Cristiana Capotondi, David Rott und Martina Gedeck spielen die Hauptrollen in der Neuverfilmung von Sisi, dem von Xaver Schwarzenberger verfilmten ZDF-Zweiteiler. Im Interview sprechen sie über enge Kostüme, politische Rollen und die Einsamkeit der Herrschenden bei Hofe.
Drei Fragen an Cristiana Capotondi
Die Figur der Kaiserin Elisabeth ist für viele untrennbar mit Romy Schneider s Darstellung in Ernst Marischka s “Sissi”-Filmen der 50er-Jahre verbunden. Wie gehen Sie damit um?
Cristiana Capotondi : Ich fürchte mich nicht vor dieser Rolle. Ich bemühe mich, einen guten Job zu machen und will gar nicht mit Romy Schneider konkurrieren. Außerdem denke ich, es ist ein anderes Drehbuch. Wir wollen nicht nur eine Liebesgeschichte erzählen, sondern auch die mächtige und einflussreiche Seite von Sisi zeigen. Sisi ist eine von uns, sie ist eine ganz normale Frau und so modern, dass man meinen könnte, sie lebe heute.
Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet? Waren die Reitszenen eine Herausforderung für Sie?
Cristiana Capotondi : Ich habe mir natürlich die alten “Sissi”-Filme angesehen, die in Italien ähnlich wie in Deutschland jeder kennt, und ungefähr sechs Biografien gelesen. Am Ende habe ich mich fast schuldig gefühlt, dass ich so in ihrem Leben herumstöbere. Zum Thema Reiten: Mein Pferd schaute mich immer so an: “Ach, Du willst mich reiten? – ich will aber nicht”. Wir hatten keine so gute Beziehung.
Der Film lebt nicht zuletzt von den historischen Kostümen, allein Sisi trägt über 40 maßgeschneiderte Roben. Wie ist es, in solchen Kleidern zu schauspielern?
Cristiana Capotondi : Die ersten fünf Minuten habe ich die Kleider bewundert. Aber dann freute ich mich jedes Mal, wenn ich sie wieder ablegen konnte. Allein die Korsetts: Jeden Tag wurde ich enger geschnürt! Auf der anderen Seite helfen die Reifröcke und schweren Stoffe natürlich auch, in die Rolle und in die Epoche hineinzuschlüpfen.
Drei Fragen an David Rott
Kaiser Franz Joseph war ein ernster, schwer zu durchschauender Mensch. Wie sehen Sie Ihre Rolle?
David Rott : Franz Joseph ist eine Persönlichkeit mit drei unterschiedlichen Seiten: Zum einen ist er der Sohn, der von seiner machthungrigen Mutter Zeit seines Lebens instrumentalisiert wurde, zum zweiten der Liebhaber, Ehemann und Familienvater und zum dritten ist er die öffentliche Person, von der alle politischen Entscheidungen des Kaiserreiches abhängen, die im Korsett des höfischen Lebens atmen muss. Daraus ergibt sich eine Dynamik – und das ist letztlich das Futter für meine Rolle.
Der Kaiser verliebt sich in ein Mädchen vom Lande – wer ist diese Sisi?
David Rott : Sisi ist anarchistisch, weil sie sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt. Und sie ist eine sehr intelligente Frau, die – wie alle Mitglieder der Kaiserfamilie übrigens – wahnsinnig einsam war. Sie ist aus Liebe in dieses Leben hineingeraten und hat Franz Joseph täglich Liebesbriefe geschrieben. Das rührt mich.
Sisi erzählt eine Liebesgeschichte. Was ist anders als in den Ernst Marischka -Filmen?
David Rott : Unsere Geschichte ist mehrschichtiger, das ergibt sich schon aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gegebenheiten von heute und damals in der Nachkriegszeit. Unsere Geschichte versucht, direkter zu sein: Zwei Menschen heiraten gegen die Etikette aus Liebe, das war sehr ungewöhnlich. Viel stärker als bei den früheren “Sissi”-Filmen thematisieren wir die Politik, sozusagen als die Gegenspielerin der Liebe – Sisi greift irgendwann in der Ungarnkrise massiv in das politische Geschehen ein, ein absolutes Novum in der damaligen Zeit. Man kann die Filme nicht vergleichen, ich finde, man soll sie nebeneinander stellen.
Drei Fragen an Martina Gedeck
Wie nähert man sich solch einer Rolle?
Martina Gedeck : Zum Glück gibt es unzählige Briefe und Tagebuchaufzeichnungen der Erzherzogin Sophie, aus denen viel über sie und das tägliche Leben bei Hofe zu erfahren ist. Im Dienste des Kaiserreichs zu stehen, hatte für sie absolute Priorität. Gleichzeitig war das Privatleben, d.h. das Familienleben sehr ausgeprägt. So kalt, wie man sich das immer vorstellt, ging es dort gar nicht zu. Für sie war wohl das Wichtigste: das Wohl und Wehe ihrer Söhne. Sophie galt als Kopf der Familie, sie war es, die die Familie emotional zusammengehalten hat, die nach ihrem Ableben auseinanderbrach. Die Beschäftigung mit der wirklichen Sophie also, das Wissen um ihre Person, lasse ich in die Gestaltung einfließen; sie ermöglicht es mir, so Gott will, diese Frau aus dem starren Bild, das man von ihr hat, heraustreten zu lassen und dem herrschenden Klischee ein wenig Inhalt beizulegen.
Wie sehen Sie die Beziehung der beiden Frauen?
Martina Gedeck : Es war eine schwierige Beziehung, und das hat für mich stark mit der damaligen politischen Situation zu tun. Sophie vertritt eine sehr konservative Haltung und besteht naturgemäß auf Einhaltung der Regeln. Elisabeth möchte den Hof verbürgerlichen, was unmöglich ist (und zum Scheitern verurteilt; so zieht sie sich im Laufe ihres Lebens mehr und mehr vom Hof zurück und verbringt fast das ganze Jahr auf Reisen). Im Film wird der Konflikt zwischen dem Kaiserreich und dem erstarkenden Bürgertum durch die Beziehung Sisi/Sophie gespiegelt. Das Habsburgerreich geht dem Ende zu, diese Bedrohung spürt Sophie, und dagegen kämpft sie, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln. Andererseits gibt es im Leben der beiden Frauen interessanterweise entscheidende Parallelen: Beide müssen sehr jung an den Hof, Sisi ist 16, Sophie 19 Jahre alt, beide verlieren eine Tochter im Alter von vier Jahren, worüber sie untröstlich sind, und beiden stirbt ein erwachsener Sohn einen unnatürlichen Tod – Sisis Sohn Rudolf, der Selbstmord begeht, und Sophies Sohn Max, der hingerichtet wird. Insofern bin ich bei der Gestaltung der Rolle auch immer von einem Verständnis der Sophie für Elisabeth ausgegangen.
Wie war die Zusammenarbeit mit Xaver Schwarzenberger?
Martina Gedeck : Uns verbindet eine langjährige, erfüllte Arbeitsbeziehung. Es gibt da ein gewachsenes gegenseitiges Vertrauen, und deshalb ist die Arbeit für mich immer mit Leichtigkeit und Spielfreude verbunden. Ich schätze besonders seine Besonnenheit – die ist bei einem solchen Mammutprojekt Gold wert, dass er das Wesentliche einer Szene inszeniert und dass er im Rahmen klarer Vorgaben Räume schafft, die das Individuelle einer Figur (und eines Schauspielers!) zum Vorschein bringen.
Mit Material von ZDF.
Der zweite Teil von Sisi läuft am 20. Dezember 2009 um 20.15 Uhr im ZDF. Schaut doch in inser Fernsehprogramm ,was sonst noch Interessantes läuft.