Harold und Maude - Eine Ode an das Leben

25.07.2011 - 08:50 Uhr
Aktion Lieblingsfilm: Harold und Maude
Paramount Pictures/moviepilot
Aktion Lieblingsfilm: Harold und Maude
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In dem Film Harold und Maude geht es um die Liebe. Und Liebe – nämlich die zu diesem Film – ist es auch, die einen User veranlasst hat, diesen Text zu schreiben.

Wenn ein Film damit anfängt, dass in den ersten vier Minuten ein milchgesichtiger Halbwüchsiger mit der akribischen Ruhe eines tibetanischen Priesters seinen Selbstmord vorbereitet, kann das nur vielversprechend sein. Insbesondere in Anbetracht der Kurzbeschreibung des Plots: ein Zwanzigjähriger heiratet eine Siebzigjährige! Mit Ruth Gordon in petto kann das also nur eine Einladung in eine schwarzhumorige Hüpfburg sein.

Harold, besagter Jüngling, präsentiert sich zu Beginn des Films als lethargisch und in sich zurückgezogen, was größtenteils daran liegt, dass seine dominante Mutter in nicht atmen lässt. Sie hält ihn zurück im riesigen Schloss, das buchstäblich möbliert ist mit gesellschaftlichen Konventionen. Weshalb es die logische Schlussfolgerung ist, das Problemkind zum Psychiater zu schicken oder eine Partnervermittlungsagentur einzuschalten. Vivian Pickles spielt eine herrlich selbstbezogene Mutter, die rigoros versucht, mit ihrem vorgefertigten Antwortenkatalog für Erziehungsfragen die Probleme mit Harold passend zu machen.

In ihm jedoch pocht die Sehnsucht danach herauszufinden, wer er ist und was leben bedeutet, aber er hat noch keinen Weg gefunden, diesen Erfahrungsdrang zu befriedigen. Seinen bisher einzigen Kommunikationskanal gestaltet er konsequenterweise in der Inszenierung von möglichst drastischen Selbstmorden, um gegen seine Mutter zu rebellieren. So hackt er sich z.B. während eines arrangierten Dates vor dem Mädchen die Hand ab.

Dieses Portal nutzt Harold, um die Gefühlswelt seiner Mitmenschen zu erforschen. Als stiller Beobachter besucht er die Beerdigungen von fremden Familien, weil dort so viele Emotionen und Empfindungen freiliegen. Genau hier liegt einer der besten ironischen Brüche, wenn die Kamera aus dem Kreis der Trauernden herausfährt in Richtung der hinteren Reihen auf dem Friedhof, wo Maude im bunten Regenmantel genüsslich einen Apfel isst und zuschaut.

Diese Frau ist eine rotzfreche Göre, die sich nichts aus gesellschaftlichem Habitus macht oder Wert darauf legt, was ihre Mitmenschen von ihr halten. Ihre Betagtheit verleiht ihr eine gewisse Erhabenheit über die Dinge, sodass sie sich mit purer Freude an der menschlichen Existenz den kleinen Dingen widmet und jeden Tag aufs Neue zelebriert.

Mit ihrer Lebensenergie geleitet sie Harold in eine fantastisch verrückte Welt voller Musik, Farben und Sinneswahrnehmungen. Harold lässt sich gänzlich fallen und entdeckt gemeinsam mit Maude die Schönheit und die Bedeutung der Dinge. Die Motive Leben und Tod werden stets wie zwei Becken gegeneinandergeschlagen und erzeugen so eine wunderbar tragikomische Rhythmik. Das funktioniert deswegen so gut, weil die Hauptdarsteller unglaublich viel Aufrichtigkeit und Feingefühl in ihre Rollen geben. Und obwohl die Beiden so gegensätzlich sind – Harold mit seinen ersten Gehversuchen und Maude, die eigentlich schon alles gesehen hat – erwächst gerade daraus die Stärke, die den Zuschauer mitreißt.

Harold and Maude verdient das Prädikat Lieblingsfilm, weil ich mich jedes Mal, wenn Cat Stevens zum nächsten Song anstimmt, am liebsten sofort zu Harold und Maude gesellen möchte. Ich will gemeinsam mit ihnen Purzelbäume über die Wiese machen und Dreifachrunden mitten auf einer Kreuzung in einem geklauten Auto machen.

„Well, if you want to sing out, sing out
And if you want to be free, be free
‘Cause there’s a million things to be

You know that there are
And if you want to live high, live high
And if you want to live low, live low
‘Cause there’s a million ways to go
You know that there are.”


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