Serien im Kino- Get Smart, Akte-X, Sex & the City und Co.

19.07.2008 - 08:01 Uhr
Kleiner Bildschirm, Große Leinwand
Montage: moviepilot
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THEMA » Vom TV auf die große Leinwand. Warum wir Serien lieben und uns fürchten sie im Kino zu sehen

Spielfilme sind toll. Sie begeistern und bewegen uns. Sie bieten Ablenkung, Anregung und Spaß für einen Abend. Doch was ist der beste Spielfilm gegen unsere Lieblingsserien?

Serien sind wie Freunde. In den besten Momenten tragen Sie uns auf Wolke 7 und selbst die schlechten Momente sind eigentlich noch ganz okay. Serien lassen uns mitleiden, mitfiebern. Wir lernen Charaktere lieben und hassen, gehen mit ihnen durch Höhen und Tiefen. Serien geben uns Beständigkeit und Geborgenheit. Sie bringen Struktur und Sicherheit, denn sie sind über Jahre für uns da.

Selbst sehnlichst erwartete Blockbuster wie Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels sind drei, vier Wochen nach ihrem Start vergessen, während die neue 24-Staffel Woche um Woche neuen Gesprächsstoff bietet. Serien begleiten uns, sie verbinden uns mit Gleichgesinnten, sie sind im besten Sinne Katalysatoren sozialer Interaktion.

Wer hat sich nicht schon für seine Lieblingsserie in die Bresche geworfen, Buffy gegen Charmed-Fans verteidigt, Star Trek gegen Babylon 5 oder Desperate Housewives gegen Sex & the City-Fanatiker in Schutz genommen. Wer hat nicht nach einem Season-Finale spekuliert, wie es weitergeht oder dem Start einer neuen Staffel entgegengefiebert. Serien sind für uns da, wenn wir einsam sind und bieten Gesprächsstoff unter Freunden. Sie bieten den Stammzuschauern ein emotionales Heim, wie es selbst die beste Spielfilm nur selten schaffen.

Und doch geht jede Serie einmal ihrem Ende entgegen. Sei es, weil die Quoten sinken, weil die Schauspieler keine Lust mehr haben oder – ganz selten – weil die Macher sich entscheiden, die Stories zu einem Ende zu führen, solange die Qualität noch stimmt.

Fans sind dabei stets in einem Zwiespalt: Ist es besser eine Serie möglichst lange zu behalten, auch auf die Gefahr hin, dass sie schlechter wird? Oder ist es besser dem Ganzen ein Ende zu machen, wenn es am schönsten ist? Und bleibt nicht trotzdem ein Gefühl der Leere und des Verlustes zurück, wenn eine über Jahre liebgewonnene Serie ihre letzte Folge erlebt und wir wissen, dass wir uns jetzt von den vertrauten Figuren verabschieden müssen?

Und dann ziehen die Jahre ins Land. Man sucht sich neue Serien, verliebt sich erneut. Vergisst die alten Freunde ein bisschen. Und plötzlich hört man: “Hey, es wird einen neuen Akte X-Film geben!” oder “Sie haben Mini Max verfilmt!” oder “Starsky und Hutch kommen ins Kino!”

Dann ist sie plötzlich wieder da: dieselbe zweifelnde Unsicherheit, die einen erwischt, wenn man nach zehn Jahren mal wieder zu einem Klassentreffen eingeladen wird. Werde ich die alten Freunde erkennen? Haben sie sich verändert? Habe ich mich verändert? Werden wir uns noch mögen?

Ein Spagat, nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für die Macher. Einerseits sollen die Elemente die eine Serie auszeichnen, die speziellen Qualitäten erhalten bleiben. Andererseits müssen Veränderungen sein, weil man auch das Kinopublikum begeistern möchte, das keine einzige Folge der Serie gesehen hat und nur zeitgemäße Unterhaltung erwartet.

Es verwundert daher kaum, dass auf jede gute Serienadaption auch mindestens ein Totalausfall folgt. Für jede Addams Family Values gibt es ein Mit Schirm Charme und Melone oder Wild Wild West. Für jede Fun-Adaption wie Naked in New York droht ganz sicher eine Trash-Gurke wie Lost in Space und für jedes Sex and the city kommt bestimmt ein Dragnet und The Saint.

Größtes Problem ist der vollkommen unterschiedliche Ansatz von Film und Serie, der eine erfolgreiche Übertragung auf die Leinwand vor grundlegende Probleme stellt. Vor allem Drama-Serien leben von ihren weit gespannten Handlungsbögen, von der Zeit, die man mit den Figuren verbringt. Filme haben nur die Zeit von zwei oder drei Serienepisoden, um ihre Story zu erzählen. Setup, Charaktervorstellung, Exposition, Haupthandlung, Showdown, Epilog – wofür sich Serienautoren stundenlang Zeit nehmen können, muss im Kino in wenigen Minuten auf den Punkt kommen. Und dabei bleibt oft genau das auf der Strecke, was den Reiz einer Serie ausmacht. Das komplexe Handlungsgewirr von Roseanne oder einer 11.Jahre laufenden Megaserie wie MASH, die Verwicklungen von Deep Space 9, Dallas oder gar Doctor Who zu kondensieren und fürs Kino aufzubereiten, ist nahezu unmöglich. Der erste Film zu Akte-X behauptete zwar auch eigenständig zu funktionieren, war im Endeffekt aber nur eine aufwendige Serienfolge, die Nicht-Fans ziemlich ratlos zurückließ.

Entfernt sich ein Film zu weit von der TV-Vorlage, sind die Fans unzufrieden, weil sie genau das nicht wiederfinden, was für sie das Herz ihrer Serie darstellt. Ist der Film aber zu nah an der Serie, wie beispielsweise The Simpsons Movie, dann bleibt die Frage: Warum sollte man sich das dann im Kino ansehen? Wo bleibt das “mehr”, die größere Dimension, die von einem Film automatisch immer erwartet wird?

Wie sehr darf ein Film eine Serie veralbern, ohne dass die Fans sich verraten fühlen? Die Scooby Doo- Filme parodierten die Serie und zitierten sie ausgiebig, wechselten jedoch oft auf eine sarkastische Meta-Ebene, die mehr als ironischer Kommentar, als zeitgemässe Umsetzung des verdienten Zeichentrickköters erschien. Die Fans fühlten sich veralbert, die Kritiker bemängelten den kindischen Humor und die Kinder kapierten die ganzen erwachsenen Gags nicht. Ähnliches gilt für die Kinofassungen von The BRady Bunch Movie der Serie, die im deutschen als Drei Mädchen und Drei Jungen bekannt wurde.

Ein Patent-Rezept, wie man es richtig macht, scheint da fast unmöglich. Oder, um es mit Bart Simpson zu sagen: “You damned if you do and you damned if you don’t”.

Dabei haben es Kino-Adaptionen von eher komödiantischen oder gar Zeichentrickformaten noch leicht, verbindet man mit ihnen doch oft eher trashige und alberne nostalgische Erinnerungen als echte emotionale Bindung. Wird hingegen intelligenter britischer TV-Kult wie The Singing Detective auf der Leinwand zu einem trägen und uninspirierten Star-Vehikel, verwandeln sich geistreiche TV-Meilensteine wie Mit Schirm, Charme und Melone in witz- und hirnlose Totalausfälle in Kino, dann hinterlassen sie oftmals verbrannte Erde, die dem Original schaden und ein mögliches Franchise dauerhaft beschädigen.

Nur selten gelingt ein Kinofilm einer Serie, der tatsächlich besser ist als die Vorlage. South Park war zwar immer frech und angriffslustig, aber grade die ersten Seasons verließen sich sehr oft auf die Variation erprobter Gags und der harmlosen Kocketerie mit Fäkalhumor. Erst die Freiheit des Kino ermöglichte ihnen in South Park die Grenzen der Serie zu sprengen und deutlich derbere, politischere und angriffslustigere Gags unterzubringen, die bis zu diesem Zeitpunkt im TV undenkbar gewesen wäre. Der Film wirkte als Befreiungsschlag, in dessen Gefolge auch die Serie neue Wege beschritt und sich deutlich weiterentwickelte.

Doch auch wenn das gesamte Original-Kreativ-Team einer Serie beim Film involviert ist – was keineswegs die Regel sein dürfte -, neue Dimensionen eröffnen Kino-Adaptionen von TV-Shows selten. Der Simpsons-Film mag lustig gewesen sein, aber mehr als eine überlange Serienfolge brachte er nicht hervor.

Mit Get Smart und Akte X-Jenseits der Wahrheit laufen jetzt zwei neue Versuche an, liebgewordene Serienhelden ins Kino zu transportieren und es bleibt abzuwarten, wie gut ihnen der Tanz auf dem Vulkan der Erwartungen gelingen wird.

Denn Serien-Fans sind nachtragend. Und enttäuschte Liebe führt oftmals zu sehr drastischen Reaktionen.

Doch auch wenn die Filme nicht alle Geschmäcker befriedigen können, ein Trost bleibt: Im Zeitalter der DVD darf man die Originale immer wieder neu entdecken. Wer den Film hasst, der kann sich immer noch mit den echten Staffeln aufs Sofa zurückziehen und seine alte Liebe neu entdecken.

Und das ist ja auch schon eine Menge wert.

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