Der Name von Veit Harlan, Filmregisseur in den Diensten von Joseph Goebbels, ist vor allem mit Jud Süß verbunden, einem der schändlichsten antisemitischen Spielfilm der NS-Zeit. Der Dokumentarfilm von Felix Moeller erzählt die Geschichte dieses schillernden und umstrittenen Regisseurs, dessen Filme die Mentalität unzähliger Zuschauer prägten und der auch nach dem Zweiten Weltkrieg seine Karriere fortsetzen konnte.
Der Film erzählt die Geschichte des umstrittenen Regisseurs und wie sich seine Kinder und Enkel bis heute mit der Person und den Filmen auseinandersetzen. Sein ältester Sohn Thomas Harlan und seine Töchter Maria und Susanne erlebten zwei Prozesse gegen den Vater, aber auch, wie er scheinbar ungebrochen weiter Filme in der jungen Bundesrepublik drehte. Ihre Reaktionen darauf fielen – zerrissen zwischen Vaterliebe und Abrechnung – teilweise extrem aus.
Die Kritik ist überaus angetan von der Dokumentation. Christina Tilmann vom Tagesspiegel sah Erinnerungsarbeit als Familiengeschichte. “Herausgekommen ist ein psychologisches Meisterwerk, ein Lehrstück in Sachen Vergangenheitsbewältigung. Es ist eben nicht noch ein Film über einen Mitläufer und Opportunisten geworden, wie es Veit Harlan, ebenso wie Leni Riefenstahl, Wilhelm Furtwängler oder Gustaf Gründgens, sicher war. Sondern ein sensibles Familienporträt, das sich mit Verarbeitung und Verdrängung, Entschuldigung, Abrechnung und Distanz befasst. Trotz allen historischen Materials ist es ein sehr heutiger, ein sehr aktueller Film.”
Zunächst wirkte für Sonja M. Schultz von critic.de die konventionelle Machart des Dokumentarfilms “mit einsetzendem Sprecherkommentar zu Beginn und Untermalungsmusik abschreckend und zu sehr aufs Fernsehformat zugeschnitten. Doch dann entfaltet sich mit den verschiedenen Aussagen ein ganzes Panorama des Umgangs mit der Vergangenheit: von den biografischen Verletzungen, Kämpfen und Abwehrreaktionen der zweiten Generation bis zur Annahme der Familiengeschichte und Neugier bei den Enkeln.”
Eine sehenswerte Dokumentation also, die auch für Cineasten von Interesse ist. Veit Harlan drehte neben dem Propagandafilm Jud Süß (1940) noch den monumentalen Durchhaltefilm Kolberg (1945). Bedingungslos stellte er sich in den Dienst der nationalsozialistischen Machthaber, wurde als “des Teufels Regisseur” betitelt. Zugleich war er ein Regisseur, der gekonnt mit großartigen Schauspielern melodramatische Stoffe in Szene setzte, die allerdings vor nationalem Kitsch und Todesverklärung nur so strotzen. Ab dem 23. April läuft der Film in den Kinos.