Die Filmanalyse zu Lincoln

28.01.2013 - 00:00 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
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Was unser Filmanalytiker von Steven Spielbergs neuem Film “Lincoln” hält und ob die vielen Oscarnominierungen gerechtfertigt sind, seht hier in dieser Ausgabe der Filmanalyse.

Für 12 Oscars ist Steven Spielberg s Film Lincoln nominiert. Eine künstlerische Begründung dafür kann es nicht gegeben. Denn Spielberg liefert zwar gutes, ja perfektes Handwerk – aber leider keine große Kunst.

Der zweieinhalbstündige Film über die letzten Monate des legendären Präsidenten, in denen er um eine Mehrheit für den 13. Zusatzartikel der US-Verfassung zur Abschaffung der Sklaverei ringt, ist in seiner Detailversessenheit langweilig, in seiner Dialoglast ist er fast schon eine Zumutung. Grund für die Nominierungen ist wohl eher, daß hier der Mythos Lincoln und der Mythos Spielberg zusammentreffen. Daniel Day-Lewis kann sein schon oft gefeiertes Schauspiel unter dem historisch verbürgten Bart kaum entfalten, seine Filmgattin, gespielt von Sally Field, wäre mit ihrer expressiven Theatralität besser auf einer Opernbühne aufgehoben.

Einzig Tommy Lee Jones überzeugt als mürrischer Idealist – eine Rolle, die er nicht zum ersten Mal spielt. Über weite Strecken wirkt der Film wie ein animiertes Ölgemälde, das klassizistische Interieur unterstreicht dies. Wenn in die gründlich ausstaffierten Räume von draußen Licht einfällt, bekommt man den Eindruck (oder besser: man soll ihn bekommen), Gott selbst bediene den Scheinwerfer. Spielberg möchte mit seinem Kino die Welt erklären, er möchte Eindeutigkeit. Lincolns pragmatisches Verständnis von Politik überträgt Spielberg auf das Filmemachen: Keine Experimente! Keine Utopien! Die postmoderne These Lyotards, wonach es heute keine großen Erzählungen, keine eindeutigen Welterklärungen mehr geben könne, ignorierte Steven Spielberg von Beginn an seines Schaffens.

Im Jahre 2012 entbehrt diese weitergeführte Tradition des Hollywoodkinos der 30er Jahre (Paramount und MGM) nicht einer gewissen Komik. Bisweilen ist Lincoln nur noch ein Schritt von der Parodie entfernt. Doch Form und Inhalt reichen sich die Hände und letztlich geht es hier um die Frage: Idealismus oder Positivismus?

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