Legion: Staffel 2 - Lasst euch von Aubrey Plaza hinters Licht führen

03.05.2018 - 17:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Aubrey Plaza stiehlt die Show in der 5. Folge der 2. Staffel von Legion, die in einem schockierenden Finale mündet. Trotzdem ist es eine der schwächeren Folgen der Serie

Eine Folge mehr als geplant wird die 2. Staffel von Legion erhalten. Das wurde vor ein paar Tagen bekannt. Sofort keimte die Angst vor einem verfrühten Serienfinale auf. Die Quoten beim US-Sender FX sind alles andere als zufriedenstellend. Zuletzt schwankten sie zwischen dreihundert- und fünfhunderttausend Live-Zuschauern. Sofern Noah Hawley nicht jedes Set in seiner Garage zusammenzimmert, darf das Budget auch nicht unterschätzt werden. Zufälliger Vergleich am Rande, der einen überhaupt nicht weiterbringt: Das Champions League-Spiel zwischen Madrid und München fand in den nicht gerade Fußball-verrückten USA rund dreißigtausend Zuschauer mehr als Kapitel 13 von Legion. Zwei Details könnten für Beruhigung sorgen: FX-Chef John Landgraf steht zu seinen Prestige-Serien. Legion beispielsweise gewann erst vor kurzem einen Peabody Award. Nach dem millionenschweren Abgang von Ryan Murphy zu Netflix mag sich Landgraf womöglich auch keine Verstimmung im Verhältnis zu Noah Hawley leisten. Detail Nummer 2: Hawley hatte bereits vor Staffelstart angekündigt, es könnten 11 Folgen werden. Gut möglich, dass das Finale schlicht mehr Zeit einnimmt, als gedacht. Keine Panik also, liebe Legion-Fans - zumindest bis diese angebracht ist.

Aubrey Plaza ist die perfekte Schauspielerin für eine Serie wie Legion

Kapitel 13 macht seiner Unglückszahl im Titel alle Ehre. Legion manövriert uns in eine seiner düstersten Ecken, die Welt von Lenny bzw. Lenore (Aubrey Plaza). Die ehemalige Mitpatientin von David, einst verstorben in der Wand einer psychiatrischen Anstalt, führte seitdem ein Leben als geistige Gefangene, als Gedankengebilde instrumentalisiert durch den Shadow King und schließlich von ihm weggesperrt. Lenny ist für Amahl Farouk (Navid Negahban) nicht viel mehr als ein Mittel zum Zweck, genau wie Oliver (Jemaine Clement) oder die geklaute Maschine aus Division 3 oder, zusammenfassend, alles andere auf diesem Erdenrund. Farouk hatte David versprochen, auf der Suche nach seinem Körper keine weiteren Menschen zu Schaden kommen zu lassen. Das hält den Shadow King aber nicht davon ab, Davids Schwester Amy (Katie Aselton) in einer Art Zeugenschutzprogramm aufzusuchen, ihren Ehemann in ein Häufchen Asche zu verwandeln und ihren Körper für die Wiederauferstehung von Lenny zu verwenden. Ein bisschen DNA, eine Kostprobe Geist, garniert mit einer Retro-Strahlen-Pistole-Wasauchimmer, und fertig ist der schockierende Twist des 13. Kapitels: David (Dan Stevens) sitzt im Verhörraum von Division 3 einer Lenny aus Fleisch und Blut gegenüber, doch ihre Erinnerungsfragmente und leuchtend blauen Augen verraten Schreckliches. Der Shadow King hat Amys Körper verwandelt, ihr Gehirn mit Lenny befüllt. Was ist von Davids Schwester überhaupt noch übrig?

Dan Stevens in Legion

Die 13 Folgen Legion wirken nun wie eine Kampfansage an alle, die glauben, Aubrey Plazas Schauspieltalent sei mit den Grenzen von April Ludgates Deadpan-Gesicht aus Parks and Recreation abgesteckt. Plaza begann die Serie als geistig angeschlagener Sidekick, wandelte sich zur infernalischen Bolero-Tänzerin des Grauens, kehrte zurück als verzweifelter Junkie und zeigt sich nun als eine Art Frankensteins Monster des Superheldengenres. Plaza ist geübt darin, den Zuschauer auf Sicherheitsabstand und gleichzeitig in ihrem Bann zu halten. Selbst in ihren erbärmlicheren Momenten fällt es beispielsweise schwer, Mitleid für Lenny zu empfinden, was allerdings auch nicht Sinn der Sache ist. Es gibt kein deutlicheres, aussagekräftigeres Warnschild in Legion als Aubrey Plazas Präsenz. Ihr Spiel lebt von Doppeldeutigkeit, von Hintergedanken, in die wir keinen Einblick haben, einem Innenleben, das nur gelegentlich herauslugt, um uns zu schockieren oder zu überraschen und dann wieder die Schotten dicht zu machen. Plaza/Lenny ist die beste Erinnerung daran, bloß nicht als Wahrheit anzunehmen, was wir in Legion sehen.

Legion liefert eine Lenny-Folge, aber nicht alle Elemente sind gelungen

Es passt daher ganz gut, dass Kapitel 13 eine Lenny-Folge ist, wo der Vorgänger sich noch auf Syd beschränkte. David ist wieder mal recht passiv und taucht über weitere Strecken gar nicht auf. Muss er auch nicht, Figuren wie Lenny, Clark, der Shadow King oder Oliver sind faszinierend genug. Dabei spielt die Folge mit unserer eigenen Wahrnehmung und vor allem unseren erlernten Serien-Lesefertigkeiten. Vier Folgen lang wurde uns eingetrichtert, dass der Shadow King nach seinem Körper sucht, also nehmen wir wie selbstverständlich an, welchem Zweck der Trip von Oliver und Amahl in die Wüste dient. Da sind wir bei Zuschauer-Täuschung numero uno. Beide suchen in Wirklichkeit nach Lennys Überresten, die von Division 3 verschachert wurden. Täuschung 2 spielt mit unseren Erwartungen an die Sinnstiftung der Montage - und die Zeit selbst. Den Gesetzen der Serie folgend, nehmen wir automatisch an, dass die Suchaktion nach den Ereignissen der letzten Folge spielt, also während der drei Verhörszenen mit Lenny. Erst im finalen Twist fallen uns die metaphorischen Schuppen von den Augen wie einst Agent Kujans Kobayashi-Kaffeetasse. Während sich David durch die Erinnerungen von Syd wühlte, klopfte der Shadow King bereits an Amys Tür. Damit nimmt die wachsende Unsicherheit darüber, was in dieser 2. Staffel überhaupt real ist und was nicht, von den filmischen Mitteln Besitz. Ptonomy (Jeremie Harris) glaubt nicht an das Konzept "Gegenwart" und die Serie untergräbt derweil selbst unser zerbrechliches Vertrauen in ihr Gefüge.

Aubrey Plaza in Legion

Kapitel 13 gehört nichtsdestotrotz zu den schwächeren Episoden von Legion, so grauenhaft langsam und unausweichlich die Invasion von Amys Heim auch inszeniert wird. Amy selbst wurde in der 2. Staffel nur einmal erwähnt, was für einen überraschenden Twist dienlich sein mag, aber nicht für einen mutmaßlich berührenden Figurentod. Darüber hinaus ist nicht jede Verhörszene gleichermaßen spannend, wenn auch die Inszenierung abwechslungsreich gestaltet wird (die kontrollierte Atmosphäre der Schuss-Gegenschuss-Sequenz im ersten Gespräch mit Clark (Hamish Linklater) zerbröselt im Verlauf der Folge). Ptonomy selbst ist seltsamerweise eine der langweiligsten Figuren. Von den Drehbuchautoren wird er für philosophische Monologe und Plot-Rekapitulation gebraucht, sein Eigenleben bleibt trotz Psycho-Parasitenbefall dünn. Im Treffen mit David dreht die Folge schließlich wieder auf und macht einen womöglich großen Plot-Sprung für die ganze, nun 11 Folgen lange Staffel. Meine These: Der Shadow King sucht nach seinem Körper für die DNA, braucht aber auch Davids Körper. Deswegen schickt er ihn indirekt auf den Rachefeldzug. "I'm coming for you", kündigt David an, und die Welt von Legion bewegt sich einen Schritt näher Richtung Untergang.

Zitat der Folge: "I'm not a villain." (Lenny)

  • Hawleys Pläne für 11 Folgen werden in diesem Observer-Interview  erwähnt.
  • "Voici le soleil!"
  • Man vergleiche die potenziellen vielen Timelines und Davids Versuch, die Zukunft zu manipulieren, mit dem Plot von Avengers: Infinity War.

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Die 2. Staffel von Legion läuft immer Mittwoch um 21:00 Uhr auf FOX in Deutschland und ist danach bei Sky Ticket  zu sehen.

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