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Ich und mein Bezug zur heutigen Filmwelt - eine Abrechnung

17.12.2014 - 13:14 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Buena Vista
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Als fast 30-Jährige ist man noch nicht alt. Schon aber in Bezug auf die Entwicklung des Kinos und allem, was dazugehört in den letzten zehn Jahren. Dies ist also meine Abhandlung dazu, aus welchen Gründen einem heutzutage der Bezug zum Film genommen wird, sowie die Planhaftigkeit, die den Zauber von damals übernommen hat.

Vor zehn, zwölf Jahren noch waren Filme alles für mich. Ich genoss meine meist wöchentlichen Kinogänge, den sehr speziellen Duft nach Popcorn dort und das Kribbeln im Bauch, wenn die Vorhänge aufgingen und sich die Energie auf die Zuschauer übertrug, die darauf warteten, den Film zu sehen.

Damals, ja damals, befanden wir uns noch in einer Zeit, in der Trailer Spannung erzeugten, nicht den Film im Schnelldurchlauf zeigten und die besten Szenen rauspickten, in der es keine Streamingportale gab, man nicht an jeder Ecke im Internet illegal die neusten Filme herunterladen konnte, die Kinogänger im Zuschauersaal noch den Film sehen wollten, anstatt ständig auf ihre Smartphones zu glotzen und eine Kinokarte noch einen einigermaßen bezahlbaren Preis hatte. Damals, das war die Zeit der DVDs und man zeigte stolz seine DVD-Sammlung und kaufte gern den Director’s Cut, weil der eine bessere Aufmachung besaß. Ja, damals...

Damals war ich noch ein Teenager und damit jemand, der sich leicht in die bunte Welt der Fantasie entführen ließ, sofern sie weit weg von der Realität stattfand. Wie passiert sowas heute eigentlich? Und: Kauft noch jemand Soundtracks, um sich das gute Gefühl nach einem gelungenen Kinobesuch noch einmal zu Ohren zu führen?

Dennoch muss ich sagen, dass der Zauber, den ich damals empfand, das Nachgefühl, dass mich noch für Stunden, Tage, wenn nicht Wochen begleitete, die Vorfreude vor einem neuen Film mit einem meiner Lieblingssakteure, von einem meiner Lieblingsregisseure, eine neue DVD-Erwerbung, auf die ich lange warten musste, dass das sich doch negativ verändert hat.

Mag sein, dass es am Älter werden liegt. Die Realität holt einen viel zu schnell ein und es ist nicht mehr möglich, sich so davon gefangen nehmen zu lassen, wie es damals der Fall war. Andere Probleme, andere Bedürfnisse nehmen den Platz der Suche nach sich selbst und der Inspiration und Mentorschaft des Films ein. Man „sieht“ jetzt anders, auch bei Filmen, die man in seiner Jugend für die Offenbarung hielt. Plötzlich ist alles grauer. Und doch, manchmal findet man ihn noch, einen Schimmer von damals, der einem zeigt, dass es noch nicht verloren ist.

Das hier soll kein „Früher war alles besser“-Jammerbeitrag sein, auch wenn ein Teil von mir dieser Zeit wirklich nachhängt, aber es ist ein Beitrag, der der Kinokultur etwas wehmütig nachwinkt, da die Zukunft wahrscheinlich ebendiese Stück für Stück in den Ruhestand schickt. Natürlich gab es immer schon Filme, nach denen man bereute, einen Fuß über die Schwelle des hiesigen Filmpalastes gesetzt zu haben, aber man „behandelte“ Filme an sich mit mehr Respekt als dies heute getan wird. Die Wegwerfgesellschaft des Films von heute konsumiert und vergisst. Filme verbreiten sich über ihr Marketing im Vorfeld, werden somit oft genug überbewertet, spielen teils nur deshalb ihr Geld ein. Davon abgesehen, dass herausstechende Filme, „andere“ Filme, Mangelware sind. Lieber wird ein erfolgreicher Film plötzlich zur Trilogie, Tetralogie, unnötig in die Länge gezogen und um so viele Folgefilme erweitert, bis die Sache ausgereizt ist. Bis kein Hahn mehr danach kräht und man dieses Franchise irgendwann genervt und mit Augenrollen im Gedächtnis hat, während man sich gar nicht mehr wirklich daran erinnert, wie begeistert man anfangs davon war.

Worauf will sie im Endeffekt hinaus?

Die Welt ist der Veränderungen unterworfen und so ist es auch mit einem selbst. Ich habe keinen Bezug mehr zur heutigen Filmwelt und ertappe mich manchmal dabei, wie ich verzweifelt versuche, mir wieder einen herzustellen. Ich liebe Filme immer noch, alte sowie auch neue und bin von verschiedenen Genres geprägt. Es frustriert mich etwas, zu wissen, dass sich das Rad dreht und ein immer produktiveres Rad sein muss, sodass man gezwungen ist, aus all den Körnern diejenigen herauszusuchen, die genießbar sind. Irgendwie war es das schon immer, nur wird man älter und ändert seine Sicht. Und es war nicht so offensichtlich wie heute.

Ich bin seit ich Netflix-User bin kein Gegner von Streamingportalen mehr und sehe ihre Vorteile, jedoch vermisse ich die im Regal stehenden Filme, ähnlich wie jemand, der sich einen E-Book-Reader kauft, die Bücher in seinem Regal anstarrt und sich fragt, ob er denn jetzt weniger kaufen wird oder aus Nostalgie doch noch einen Buchladen besucht. Wahrscheinlich werde ich deshalb auch weiterhin DVDs und BluRays kaufen - aus Nostalgie.

Ich bin zwiegespalten zwischen der Zukunft und der Vergangenheit und frage mich, ob es möglich ist, dass ich es einfach mit einem falschen Blick sehe. Dass man als Teenager genau diesen Zauber noch immer erlebt. Dass man sich nicht im gleichen Zug aufregt, dass die Leute im Kino andauernd quatschen und auf ihr Handy starren und dass die Filme von heute immer weniger Handlung, sondern immer mehr Effekte besitzen, dass Kino zu teuer ist und man immer gleich darüber nachdenkt, noch fünf Teile eines vielleicht überraschend erfolgreichen Titels zu produzieren, bis Darsteller sowie Zuschauer schon am Erbrechen sind.


Vielleicht belehrt mich ja jemand irgendwann eines Besseren, lehrt mich, das Kino wieder zu lieben oder zeigt mir, dass sogar Menschen wie Channing Tatum oder Kristen Stewart irgendwas können, außer zu hohe Gagen zu bekommen.


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