Der berührendste Film 2025: In Better Man wird Robbie Williams von einem Schimpansen gespielt (!) und das ist endlos unterhaltsam

02.11.2024 - 11:32 Uhr
Better ManTobis Film GmbH & Co. KG
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Anfang 2025 läuft ein Biopic über Robbie Williams im Kino, das ihn als Affen zeigt. Better Man ist endlos unterhaltsam, brutal ehrlich und so sympathisch, dass die Tränen fließen.

Wahnsinn und Genie liegen nahe beieinander, sagt man. Dann muss The Greatest Showman-Macher Michael Gracey den Genius zu Hause literweise gebunkert haben, als ihm die Idee für Better Man kam: Ein Biopic über Robbie Williams als Schimpanse, der wie ein Wahnsinniger herumflucht, Drogen nimmt und die Pop-Welt umkrempelt. Aber was nach einer völligen Schnapsidee klingt, ist einer der unterhaltsamsten und emotional packendsten Filme der letzten Jahre. Ab Januar 2025 läuft er im Kino, ich konnte ihn schon vorab sehen.

Robbie Williams als Primat: Darum geht's in Better Man

Better Man beginnt, wie so viele Biopics, ganz am Anfang: Robbie Williams (im Original gesprochen von Williams selbst und als Motion Capture-Vorlage verkörpert von Jonno Davies) wächst bescheiden im englischen Stoke-on-Trent auf. Sein Vater (Steve Pemberton) träumt davon, ein gefeierter Entertainer zu sein, verlässt aber früh die Familie. Liebe bekommt der Junge vor allem von seiner Mutter (Kate Mulvaney) und seiner Großmutter (Alison Steadman).

Schaut euch hier den Trailer zu Better Man an:

Better Man - Trailer (Deutsche UT) HD
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Sein Hang zu Musik und Theater führt ihn zur Boyband Take That, mit der er rauschende Erfolge feiert. Schließlich wirft ihn die Band wegen seiner Drogeneskapaden raus und er beginnt eine Solokarriere. Aber mit dem Erfolg wachsen auch seine Selbstzweifel, seine Arroganz und seine Neigung zum Exzess.

Better Man ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. 2003, zu Robbie Williams Hochzeiten, hätte dieser Film womöglich eine Menge Sinn ergeben. Aber jetzt? Robbie Williams ist nicht Taylor Swift. Und selbst knallharte Swifties würden bei einem Film die Stirn runzeln, der ihren Star in einen Schimpansen verwandelt. Graceys Biopic ist (und bleibt) ein Kuriosum.

Robbie Williams als Affen zu zeigen, ist ein Glücksgriff

Doch wer sich an der skurrilen Prämisse vorbei wagt, begegnet ab Minute 1 einem Film voller Charme. Regisseur und Co-Autor Michael Gracey inszeniert die Hauptfigur als eine Art liebenswerten Einfaltspinsel, der seiner Leidenschaft an Orte folgt, an denen jeder klüger zu sein scheint als er selbst. Seine Fröhlichkeit, seine Energie, seine Liebe zur Bühne wird ausgelacht oder ausgenutzt, bis er selbst in Arroganz und Zynismus versinkt.

Und in solchen Momenten entpuppt sich das Aussehen der Hauptfigur als Glücksgriff: Einem wilden Schimpansen verzeihe ich viele Barbareien, für die ich Menschen verurteilen würde. Wenn Robbie Williams im Trailer seinen Primaten-Look mit den Worten erklärt, er habe sich immer als etwas weniger entwickelt begriffen, dann spricht er über genau diese Stärke: Dieser Pop-Star, ob unschuldig oder herablassend, ob zärtlich oder verantwortungslos, ist eine Naturgewalt. Er ist ein Tornado, der sich stets verzweifelt nach dem Schaden umschaut, den er angerichtet hat.

Dank Animation ist die Hauptfigur sofort sympathisch

Dass die Hauptfigur zum Mitfiebern einlädt, ist nicht zuletzt ein Verdienst der visuellen Effekte. Das Gesicht des Protagonisten ist eine Karikatur, aber nur eine leichte. Die großen Augen erregen Mitgefühl, das Grinsen Wohlwollen. Die Technik erreicht nicht das Niveau des Planet der Affen-Reboots, ist aber präzise genug, um selbst flüchtige Emotionen sofort einzuordnen. Darum funktioniert auch der spitzbübische Humor oder die Angst des tierischen Helden. Diesen Affen habe ich in fünf Minuten ins Herz geschlossen.

Dass der Film dramaturgisch das Rad nicht neu erfindet, ist offensichtlich: Das Muster von Aufstieg und Fall vollzieht sich auf vorhersehbaren Bahnen über erste Erfolge, Exzess, Heilung und Aussöhnung. Gnadenlose Manager, Sex-Eskapaden, Drogenabstürze, Beziehungsimplosionen – das alles hat man zur Genüge im Biopic-Genre gesehen. Aber es ist Nebensache: Dieser fröhlichen, ungeschickten, naiven Hauptfigur folgt man gern, selbst auf ausgetretenen Pfaden.

Und anders als andere Genre-Verteter wie Bohemian Rhapsody, die das Schicksal ihrer Figuren beschönigen oder auf andere Arten verdrehen, ist Better Man zeitweise brutal ehrlich: Robbie Williams hat alte Freunde wie Dreck behandelt, geliebte Menschen gegen den Kokainexzess getauscht und Beziehungen mit größter Rockstar-Arroganz gegen die Wand gefahren, so suggerieren es zumindest die Szenen des Films.

Better Man ist ein bunter Fiebertraum, der zu Tränen rührt

Die aber womöglich größte Stärke des Films ist seine Optik: Better Man steckt voller knalliger Farben und rasanter Schnitte, die viele Szenen in einen visuellen Rausch verwandeln. In einer Unfallszene etwa wird das Hindernis plötzlich zur Wasseroberfläche, die der Wagen wie ein Projektil durchbricht und eine Art Traumsequenz in Gang setzt.

Insbesondere die Tanzeinlagen, etwa zum Song Rock DJ, entfalten sich wie aufwendige Gala-Nummern mit unzähligen Teilnehmenden und drängen zum Mitsingen und Mittanzen. Überhaupt weiß Gracey das Werk seiner Hauptfigur sehr effektiv einzusetzen. Er lässt Angels zu einer Begräbnisszene erklingen, und ich möchte diejenigen sehen, die hier nicht mit den Tränen kämpfen.

Am Ende bleibt Better Man ein einzigartiges Biopic und von vorne bis hinten ein Werk fürs Herz. Es wirkt mehr wie eine fantastische Tragikomödie als eine Filmbiografie. Indem es seine Hauptfigur wortwörtlich zum Affen macht, umgeht es viele ermüdende Diskussionen über Faktentreue.

Vielmehr ersetzt es die schwerfällige Bedeutsamkeit mancher Genre-Kollegen durch eine leichtfüßige Farbenflut, die immer fesselt, aber nie erschlägt. Womöglich verschwindet Better Man deswegen schneller wieder aus dem Gedächtnis als tragische Epen wie Elvis oder Walk the Line: Michael Gracey bevorzugt Witz und Tempo, tragische Momente dauern selten an und wiederholen sich nicht.

Better Man erhebt als Spektakel keinen Anspruch auf biografische Vollständigkeit. Da stellt sich umso mehr die Frage, was eigentlich dieser absonderliche, skurrile Film im Kino will. Augenscheinlich hat ihn niemand erwartet oder explizit herbei gewünscht.

Gerade, weil der Film so deplatziert wirkt, ist er auch so sympathisch: Er fuchtelt nicht mit dem historischen Zeigefinger herum, er erklärt nicht die Conditio Humana am Beispiel eines Rock-Stars, er versteckt sich auch nicht hinter einer ultrapräzise nachgeahmten Ära. Better Man reicht es, einfach gut zu unterhalten, und genau deswegen trifft er seine Hauptfigur perfekt.

Better Man startet am 2. Januar 2025 in den deutschen Kinos

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