Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind, sondern wird auch eine DVD in den Player geschoben, die Kinder- und Erwachsenenaugen gleichermaßen zum Erstrahlen und die Lachmuskeln zum Anspannen bringen wird. Egal, wie frustriert, traurig, deprimiert, niedergeschlagen, wütend, enttäuscht oder wie auch immer ihr euch fühlt, bei diesem Film wird euch vortrefflich warm ums Herz werden und selbst der größte Weihnachtsmuffel wird letztlich seine rotweiße Zipfelmütze aus dem Schrank nehmen, sie abstauben, vielleicht vorher nochmal waschen und dann aufsetzen. Dabei geht es hier so gar nicht besinnlich zu. Eher von Sinnen.
Schöne Bescherung ist im deutschsprachigen Raum einer DER Kultfilme zur Weihnachtszeit, der Jahr für Jahr immer aufs Neue ein Lächeln ins Gesicht vieler Familien zaubert. Das Erstaunliche hierbei ist, dass er eigentlich eine Fortsetzung des im amerikanische Raum bekannteren Filmes Die schrillen Vier auf Achse darstellt, der wiederum bei uns der unbelanntere Film ist. Ich selbst habe ihn noch nicht gesehen. Neben Der kleine Lord sicherlich der Weihnachtsfilm, der im Entstehungsland am Wenigsten Traditionscharakter hat. Dafür wird einem bei uns Ist das Leben nicht schön? eher nicht bei einer Aufzählung der beliebtesten Weihnachtsfilme auftauchen. Eher wird er Cineasten bekannt sein. Aber ich schwafel' schon wieder. Was hat Familie Griswold an sich, das uns so sehr in Weihnachtslaune versetzt?
Alles fängt damit an, dass sich die vierköpfige Chaostruppe im Wald ein schönes Tannenbäumchen fällen will. Klar kann man auch einen Baum kaufen, aber sich persönlich einen auszusuchen, hat etwas Persönlicheres und Festlicheres. Das setzt natürlich voraus, lebend dort anzukommen und nicht schon auf halbem Wege auf der Autobahn unter fahrenden Rädern zerquetscht wird. Der ideale Baum, der "Baum Griswold" sozusagen, ist auch schon bald gefunden. Anders als Werkzeug zum Fällen. Aber das hält einen echten Griswold doch nicht auf, nein, und so wird Baum samt Wurzelwerk einfach schnurstracks ausgehoben und aufs Dach des Familienautos geschnallt. Dass das zu groß geratene Gemüse die Kapazität eines herkümmliches Wohnzimmers geringfügig überschreitet, ist auch kein Problem - Fensterscheiben in einem Stück waren immrr schon überbewertet.
Und dann geht es auch schon los: Bussis austauschend, Tratsch verbreitend und wild umherumarmend trifft die Bande des Schreckens alias Verwandtschaft auch schon ein. Um in diesem Haifischbecken zu überleben, hat sich Vater Clark etwas ganz Gefinkeltes ausgedacht: er will mit der grellsten und protzigsten Dekoration auftrumpfen. Tausende und Abertausende von Glühbirnen schwingen sich kunstvoll um das Haus und hüllt jede Ritze davon ein. Wäre man im Stande, das Ding auch noch zum Leuchten zu bringen, wäre es garantiert noch beeindruckender. Leider sind die Einzigen, die das helle Wunder zu sehen bekommen, die Nachbarn, denen bei all der Pracht vielleicht nicht das Hören, wohl aber das Sehen vergeht. Es sieht eben blendend aus. Selbst der unangekündigt und uneingeladdn erscheinende Cousin Eddie ist schwer beeindruckt von dem grellen Plunder. Und niemand schätzt ein gutes Weihnachtsfest wie er, wie er beim Entleeren seiner mobilen Toilette so munter leicht mit der Welt teilt: "Frohe Weihnachten! Das Scheißhaus war voll!"
Auch das Essen wird frei jeglicher Konventionen gegessen, denn neben einem wundervollen Gebet mit großer künstlerischer Freiheit überrascht auch die Konsistenz der Schuhsohle... ähm, Pute mit ihrer als leicht trockenen Textur. Doch ein echter Griswold lässt sich davon nicht beunruhigen, er ist nämlich fast schon so zäh wie der Truthahn und hält seinen Kopf immer nach oben. Außer freilich, wenn er hoffnungsvoll nach unten blickt, ob die Falltür zum Dachboden aufgeht und ihn herauslässt. Aber doch bietet gerade diese Rumpelkammer da oben so viele Erinnerungen an vergangene Weihnacht. Und auch der ein oder andere Waldbewohner hat beschlossen, sich am Fest zu beteiligen, weshalb es auch ganz gelegen kam, zuvor noch etwas zusätzliches Brennholz zu fabrizieren.
Das Versagen dieser liebenswerten Familie, allen voran das des Vaters Clark, macht auch dem verzweifeltsten Veranstalter für die Familienfeier Hoffnung: neben dem Chaos und der Verwüstung im Hause Griswald steht das eigene Unglück gleich tausendmal besser dar. Egal, wie schusselig, tollpatschig, unorganisiert, planlos, ungeschickt, verpeilt oder unfähig man auch beim Austragen einer Weihnachtsfeier man auch sein mag, man weiß genau: es kann nie schlimmer werden als das, was Clark Griswold aufgeführt hat. Dieser liebenswerte, gutmütige Kerl, der nur wollte, dass seine größere Familie ein schönes Weihnachtsfest feiern kann und so koloassal scheiterte, als mündeten seine Arme in zwei linken Füßen. Somit versagte Griswold zwar auf allen Ebenen bei seiner eigenen Verwandtschaft, aber kann einer Vielzahl an Familien Jahr für Jahr selbst eine schöne Weihnachts- oder schon Adventszeit spendieren.
In dem Sinne, es dauert zwar noch 23 weitere Tage, aber damit ihr schon auf dem Weg dahin in Festtagslaune kommt: Frohes Fest. Faules Fett. Fett und Faul. Froh Fett Faul. Sie mich auch.
---
Alle Texte zum Thema "Winter is Coming!":
Grimalkin: https://www.moviepilot.de/news/schnee-in-japan-161213
chita91: https://www.moviepilot.de/news/snowpiercer-keep-life-going-16204
Amarawish: https://www.moviepilot.de/news/das-kalte-herz-der-archetyp-der-schneekonigin-160528
Stefan Ishii: https://www.moviepilot.de/news/von-schnee-madchen-und-schwefelholzern-161604
ElsaWaltz: https://www.moviepilot.de/news/winterfilme-160972
Garcia: https://www.moviepilot.de/news/ballet-de-suburbia-eine-weihnachtsgeschichte-161865
Martin Canine: https://www.moviepilot.de/news/euch-allen-ein-faules-fett-161966
pleasant28: https://www.moviepilot.de/news/tick-tack-die-geschichte-einer-kuckucksuhr-16206
SmooliEntertainment: https://www.moviepilot.de/news/under-the-skin-da-wo-die-warme-wartet-162063
*frenzy_punk<3: https://www.moviepilot.de/news/oh-du-konsumrausche-162066
Radagast07: https://www.moviepilot.de/news/winter-is-coming-161346