Kollateralschäden des deutschen Fernsehens

28.10.2008 - 12:52 Uhr
Sendeschluss für das Kino
german-tv
Sendeschluss für das Kino
3
0
MEINUNG» Ohne das Fernsehen könnte das deutsche Kino nicht existieren … Kino wird immer mehr TV-Ware!

ARD und ZDF, PRO 7 und RTL: Alle großen Fernsehsender sind mittlerweile an Kinoproduktionen beteiligt, TV-Redakteure streichen Drehbücher für abendfüllende Kino-Spielfilme zusammen, das Geld der deutschen Kinoförderung fließt immer mehr zu den Sendern, die als Koproduzenten auftreten. Peter Körte von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beklagt heute die “schleichende Degeto-isierung des deutschen Kinos”. Recht hat er!

Die Qualität des Kinos wird immer mehr vom Fernsehen diktiert. Ein Film muss die entsprechende Länge haben, damit er auch im Abendprogramm auf ARD ausgestrahlt werden kann. Zu problematisch darf das Thema sowieso nicht sein, denn das hieße, den Sendeplatz verschieben. Ästhetische Experimente sollten eher außen vor bleiben, denn wer will das schon im Abendprogramm sehen. Also richten sich die Filmemacher auf die Eckdaten der TV-Redakteure und Dramaturgen ein, um überhaupt Filme fürs Kino produzieren zu können.

Was auf der Strecke bleibt sind Innovationen, Bildästhetik und komplexe Geschichten. Wer deutsche Kinofilme auf ihre Tauglichkeit für die große Leinwand abklopft, wird Erstaunliches zu tage fördern. Keine der großen Literaturverfilmungen der letzten Zeit kam ohne das Fernsehen als Koproduzent aus und setzten dabei auf Kompatibilität mit der Masse. Etwa Die weiße Massai, “ein ärgerlicher, mit Ethno-Kitsch durchtränkter Schmachtfetzen” (Peter Zander, Welt) und ebenso bleibt Anonyma “im kunstgewerblichen Rahmen, aus dem nichts fallen darf, was 20.15 Uhr in der ARD jemanden verstören könnte.” (Matthias Dell, Freitag)

Eine erschreckende Bilanz, die da Peter Körte von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zieht. “Wo Kriterien wie Konsensfähigkeit und der kleinste gemeinsame Nenner herrschen, wo Risikoscheu sich zwanglos zu Denkfaulheit gesellt und formale Innovation als verwirrend oder schwierig denunziert wird, da sind weder in der Kunst noch im Entertainment jemals große Dinge entstanden. Das Fernsehen verwandelt ungerührt alles in Stoffe, denen es seine Form aufdrückt. So zerstört es auch die Orte und die Geschichte. Es gibt keine Schauplätze mehr, keine Städte, die als eigene Charaktere sichtbar würden, und vor lauter Authentizitätsbesessenheit wirkt jede historische Rekonstruktion kulissenhaft und steril.”

Wir hatten schon im Juni auf die Misere im deutschen Film hingewiesen. Leider wird die in der nächsten Zeit auch nicht so einfach verschwinden. Mit einer Kritik am Fernsehen und dessen Quoten-Orientierung ist es nicht getan, das Filmförderungssystem, welche auf Masse statt auf Klasse setzt, sollte ebenso zur Debatte stehen.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News