Die Vision fehlt im Biopic Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen

24.09.2009 - 09:15 Uhr
Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Concorde
Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
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Wieder bietet uns Margarethe von Trotta eine Emanzipationsgeschichte: Nach Rosa Luxemburg und Gudrun Esslin schaut sie auf die große Mystikerin des Mittelalters. Überzeugt hat sie die Filmkritiker allerdings nicht.

Wer ins Regal eines Reformladens schaut, kann sie entdecken: Salben von Hildegard von Bingen, Kräuterchen, Bonbons. Wer sich über das Leben der Nonne aus dem Mittelalter informieren will, findet schnell einschlägige Seiten, die eben diese Produkte anbieten. Aber die Wenigsten wissen mehr über die Frau aus dem Mittelalter, die sich in der düsteren Zeit gegen viele Männer behaupten konnte. Einen Film über die Äbtissin, Visionärin, Naturheilkundlerin und Komponistin Hildegard von Bingen gab es bisher noch nicht. Das hat nun Margarethe von Trotta nachgeholt, die sich damit weiter einem ihrer Lieblingsthema widmet: den Emanzipationsbestrebungen deutscher Frauenpersönlichkeiten. Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen kann die Filmkritiker allerdings nicht überzeugen. Hier einige Stimmen zu dem Film.

Als mystisches Biopic bezeichnet Christina Tilmann vom Tagesspiegel den Film, der zwar mit einer großen Hauptdarstellerin (Barbara Sukowa) aufwarten kann, aber in den Nebenrollen völlig fehlbesetzt ist. “Da muss der athletische Heino Ferch, der geistiges Tiefgründeln nicht unbedingt ausstrahlt, als Hildegards Grammatiklehrer posieren, Devid Striesow darf sich für einen Kurzauftritt als Barbarossa Bart und Wampe zulegen, und nur der Wildfang Hannah Herzsprung bringt in der schwierigen Beziehung der jungen Richardis zu ihrer Mentorin Naivität und Schwärmerei, Ehrgeiz und Eigensinn überzeugend zum Ausdruck. Dass Hildegard in ihrer Freundschaft zu weit geht, Richardis’ Versetzung nicht erträgt – das ist so ziemlich der einzige eindrückliche Moment in diesem Film, der seiner Figur nicht näherkommt als bis an die menschliche Klostermauer. Der Rest ist Klausur.”

Eine Emanzipationsgeschichte von der Trotta-typischen Frau sah Hanns-Georg Rodek von der Berliner Morgenpost. Leider fehlt der Regisseurin Margarethe von Trotta "letztlich eine klare Vision ihrer Protagonistin; stattdessen wirft sie uns viele Hildegard-Häppchen hin: Wir sehen sie ihre Heilkunst praktizieren, eines ihrer Singspiele wird aufgeführt, und im Hintergrund schwebt immer der Gottesbezug, der all ihre Handlungen motivierte. Genau davor, vor der Erklärung dieser historischen Figur durch ihren absoluten Gottesglauben, schreckt Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen zurück, weil dies nicht der Glauben der Margarethe von Trotta und schon gar nicht der ihrer Geldgeber ist. So bekommen wir “Hilde light” zu sehen, ein Energiebündel, dessen Energiequelle unerforscht bleibt."

Magnus Klaue vom Freitag sagt es unumwunden: Der Kritiker sah mit Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen verklärte Heiligendarstellung und krude Anbiederung in einem. “Es ist, als solle der Kinosaal qua cineastischer Hypnosearbeit in eine sittsam-dröge Schule für höhere Töchter verwandelt werden. Entsprechend wird auf der Leinwand nicht gespielt, sondern deklamiert und geraunt, Gefühle werden nicht darstellerisch zum Ausdruck gebracht, sondern gefrieren zu Posen, ohne dass aus solcher Künstlichkeit – wie bei Carl Theodor Dreyer oder Luc Besson – eine schlüssige Form entstünde. Das Ergebnis ist klischeehaft wie ein Unterhaltungsfilm, aber ohne Spannung, asketisch wie ein Kunstfilm, aber banal wie eine Fernsehproduktion.”

Wenn Ihr Euch Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen anschauen wollt, dann schaut doch in unser Kinoprogramm. Hier könnt Ihr Euch schon mal beim Trailer ein Bild machen.

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