Kinder des Sturms: Weitere Geschichtsklitterung?

25.03.2009 - 12:00 Uhr
Kinder des Sturms
ARD
Kinder des Sturms
2
0
Heute Abend zeigt ARD ein tränenreiches Drama über Vertreibung und getrennte Familien.

Es ist Juli 1946. Das Gebiet um das schlesische Gleiwitz kommt zu Polen. Die deutsche Familie Herrmann – Rosemarie (Felicitas Woll) mit ihren beiden Kindern Maria (Magali Greif) und Jojo (Alexander Kalodikis), ihre Schwester Bettina (Inga Birkenfeld) und der Vater Erich Herrmann (Hermann Beyer) – versucht sich in den Westen durchzuschlagen. Am Bahnhof herrscht Chaos und im Gedränge verliert die Familie die 11-jährige Maria. Die Mutter kommt nach Stuttgart und bemüht sich mehrere Jahre, ihre Tochter wiederzufinden.

Wie schon die großen TV-Event-Filme Die Luftbrücke – Nur der Himmel war frei (2005), Dresden (2006) und Die Flucht (2007), die Millionen Zuschauer vor den Bildschirm lockten, wird auch an diesem Film deutlich, dass sich etwas verschoben hat. Manchmal ist es fast unmöglich, überhaupt noch deutsche Täter auszumachen, stellt Sven Sakowski in der taz fest und wirft dem Film Geschichtsklitterung vor. “Die Vorgeschichte der Vertreibung spielt kaum eine Rolle, der Fokus auf ein bewegendes Einzelschicksal verdeckt den Blick auf den politischen Zusammenhang. Die Gefahr der Schuldrelativierung ist hoch, große Teile des Publikums dürften mit der angeschlagenen Hauptfigur fühlen. Ergebnis: Einmal mehr wird bewiesen, dass auch die Deutschen einiges auszuhalten hatten.”

Der Film imponiert eher durch eine kunstvoll gestaltete und um Authentizität bemühte Oberfläche als durch kraftvolle Figuren, meint Tilman P. Gangloff in der Frankfurter Rundschau. Zwar wird allerorten Felicitas Woll gelobt, die mit dieser Rolle endlich erwachsen geworden sei und im deutschen Fernsehalltag angekommen ist. Aber ihre Darstellung macht auch das Problem des Films deutlich: überspitzte Melodramatik. In der Nordsee-Zeitung wird es ziemlich deutlich auf den Punkt gebracht: “Kitschverächter werden den Film hassen. Wer nah am Wasser gebaut hat, sollte sich schon mal einen Festmeter Taschentücher besorgen. Zurück bleibt ein gespaltenes Gefühl. Ein anderer Regisseur hätte die Kinder des Sturms vielleicht dem echten Leben näher gebracht. Auf der anderen Seite bleibt festzuhalten: Alexandre zieht alle Register seines Könnens. Eine stärkere Gefühlswalze hat man selten gesehen.”

Vielleicht entscheidet Ihr Euch heute Abend bei der Senderwahl für das Erste: Dann sind wir auf Eure Meinung gespannt!

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News