine neue Realfilmversion von Die Schöne und das Biest.

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