Batman v Superman: Dawn of Justice ist ein Tentpole-Film, also per Definition dafür entworfen, weltweit auf maximalster Größe verbreitet zu werden und dabei den maximalsten Profit einzufahren. Um ein Tentpole zu sein, muss ein Film vor allem eines sein: massenkompatibel.
Und hier wird es spannend, denn solch eine weltweite Kompatibilität führt dazu, dass die filmischen Welten, Figuren und die Erzählung sich auf sehr konservative Werte zurückziehen, von denen man als Macher irgendwie annimmt, dass sie der Norm entsprechen. Das ist natürlich kein Abbild einer weltweiten Norm, sagt aber doch recht viel über die Hersteller des Werkes und deren Idee von Normalität aus, die ganz oft nebenbei und im Hintergrund abgespielt wird und einem beim Sehen eigentlich gar nicht so bewusst ist.
Umso spannender war es also für mich Batman v Superman im Kino zu sehen und wirklich bewusst darauf zu achten, was das denn für eine Welt ist, die dieser Tentpole-Film weltweit vermittelt.
Achtung, Spoiler für Batman v Superman:
Stahl, Beton und Glas
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Egal ob Metropolis oder Gotham City, beide Städte sind kaum unterscheidbare Klone aus Hochhäusern und völlig anonymen Straßenzügen: Alles in diesem Film scheint aus kalten Stahl, grauem Beton und Glas zu sein, fast jeder urbane Ort in diesem Film ist austauschbar. Es gibt keine Natur, nur ein bisschen Wasser ist noch übrig. Einzige Ausnahme ist Bruce Waynes Glashaus. Wahrscheinlich soll diese Umgebung einen dunklen Grundton vermitteln. Allerdings steckt in ihr auch eine sehr subtile Idee von totaler Austauschbarkeit und grundsätzlicher Öde urbaner Gebiete. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es viel Literatur zur Idee, wie sich der Mensch durch die zunehmende Anonymität und Automatisierung in der Stadt immer mehr vom Menschsein entfremdet und untergeht in einer Masse. Zack Snyder lässt diese dystopischen Ängste in diesem Film wahr werden, denn seine Grundeinstellung zu den Orten, an denen Batman v Superman stattfindet, überträgt er auch auf die Menschen dort.
Passive Menschenmassen
Ja ja, es sind nur Statisten, aber ich fand es unglaublich, wie sehr der Film und seine Helden die Menschen, die sich um sie herum bewegen, ignoriert. Zwar thematisiert Batman v Superman, wie viele Unschuldige in Man of Steel getötet wurden, und lässt ab da gelegentlich vor großen Kämpfen eine Figur sagen, dass am Ort des Kampfes niemand ist, und doch, BvS schert sich einen Scheißdreck um "das Volk". Nicht nur das, er inszeniert es auch als grundsätzlich passive Masse, die stets Ansagen braucht bzw. die jederzeit geopfert werden kann, um als Katalysator für eine weitere Heldenentwicklung herzuhalten. Hierbei geht Snyder sogar weiter als der klassische russische Montagefilm, der ganz nach der kommunistischen Idee des Kollektivs auch gern mit anonymen Menschenmassen gearbeitet hat. Aber selbst Eisenstein hat diesen immer noch bestimmte Individualitäten gegeben und deren Auslöschung, wie zum Beispiel in Panzerkreuzer Potemkin, einen inhärenten politischen und moralischen Sinn gegeben.
Demokratische Prozesse
Batman v Superman hingegen benutzt und tötet sein urbanes Kollektiv beliebig und ohne Grund. Er gibt ihnen nicht einmal Platz und Zeit dafür. Einzige Ausnahme ist die Szene am Anfang, als Bruce Wayne in die 9/11-Staubwolke rennt, um seine Mitarbeiter irgendwie zu retten. Hier sterben Menschen, off-camera, um seine Wut anzuheizen und einen Grund für die Opposition zu Batman zu geben. Aber vor allem hier stören mich zwei Dinge ganz massiv. 1) Das Waynsche Arbeitskollektiv ist so passiv, dass er, der Chef und Übervater, erst sagen muss, dass sie den Ort der Gefahren verlassen sollen. 2) Das kleine Mädchen, das mich total an Steven Spielbergs moralisches Stand-in-Mädchen im roten Mantel in Schindlers Liste erinnert, hat weder einen Namen, noch eine kleine Geschichte (Wer ist sie? Wo kommt sie her? Wer ist ihre Mutter? Was macht sie überhaupt am Arbeitsplatz ihrer Mutter? Wo geht sie hin?). Ihre Mutter, die gerade zum Zwecke der Bewutung Batmans verstorben ist, bleibt sogar ein Phantom. Sie ist nur "die tote Mutter", die Waynes eigenes Trauma triggert.An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
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Batman v Superman macht keinen Hehl daraus, dass er versucht eine Metaebene zu eröffnen, die die Frage von Demokratie in einer Zeit übermächtig scheinender Bedrohung verhandelt. Der Film spielt 18 Monate nach dem Endkampf von Superman und Zod, also zwei Außerirdischen (Ausländern), die die Stadt in Schutt und Asche legen, Tausende töten und quasi ihren eigenen 11. September 2001 veranstalten. Nur eben mit der Ambivalenz, dass Superman ja auch so eine Art Held ist, der für die passiven Menschenmassen kämpft. Interessant fand ich, dass BvS hier nicht einfach nur Pegida ähnliche Zustände und Alien-Rassismus zeigt.
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Auch 18 Monate später ist sich das Land nicht einig, ob Superman Retter oder Bedrohung ist und verhandelt das noch aus. Spannend sind hier auch die Anhörungen und Versuche Superman in demokratische Prozesse und Debatten mit einzubinden. Allerdings bleiben diese Versuche rein oberflächlich und basieren nur auf Fragen, die nicht beantwortet werden, Diskussionen, die angefangen, aber immer unterbrochen und letztendlich völlig ausgehöhlt werden. Zur Not mit der Kraft von Terroranschlägen.
Nach dieser Ansprache werden alle in die Luft gejagt. Spätestens ab hier sind die einzigen Figuren, die noch über die Idee von Demokratie sprechen, diejenigen, die sich völlig undemokratisch verhalten: Lex Luthors (Jesse Eisenberg) Idee von Demokratie ist jeden (außer ihn selbst), der zu mächtig und damit ein "Tyrann" nach DDR-Vorbild (echt jetzt?) werden könnte, auszuschalten. Batmans Idee von Demokratie scheint überhaupt nicht vorhanden zu sein. Er benimmt sich in der Tat eher wie ein selbstgerechter Tyrann. Er brandmarkt Opfer, tötet ohne Probleme und immer mit ein wenig sadistischem Spaß ("Kannst du bluten?") und will Superman vernichten, weil er in ihm einen selbstgerechten Tyrannen sieht. Also sich selbst im Spiegelbild nur bemerkt er das nicht. Aber es ist leichter einen Außerirdischen (Ausländer) dafür die Schuld zu geben. Das ist klassischer Rassismus.
Superman selbst wäre hier eine interessante Variation gewesen, kommt er doch per se gar nicht aus dieser Welt und braucht auch in keiner Weise eine Demokratie, da er Macht hat. Sein Verhalten basiert einzig auf der Ambivalenz zwischen Macht und der in ihm durch seine irdischen Eltern installierten Idee von Moral. Aber letztendlich wird diese Idee ebenfalls einfach zugunsten von Action fallen gelassen. Nicht ohne jedoch wenigstens drei oberflächliche Sätze darüber verloren zu haben, die dem Film einen Anschein von Tiefgründigkeit geben sollen.
Die ganzen Ideen von Demokratie, und das ist dann doch sehr nah an der Wahrheit, gehen am Ende in albernen Diskussionen ohne Bedeutung unter und werden mit Waffen beerdigt. Ist es nur mir so gegangen oder benutzen unglaublich viele Figuren in diesem Film eine unglaubliche Anzahl von Schusswaffen? Wieso schießen alle in einem Superhelden-Film?