Ihr alle dürft jetzt mal durchschnaufen, denn heute geht es nicht um Vampire, Werwölfe und unsexuelle Sexszenen oder gar um den Film, der von Träumen handelt, dessen Name aber nicht genannt werden darf. Wesentlicheres steht diese Woche im Mittelpunkt, und zwar die mögliche Entwicklung des Filmeguckens.
Der Aufreger der Woche beschäftigt sich diesmal mit der Frage, wie intensiv Filme in das Leben eindringen könnten und sollten.
Bilder ohne Umweg
Die Entwicklung der 3D-Technologie sollte uns ins Geschehen werfen, uns Filmfreunden das Medium näher bringen. Filme angucken sollte nicht weiter ein flaches Erlebnis sein, sondern die Zuschauer in eine andere Welt entführen. Inwieweit das bisher durch Werke wie Avatar – Aufbruch nach Pandora, Alice im Wunderland oder n/a funktioniert hat, ist ein Thema schier endloser Debatten. Nichtsdestotrotz schreitet der Prozess der Veränderung voran. Diese Woche hat Jenny in einem hervorragenden Artikel einen Blick in die Zukunft des Kinos geworfen. Dreidimensionale Hologramme könnten das Filmerlebnis künftig intensivieren, mittendrin statt nur dabei scheint das Motto zu sein. Bis dahin dürfte aber wohl noch einige Zeit vergehen. Viel näher da schon entwickelt ist der Einsatz einer Kontaktlinse, durch die Bilder direkt auf die Linse projiziert werden. Ein zwischengeschaltetes Gerät würde dadurch unnötig, ein äußerer Raum fällt weg.
Fiktiv ersetzt real
Bevor sich nun einige freuen, dass sie bald keine klobigen Bildschirme mehr brauchen oder die Sitzposition im Kino egal ist, da sich jeder nur eine Kontaktlinse ins Auge klemmen muss, sei noch angemerkt, dass bisher nur ein Prototyp existiert, der noch einige Probleme besitzt und vorerst auch nur für medizinische Zwecke gedacht ist. Doch was wäre, wenn die Entwicklung des Filmeguckens tatsächlich immer tiefer in die Realität der Menschen eindringt? Schon Hologramme birgen Gefahren in sich, da die Grenze zwichen Wirklichkeit und Fiktion nach und nach aufgelöst wird. Bilder, die direkt auf dem Auge erscheinen, entfernen den Rezipienten noch weiter von anderen Menschen, der reale Raum wird durch die Projektion eines fiktiven ersetzt. Muss es das Ziel von Filmen sein, die Zuschauer voll und ganz in ihre Welt zu versetzen?
Geteiltes Vergnügen oder isoliertes Erlebnis?
Dass Wissenschaftler ambitioniert Forschung betreiben und Filmemacher sich unter Umständen für die Ergebnisse interessieren, ist verständlich. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob es das ist, was den Film und das Filmerleben ausmacht. Die Entspannung, die wir im Kinositz genießen, wenn wir eben nicht aktiv sein müssen; die Möglichkeit, auch mal den Blick vom Geschehen abzuwenden, wenn wir in sozialen Kontakt mit unserem Mitzuschauer treten oder auch, wenn es mal zu gruselig wird; das Angucken des lachenden Partners beim gemeinsamen Filmabend. Dass die Gefahren der Isolation und des Wirklichkeitsverlustes ansteigen, sind Punkte, die in einer Diskussion über etwaige Veränderungen keineswegs vernachlässigt werden dürfen.
Viel Zukunftsmusik steckt hier drin, aber es ist nie zu früh, auf aufkeimende Probleme hinzuweisen. Mögliche Neuerungen werden anfangs, wie von Martin Scorsese, gerne bejubelt. Bedenklich wird es, wenn die Konsequenzen nicht berücksichtigt werden. Und ohne technologiefeindlich zu sein, muss es doch zu denken geben, warum insbesondere das Kino im Großen und Ganzen gleich geblieben ist. Vielleicht sind es die einfachen Vorzüge, die die Zuschauer noch immer locken. Und wenn das bei allem Voranschreiten der Technik stets bedacht wird, ist ein Aufreger der Woche zu diesem Thema künftig hinfällig.