Japanischer Wettbewerbsfilm unter Porno-Verdacht

16.02.2010 - 09:20 Uhr
Caterpillar
Dissidenz International
Caterpillar
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Wieder einmal schockt ein japanischer Film im Internationalen Wettbewerb die Journalisten und Zuschauer mit Sexszenen, die hart an der Grenze zur Pornografie sind.

Was wird erzählt in dem Drama Caterpillar unter der Regie von Kôji Wakamatsu? Hochdekoriert kehrt Leutnant Kurokawa aus dem zweiten japanisch-chinesischen Krieg nach Hause zurück. Bei einem Angriff hat er Arme, Beine und Gehör verloren; er kehrt als Krüppel heim. Schon bald wendet sich alle Aufmerksamkeit der Menschen im Dorf, der Nachbarn, Freunde und Verwandten seiner Frau Shigeko zu. Sie soll den Kaiser ehren, dem Land gegenüber ihre Pflicht tun und mit der aufopferungsvollen Pflege des Kriegshelden allen ein leuchtendes Beispiel geben. Doch so einfach ist das nicht, denn seine Frau genießt ihre neue Machtposition über ihren Ehemann, auch sexuell …

Jens Balzer von der Berliner Zeitung will Caterpillar den Goldenen Kopulationsbär für die originellsten Sexszene vergeben. Der Film verbindet “die Kritik des kriegserzeugenden Maskulinismus mit einer weiblichen Emanzipationsgeschichte. In Rückblenden wird gezeigt, wie der Leutnant chinesische Mädchen vergewaltigt und getötet hat. Nun liegt er selbst wie ein Vergewaltigungsopfer unter seiner Frau, die zusehends Spaß an ihrer neu gewonnenen sexuellen Dominanz gewinnt und mit dem verbliebenen Rest ihres Gatten anstellt, was immer sie will: Der Körper am Penis kann sich ja nicht wehren. … Caterpillar ist kein guter Film.”

Hier gibt es laut Dietmar Kammerer in der taz den Kriegsheld als verstümmeltes, regressives und selbstgenießendes Triebbündel zu sehen. Der Regisseur von Caterpillar “hält sich in seiner Kritik an Nationalismus und Kriegstreiberei nicht lange mit Feinheiten auf und inszeniert den Krieg als Ehedrama in drastischen Bildern mit Rotz, Blut und Sperma. Historische Propagandameldungen aus dem Radio, die fiktive Siege der japanischen Armee selbst dann noch verkünden, als alles längst verloren ist, schneidet der Film gegen Wochenschaubilder der Bombardierung Tokios und der Abwürfe über Hiroschima und Nagasaki. Der Krieg bringt keine Helden hervor, sondern Monster.”

Helmut Merker vom Tagesspiegel entdeckt, welch kunstvoller Aufwand nötig ist, damit der Blick der Kamera noch gerade die Grenzen des Sittsamen wahrt. Ansonsten gibt es viel Schreckliches zu sehen. “Ständig werden in den folgenden 80 Minuten die bösen Kriegsbilder mit den strahlenden Kriegspropagandabildern konfrontiert, ständig fällt der Blick des als Kriegsgott Verehrten auf seine Auszeichnungen, auf das Foto des Kaisers und auf den gerahmten Jubelartikel einer Zeitung. Durch solche Wiederholungen verkommt die Kritik zu Leerformeln. Der Rest ist: mit dem Entsetzen Spekulation treiben, weswegen der Film bald als skandalträchtig beraunt werden wird.”

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