Mit guten Filmen hat es Hollywood in letzter Zeit ja nicht so. Entweder gibt es Remakes, Sequels, Prequels oder einfach nur unoriginelle Geschichten, selten ist mal etwas dabei, was künftige Generationen noch abfeiern werden. Es sollte angenommen werden, dass mangelnde Qualität abgestraft wird, aber in den USA wachsen die Einnahmen trotzdem – und das ist entscheidend. Auf welchem Weg das Wachstum jedoch generiert wird, spricht eigentlich eben doch dafür, dass Kinobesucher die Schnauze voll haben.
Der Aufreger der Woche handelt von der Box-Office-Rechnung, die Profit über Zuschauerzahlen stellt.
Strammen Schrittes ins Verderben
Mathe ist schon was Tolles: 1 + 1 = 2. Das ist Wahrheit, das steht, da gibt es kein Vertun. Diesen schlichten Rechenvorgang beherzigt offenbar auch die US-Filmindustrie, denn der Erfolg eines Films wird durch die puren Einnahmen gemessen. Und die waren auch diesmal wieder höher als das Jahr zuvor. Also ist doch alles in Butter. Nein, eben nicht: denn gleichzeitig gingen auch 2011 die Zuschauerzahlen runter – zum vierten Mal hintereinander! Und wenn eines bekannt ist, dann die Tatsache, dass ein solcher Absturz eine Katastrophe bedeutet. Noch prekärer wird die Situation, wenn berücksichtigt wird, dass die Besucherzahlen in den US-Kinos seit 1997 nicht mehr so niedrig waren. Gestern standen wir vor dem Abgrund, heute sind wir einen Schritt weiter…
Rechnen für Fortgeschrittene
Wie kann es aber sein, dass auf der einen Seite Zuschauer abwandern, auf der andere sich aber der Profit erhöht? Die Antwort weiß wohl jeder: Das Zauberwort 3D ist dafür verantwortlich. Durch die dritte Dimension konnte auf den Kinokartenpreis ein saftiger Zuschlag erhoben werden, der direkt in die Taschen der Studios floß. Die freuten und freuen sich darüber natürlich, scheinen aber bis heute nicht begriffen zu haben, dass sie dabei sind, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln. Wären manche Leute in Mathe eben doch ein bisschen besser und würden nicht nur die basalen Rechnungen beherrschen, dann hätte sich folgendes Gedankenkonstrukt schon längst durchgesetzt: Wenn immer weniger Menschen ins Kino gehen, müssen, zumindest wenn ein stetes Plus auf der Einnahmenseite stehen soll, die Preise angehoben werden. Das bedeutet, dass die schrumpfende Gruppe der Kinogänger für ihr Hobby immer höhere Kosten zu tragen hat. Die logische Konsequenz: Die Zuschauerzahlen werden weiter sinken, da sich immer weniger Leute eine Karte leisten können bzw. sich eine leisten wollen. Und am Ende steht ein Zusammenbruch des kompletten Systems.
Geld auf anderem Wege
Das klingt zugegebenermaßen nach Kino-Apokalypse, aber dieser Kinosommer zeigte überdeutlich, dass es fünf vor zwölf ist. Es muss eine Lösung gefunden werden, um die Kinoflucht aufzuhalten. Finanziell können sich die Studios wohl noch locker über Wasser halten, denn durch DVD- und Blu-ray-Verkäufe werden selbst Flops noch zu Hits. Zum Beispiel ein Film wie Green Lantern spielte bei einem Produktionsbudget von etwa 200 Millionen Dollar weltweit zwar nur 216 Millionen in den Kinos ein, aber wir können davon ausgehen, dass der Heimvideomarkt da noch eine ordentliche Schippe draufpackt. Nicht umsonst ist Green Lantern Corps in Planung. Dienlich ist ein solches Denken allerdings nicht, denn zumindest im Kino wollten übermäßig viele Menschen schon den ersten Teil nicht sehen. Ziehen wir den 3D-Aufschlag ab, erkennen wir nämlich, wie arg sich Green Lantern in den Sand gesetzt hat.
Um die Leute wieder anzulocken und die Kinolandschaft nicht vor die Hunde gehen zu lassen, bedarf es in erster Linie eines: Mut. The Help ist so ein Beispiel. Bei uns ist der Film von Tate Taylor noch gar nicht angelaufen, aber in den USA sorgte er für volle Lichtspielhäuser. Das konnte vorher niemand ahnen, aber es hat sich letztlich doch gelohnt. Und viel wichtiger: The Help hat zahlreiche Kinobesucher angezogen. Ein Umdenken weg von reiner Einnahmenorientierung hin zu Kinokundenakquise ist der einzig richtige Weg, und rentabler ist er letztlich sehr wahrscheinlich auch. Und wenn diese Änderung vollzogen wurde, haben wir auch keinen Grund mehr, uns im Aufreger der Woche darüber zu mokieren.