Regisseur Carlo Rota spricht hier über den Dreiteiler Krupp – Eine deutsche Familie, der ab Sonntag auf ZDF ausgestrahlt wird.
“Für mich waren Dokumentationen schon immer die spannendsten Geschichten, und das Thema Krupp habe ich von vorneherein als äußerst inspirierend empfunden. Denn so ein großartiges, facettenreiches Drama wie das Schicksal dieser Familie und dieser Firma hätte sich niemand ausdenken können. Dass das Ganze nicht zu einer Geschichtsstunde verkommt, ist nur eine handwerkliche Frage. Immerhin machen wir einen Spielfilm, und das bedeutet nicht nur, dass man die historischen Ereignisse und Charaktere auf interessante Weise miteinander in Zusammenhang bringt, sondern auch, dass man Orte und Darsteller auswählt, die dem entsprechen, was man erzählen will.
Manchmal ist es zum Beispiel nötig, so zu besetzen, dass ein Schauspieler dem historischen Vorbild möglichst ähnlich sieht – aber von solchen Geschichten habe ich immer Abstand genommen. Wer sollte eine Romy Schneider darstellen können, eine Göttin des Films, eine der erotischsten Frauen des vergangenen Jahrhunderts? Francis Ford Coppola wurde einmal gefragt, warum Marlon Brando den alten Paten und Robert De Niro den jungen Paten spielt, es bestehe doch nur wenig bis gar keine Ähnlichkeit. Seine Antwort zu dieser Art Erbsenzählerei war: “Weil es die beiden besten Schauspieler sind, die ich kriegen konnte!”
Obwohl wir bei Krupp – Eine deutsche Familie viel Wert auf Ähnlichkeit gelegt haben – zwischen Darsteller und historischer Figur, aber auch zwischen den Darstellern –, sind wir letztlich nach demselben Prinzip verfahren wie Coppola. Weil die Geschichte der Krupps in persönlicher und politischer Hinsicht alles andere als unkompliziert ist, eröffnet sie auch sehr viele Möglichkeiten bei der Umsetzung. Mit der Entscheidung, wie man Krupp – Eine deutsche Familie erzählen will, hängt natürlich auch eine große Verantwortung zusammen, vor allem dem Publikum gegenüber. Daher verwundert es vielleicht auch nicht, dass die Idee zu diesem Projekt bereits seit knapp dreißig Jahren in deutschen Fernsehkreisen herumspukte und aus verschiedenen Gründen, die ich nicht zu beurteilen vermag, nie realisiert wurde.
Wenn wir heute die Geschichte der Krupps erzählen, mag es auf den ersten Blick ein wenig seltsam erscheinen, dass wir uns weniger auf die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse konzentrieren – also auf Deutschland und seine zwei großen Kriege, das Kaiserreich, das aufkommende Dritte Reich, die Nachkriegszeit – sondern auf die Familie Krupp, auf die Menschen. Aber ich bin überzeugt, dass hierin die einzige Möglichkeit bestand, diese deutsche Geschichte überhaupt anschaulich und für den Zuschauer erlebbar zu machen. Daher erzählen wir das Ganze sozusagen von innen heraus, die Konflikte innerhalb der Familie spiegeln die äußeren Entwicklungen."
Carlo Rota
Regisseur
Quelle: Mit Material des ZDF, Auszüge aus einem Interview