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Die Stimmen der Stars

12.01.2022 - 08:00 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
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Moviepilot (Film ein Freund von mir)
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Die meisten der weltweit produzierten Filme werden nicht in deutscher Sprache gedreht. Haben die englischsprachigen Produktionen auf Grund unserer Schulbildung oftmals noch eine gute Chance verstanden zu werden, so bleiben uns die meisten der fremdsprachigen Filme ein Brief mit sieben Siegeln. Abhilfe schaffen vielfach Untertitel oder – so wie es zumeist gemacht wird – eine Übersetzung ins Deutsche, die dann von Schauspielern über den Originalton gesprochen werden. Somit wirken dann auch fremdsprachige Filme vertraut und wir können uns besser in die Geschichte hineinversetzen. Das funktioniert oftmals und besonders bei den höherwertigen Produktionen recht gut, doch auch hier gibt es wie im darstellenden Bereich Unterschiede. Und so möchte ich einmal einen Blick auf die Arbeit der Synchronstudios werfen, die uns fremdsprachige Filme verständlich machen.

Man sagt ja immer, dass die Wirkung eines Films zu zwei Dritteln aus dem Gehörten und lediglich zu einem Drittel den Bildern entspringt. Ich konnte das anfangs nicht so recht glauben, doch nach einigen Selbstversuchen bin ich nun auch davon überzeugt. Macht einmal folgenden Versuch: Dreht bei einem supergrusligen Horrorfilm den Ton leise oder ganz ab. Ihr werdet sehen, dass die Spannung plötzlich nur mehr halb so dicht ist wie bei lauterem Ton. Mitunter entlarven sich die Bilder sogar auch als einfach und stupide, und manchmal ist die ganze Stimmung mit einem Schlag dahin.

Kein Wunder also, dass auch die Stimmen der Darsteller einen großen Anteil am Gelingen einer Produktion haben. Ob grölender Zombie, säuselnder Liebhaber oder drollig brabbelnde Zeichentrickfigur – Stimme, Tonlage und Sprachmelodie müssen zu den dargestellten Szenen einfach passen, sonst verlieren die Figuren den Gutteil ihrer Wirkung. Eine Synchronisation kann daher einen Film adeln oder in die Tonne treten. In meinem Artikel möchte ich daher die unsichtbaren Geister hinter den deutschen Übersetzungen sichtbar machen.

Eines fällt zu Anfang gleich auf: Oftmals sind die Synchronsprecher nicht nur stimmlich, sondern auch physisch ähnliche Typen wie die Darsteller auf dem Schirm. So könnte etwa Peter Matic gut und gerne als Lookalike von Ben Kingsley durchgehen, dem er in über zwanzig Filmen seine Stimme lieh. Auch Manfred Lehmann, der oftmals Bruce Willis synchronisierte, verfügt über gewisse körperliche Ähnlichkeiten mit dem Hollywood-Star. Es gibt aber auch gegenteilige Beispiele, wie etwa Wolfgang Hess, der wegen seiner Reibeisenstimme vor allem bärbeißige und korpulente Darsteller synchronisierte. Selber war er weder bärbeißig noch korpulent, doch seine Stimme passte wunderbar zu Stars wie Bud Spencer (wie ich meine eigentlich sogar besser als dessen eigene Stimme), John Rhys-Davies und Michael Lonsdale.

Aber auch bei den Damen gibt es einige Beispiele für physische Ähnlichkeiten. Joseline Gassen, als Darstellerin eher unbekannt, synchronisierte etwa Stefanie Powers, Ellen Barkin, Linda Hamilton und Bette Midler. Besonders zu den ersten beiden besteht eine große Ähnlichkeit, man könnte die Damen durchaus für Schwestern halten. Auch Arianne Borbach, der Synchronsprecherin von Stars wie Cate Blanchett und Elisabeth Shue, kann man eine gewisse Ähnlichkeit zu diesen nachsagen.

Eines der weiteren Gegenbeispiele ist der von mir sehr geschätzte Norbert Langer. Er lieh seine markante und sympathische Stimme nicht nur Tom Selleck (zB. In „Magnum“) und John Nettles („Inspector Banaby“), sondern war auch die Stimme aus dem Off in „Wunderbare Jahre“. Konnte man mit John Nettles noch eine gewisse optische Übereinstimmung erkennen, so hatte er zu Tom Selleck keine wie immer geartete Ähnlichkeit. Trotzdem passte seine Stimme zu Selleck wie eine zweite Haut.

Natürlich kann man in einem Tonstudio an einer Stimme feilen und mit ein paar Einstellungen am Equalizer für die richtige Stimmlage sorgen. Es gibt aber auch unverwechselbare Stimmen, die man trotz Verfremdungen immer wieder erkennt. Hier ist an für mich erster Stelle Santiago Ziesmer zu nennen, dessen säuselnd-nasales Timbre neben vielen anderen Figuren sowohl für Steve Urkel (Jaleel White) in „Alle unter einem Dach“ als auch für SprongeBob Schwammkopf prägend war. Der ist mir in vielen Filmen aufgefallen, meist spricht er körperlich kleine und zart gebaute Menschen wie Michael Jeeter oder Kleinwüchsige wie Warwick Davies. Der bereits oben genannte Wolfgang Hess könnte hier Erwähnung finden wie auch Regina Lemnitz. Sie lieh ihre markante Stimme vor allem starken Frauenfiguren und -darstellerinnen wie Roseanne Barr, Whoopie Goldberg, Kathy Bates und Conchata Farell, die in „Two and a half Men“ die Haushälterin Berta verkörpert. Jederzeit wiedererkennen würde ich auch die Stimme von Peer Augustinski, der neben einigen anderen auch Robin Williams synchronisierte. Dem einen oder anderen wird er auch als die Stimme des Flaschengeists „Dschinni“ aus der Disney-Produktion „Aladdin“ bekannt sein.

Jener Peer Augustinski bietet mir auch eine schöne Überleitung zum nächsten Unterthema, nämlich dem der herausragendsten Leistungen von Synchronsprechern. Hier fällt mir vor allem seine Leistung in „Good morning Vietnam“ ein, in der Robin Williams einen Radiomoderator spielt, der eine Radiosendung für die amerikanischen Truppen im Vietnamkrieg moderiert. Es war DIE Paraderolle für den Comedian, in der er sein außergewöhnliches Talent so richtig zum Einsatz bringen konnte. Die Parodien auf Politiker und sonstige Zeitgenossen verlangten Augustinski sicherlich einiges ab und er löste die Aufgabe mit Bravour. Auch Williams würdigte dessen Leistung, indem er ihm eine Replik der Oscarstatue schickte, die er für „Good Will Hunting“ gewonnen hatte. Aber auch Stefan Friedrich, der Synchronstimme von Jim Carrey, wurde sicherlich vor einige Herausforderungen gestellt, hatte letzterer doch viele recht extreme Rollen. Trotzdem schien sich Friedrich mit diesen ungewöhnlichen Aufgaben durchaus wohlzufühlen, so sprach er etwa auch Jar Jar Binks in der Star-Wars- und der Clone-Wars-Reihe.

An einem kommt man jedoch nicht vorbei, wenn es um Synchronisation geht. Ihr wisst sicherlich schon, wen ich meine: Rainer Brandt, den „Erfinder“ des Schnodderdeutsch. Dabei war sein Erfolg weniger seiner Arbeit als Synchronsprecher selbst, sondern seiner Eigenschaft als Dialogregisseur zu verdanken. Er rettete nicht nur die Serie „Die 2“, die in England im Original Schiffbruch erlitten hatte, sondern peppte neben vielen anderen Serien auch „M*A*S*H“, „Department S“ und „Alle unter einem Dach“ soweit auf, sodass diese im deutschen Sprachraum deutlich mehr Erfolg hatten als im Herstellungsland. Das ist insofern erstaunlich, als dass mit der Brand´schen Synchronisation die Qualität nicht nur gehalten, sondern sogar übertroffen wurde, denn das Schnodderdeutsch kam überwiegend gut an. In späteren Jahren übertrieb er es aber auch, etwa bei den Adriano-Celentano-Filmen „Bingo Bongo“ und „Der Brummbär“. Da schien seine Ära dann zu Ende gegangen, das Publikum hatte genug davon.

Besonders Zeichentrickfilme und -serien stehen und fallen oft mit den Stimmen der Figuren. Wer kann sich nicht an die empörten Sager eines Duffy Duck (Gerald Schaale) erinnern, die dieser als Nebenfigur von Speedy Gonzales murrend und feucht-lispelnd von sich gab. Herrlich fand ich immer auch die vorwurfsvollen Kommentare der „blauen Elise“, wenn sich diese dumme Ameise einfach nicht fressen lassen wollte. Die sehr markante, altjüngferliche Stimme lieh ihr Marianne Wischmann. In diesem Zusammenhang fällt mir auch die Zeichentrick-Serie „Wickie und die starken Männer“ aus den siebziger Jahren ein. Hier wurde eigentlich jeder Charakter stimmlich bestens getroffen und sehr gut gesprochen. Aber auch Bart und Lisa Simpson wären deutlich weniger eindrücklich ohne ihre sehr guten Synchronstimmen von Sandra Schwittau (Bart) und Sabine Bohlmann (Lisa). Während die Sprecher der anderen Figuren im Laufe der Zeit wechselten, behielten die beiden gottseidank ihre Figuren bei.

Eine der besten Leistungen im Zeichentrick-Bereich ist für mich die tonale Umsetzung der Figuren in dem Katzenkrimi „Felidae“. Produzent Hanno Huth hatte es geschafft, einige namhafte deutsche Darsteller ans Mikrofon zu holen, was für mich auch den Erfolg des Streifens ausmacht. Grafisch war er ja nicht so sehr auf der Höhe, doch die Stimmen von Ulrich Tukur, Klaus Maria Brandauer, Mario Adorf, Helge Schneider, Uwe Ochsenknecht und der in diesem Artikel bereits mehrfach erwähnte Wolfgang Hess machten den Film zu etwas Besonderem. Die dramatische und sogar gruslige Handlung, gepaart mit den eindringlichen und bekannten Stimmen stellt für mich die bislang beste Verbindung von Bild und Ton dar.

Es gibt jedoch auch negative Beispiele. Bei vielen B-Produktionen wird auch bei der Synchronisation nur wenig Geld in die Hand genommen und das zieht diese oft noch zusätzlich herunter. Dabei möchte ich die mangelnde Qualität aber nicht ausschließlich den Sprechern zum Vorwurf machen, oftmals ist es die fehlende oder schlecht eingesetzte Tontechnik. Es ist nun mal ein Unterschied, ob in einer engen Kammer, einer Höhle oder im Freien gesprochen wird und der Sprecher eventuell noch Straßenlärm zu übertönen hat. Bei Rufen ist es entscheidend, wie weit weg der Rufer sich befindet und welche Geräusche es in der Umgebung gibt. Man kann vieles mit Hall, Echos und einem Equalizer nachempfinden, ohne diese oder falsch eingesetzte Technik sieht es leider düster aus. Als Zuschauer merkt man relativ schnell, dass hier etwas nicht passt, kann aber oftmals nicht sagen, woran es liegt. Dann kreidet man den schlechten Effekt bald mal den Darstellern an, die oftmals jedoch nichts dafürkönnen.

So gesehen sind Übersetzungen und das Synchronsprechen oftmals undankbare Aufgaben, da eine schlechte Arbeit sofort erkannt wird, eine gute jedoch oftmals ohne Reaktion bleibt, da diese nicht weiter auffällt. Man kann sagen, dass wenn die Synchronisation nicht negativ ins Gewicht fällt, diese gelungen ist. Den Ruhm dafür heimsen jedoch andere ein.

Viele Cineasten schauen Filme ausschließlich im Original, auch wenn das bedeutet, nicht jedes Wort verstehen zu können oder mühsam Untertitel lesen zu müssen. Sie empfinden die Synchronisation als aufgesetzt und übertrieben. Ich selbst habe mir bekannte Filme im Original angesehen (da wog die mangelnde Sprachkenntnis nicht so schwer) und kann diesen Effekt bestätigen. Oftmals ist es eine Frage der Lautstärke und der Tonqualität. Steven Spielberg war jedoch begeistert von der besseren Tonqualität der Synchronisation und lässt viele Szenen von den Originaldarstellern im Tonstudio nachsprechen um ebendiese Qualität bieten zu können. Die meisten fremdsprachigen Regisseure gehen allerdings nicht so weit.

Vielleicht gedenkt man ja einmal den vielen unsichtbaren Sprechern und bewertet deren Leistungen bei den Kommentaren extra. Es gibt ja noch viele andere als die hier genannten, die es verdient hätten, erwähnt zu werden.

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