Wenn Stars Diktatoren hochleben lassen

22.10.2011 - 08:00 Uhr
Swank und Costner auf der Diktatoren-Party
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Swank und Costner auf der Diktatoren-Party
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Was gab es nur für eine krasse Meldung diese Woche! Tolldreist trieben es die Stars und Sternchen, haben dabei aber diesmal den Bogen überspannt und liefern damit einen Grund, sich ordentlich aufzuregen.

Sobald Menschen sich in die Öffentlichkeit begeben, erhöht sich ihre Vorbildfunktion automatisch. Dabei nehmen manche ihre Aufgabe ernster als andere. Keinesfalls akzeptabel ist es jedoch, wenn Promis mit einem Despoten fröhlich auf seinen Geburtstag anstoßen.

Da aber, wie die Feierlichkeiten des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow zeigten, sich nicht jeder Star seiner öffentlichen Rolle bewusst ist, muss darauf mal im Aufreger der Woche deutlich hingeweisen werden.

Ab nach Grosny
Tschetschenien ist nicht unbedingt dafür bekannt, ein traumhaftes Reiseziel zu sein. Die autonome Republik in Russland schafft es dennoch immer wieder, prominente Menschen anzulocken. So erst wieder vor ein paar Tagen, als Ramsan Kadyrow, seines Zeichens Präsident Tschetscheniens, seinen 35. Geburtstag feierte. In Scharen kamen die Stars und Sternchen in die Hauptstadt Grosny. Oscar-Preisträgerin Hilary Swank gab sich die Ehre, auch Kevin Costner, den wir in nicht allzu langer Zeit als Supermans Adoptiv-Vater in Man of Steel bewundern können, und außerdem noch B-Promi Jean-Claude Van Damme, dem eh ein sehr gutes Verhältnis zu Ramsan Kadyrow nachgesagt wird. Dazu trällerte Schmusesänger Seal noch ein Liedchen und Vanessa Mae fidelte sich einen ab. Per se wäre es nicht schlimm, wenn diese Stars bei einem Politikergeburtstag auftreten, allerdings ist Ramsan Kadyrow kein besonders netter Mensch. Genauer gesagt ist er ein Diktator, dem Menschenrechte ein Dorn im Auge sind und der mit Gegnern kurzen Prozess macht.

Volle Taschen statt Vorbildfunktion
Warum diese Prominenten die Einladung angenommen haben, dürfte kein großes Geheimnis sein: Sie bekamen allesamt einen dicken Batzen Kohle in den Allerwertesten gesteckt. Es ist nur allzu verständlich, dass mit Dollarnoten in den Augen die wahre Dimension eines solchen Auftritts nicht mehr zu sehen ist, aber wer seinen Ruhm der Öffentlichkeit zu verdanken hat, der muss doppelt und dreifach prüfen, an welchen Ereignissen er teilnimmt, denn es gibt so etwas wie eine Vorbildfunktion. Idealerweise sollte ein Sportler Fair Play vorleben, ein Politiker seriös sein und ein Schauspieler einen halbwegs seriösen Lebenswandel besitzen. Dass das manchmal nur suboptimal funktioniert, wissen wir alle und laben uns von Zeit zu Zeit auch daran, dass diese öffentlichen Personen Skandale produzieren. Aber die Grenze ist spätestens dann erreicht, wenn durch blinde Gier einem grausamen Despoten gehuldigt wird. Welches Bild vermitteln die Stars damit? Dass die Opfer dieses Machtmenschen sich nicht so haben sollen, da er ja eigentlich ein ganz feiner Kerl ist? Dass man überall mitmachen kann, auch wenn im Politischen einiges im Argen liegt?

Eine Reise zum Despoten
Es ist nicht das erste Mal, dass Stars einen Diktator besuchen. Von der Begeisterung, die Oliver Stone linksgerichteten Machthabern entgegenbringt, weiß die Welt schon seit langem. Offenbar hat er einige Promis mit seiner Liebe zu Venezuela und dem dortigen Staatspräsidenten Hugo Chávez angesteckt, denn Kevin Spacey, Danny Glover, Sean Penn und Naomi Campbell äußerten sich recht wohlwollend. Vom zweifelhaften Personenkult um Hugo Chávez und der Einschränkung der Demokratie sprachen sie nicht. Vor allem Naomi Campbell sollte irgendwann einmal dazulernen, musste sie doch wegen Blutdiamanten-Geschenken des liberischen Kriegsverbrechers Charles Taylor beim Prozess in Den Haag aussagen. Die Liste der Stars, die sich von Diktatoren hofieren ließen, ist noch um einiges länger und reicht von Sängerin Nelly Furtado beim libyschen Machthaber Muammar el Gaddafi bis hin zu Model Kate Moss beim “Máximo Líder” Fidel Castro.

Dass sich zumindest Hilary Swank mittlerweile für ihren Auftritt in Tschetschenien entschuldigt hat und ihn als großen Fehler bezeichnet, ist ein Anfang. Nicht alle Promis denken aber offenbar so, denn Seal schwafelte über Twitter davon, dass er für das tschetschenische Volk gesungen hätte und mit Politik eh nichts am Hut hat. Mal abgesehen davon, dass die Einwohner Tschetscheniens nicht an der Feier von Ramsan Kadyrow teilgenommen haben, wäre es weit besser gewesen, nicht dort aufzutreten und den Präsidenten öffentlich als das zu benennen, was er ist: Ein Monster. Die fadenscheinige Ausrede, sich politisch nicht einmischen zu wollen, ist geradezu Hohn, denn wenn man die Geburt eines Diktators feiert, ist das eindeutig ein politisches Statement – auch wenn manch ein Promi das nicht wahrhaben möchte. Keine Frage, diese Geschichte ist eindeutig der Aufreger der Woche.

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