May, ich und die Liebe für Außenseiter

08.01.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
May - Die Schneiderin des Todes
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May - Die Schneiderin des Todes
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Moviepilot-User SamRamJam hat einen Lieblingsfilm. Doch außer ihm scheint kaum jemand etwas mit diesem Werk anfangen zu können. Vielleicht ändert sich das ja nach seinem Text in der Speakers’ Corner.

Auch wenn man zum Film, den ich als Beispiel heranziehe, denken kann was man will, so glaube ich doch, dass das zugrunde liegende „Problem“ vielen eventuell bekannt sein wird. Daher dachte ich mir, es könnte sich lohnen, dieses zur allgemeinen Diskussion hier in die Speakers’ Corner zu stellen. Vielleicht ist dem einen oder anderen schon mal ähnliches mit einem anderen Film passiert?!

Auf DVD-Shop-Seiten im Internet findet man ja häufig eine Rubrik die da lautet: „Kunden die dieses Produkt kauften, kauften auch … „. So kam ich irgendwie auf den Film May – Die Schneiderin des Todes. Anfangs dachte ich mir nichts, ich habe ihn bestellt und er wanderte erstmal ganz nach unten in meinen To-Watch-Stapel. Als ich aber endlich in den Genuss kam, war ich schlichtweg überwältigt. Es gibt viele gute Filme, einige nahezu perfekte und/oder atemberaubende. Aber es gibt wahrscheinlich nur wenige, die einen tatsächlich packen und nicht mehr loslassen. May – Die Schneiderin des Todes war so ein Film. Ich musste ihn mir gleich noch mal ansehen. Tagelang dachte ich über die Geschichte nach, schaute immer wieder den Film oder Ausschnitte davon. Was mir ziemlich schnell klar wurde: May – Die Schneiderin des Todes ist einer meiner Lieblingsfilme. Ich kam mir vor, als hätte ich einen Schatz geborgen, einen unbekannten Filmen, einen Geheimtipp!

Natürlich fing ich sogleich an den Film an Freunde zu verleihen, aber leider blieben die erhofften Begeisterungsstürme aus. Zu langsam, zu verquer, zu was auch immer wurde dem Film vorgeworfen. Aber gut, das sind eh keine Filmkenner. Auf deren Meinung kann ich ruhig verzichten, dachte ich mir.
Da ich also in meiner gewöhnlichen Umwelt nur mit wenigen über Filme reden konnte begab ich mich dann natürlich irgendwann ins Internet. Was denkt denn die weltweite Community da draußen über den Film? Also in meinem Fall heißt das, ich schaue auf moviepilot vorbei. Ich war mir sicher auf Gleichgesinnte zu stoßen, auf Menschen die den wahren Wert des Films erkannten, die tiefe Dramatik, den Spiegel der Eitelkeit, den der Film vorhält, die Sehnsucht, mit der May nur nach ein bisschen menschlichen Kontakt giert, der finale Bruch, als niemand ihr Freund sein will, die Idee, mit der May zur Tat schreitet. Findest du keine Freunde, dann mach dir welche!

Vielleicht kurz nebenbei: Ich habe mich schon oft gefragt ob ich filmisch ein Idiot bin?! Ich meine das jetzt nicht im eigentlichen Sinn, ich bilde mir gerne ein kein Idiot zu sein. Aber viele Filme wie Oldboy oder Haus aus Sand und Nebel finde ich äußerst seltsam, um es mal neutral auszudrücken. Trotzdem sind das Filme über die scheinbar sehr viele Menschen sehr lange diskutieren können. Über Ebenen, Metaebenen, Botschaften, Eindrücke etc. Oft habe ich mich gefragt: Fehlt mir irgendetwas, dass ich das nicht sehe? Missverstehe ich den Film nicht einfach nur, sondern kann ich ihn nicht verstehen? Gibt es eine Barriere, über die ich nicht bereit bin zu klettern, weswegen ich ewig Godzilla-Fan bleiben werde, aber diese – ich nenne sie mal Kunstfilme, weil mir ein anderes Wort dafür fehlt – Kunstfilme niemals für mich entdecken kann?
Das soll kein Selbstmitleid sein, ich selber mag meinen Geschmack irgendwo zwischen den Critters – Sie sind da! und Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels, aber doch fallen mir manche Diskussionen, gerade auf mp, etwas schwer. Gerade bei Leuten die sich Filme auf französisch anschauen, die Namen von irgendwelchen koreanischen Regisseure kennen und jeden Film scheinbar mühelos in alle möglichen Kontexte setzen können, von einem astreinen Deutsch voller Wörter, die ich immer erst googlen muss, ganz zu schweigen, komme ich mir oft vor wie ein kleines Kind mit einer Godzilla-Figur unter dem Arm. Ich mag es wenn Häuser kaputt gehen, von Œvres habe ich keine Ahnung. Solche Menschen faszinieren mich hier immer wieder, genauso wie sie mich irgendwie abstoßen. Ein Trost ist es, dass sie vielleicht dasselbe von mir denken.

Nun hatte ich aber einen Film, den ich wirklich künstlerisch fand. Der nicht auf Eye Candy setzt, obwohl er sich inhaltlich viel mit Optik und Schönheit befasst, nein, ein Film über den man nachdenken konnte, über den man reden konnte. Der es WERT war, dass man über ihn redet.
Nun sah ich aber auf moviepilot: Nichts ist mit Kunst! Manche Horrorfans stufen den Film irgendwo im mittleren „ganz nett“-Bereich ein, alle anderen scheinen ihn nicht zu mögen, manche schon fast zu hassen.

Nun stellte sich mir die Frage umgekehrt: Hatte ich etwas verstanden was alle anderen nicht verstehen?
Nun ja, eingeschüchtert und auch etwas beleidigt bewertete ich den Film nicht. Ich hörte auf ihn anderen Leuten zu zeigen oder über ihn zu reden. Ich wollte einfach nichts Schlechtes darüber hören, weswegen ich ihn hütete wie ein Huhn ihr Kücken. Hin und wieder schaute ich ihn, ganz allein für mich, da ich in meiner Welt ohnehin der einzige zu sein schien, der damit etwas anfangen konnte. Ein paar Mal versuchte ich über den Film etwas zu schreiben, löschte das Geschriebene aber wieder. Ich mag den Film viel zu sehr als nur mit ein paar Lauen „Der Film ist ganz, ganz toll“-Phrasen daher zu kommen. Nun fiel mir aber endlich etwas ein, wie ich der Welt meine Liebe zu May (ich meine den Film, nicht das mich hier noch wer für gestört hält, wir sind ja im Internet und manche Leute scheinen schon aus Prinzip alle falsch zu verstehen) kundtun kann. May und ich, ich und May, was andere sagen, ist mir egal.

Einfach ein wunderbarer Film. Mehr bleibt mir nicht zu sagen, soll ihn doch zerreißen wer will. Dann kann ich auch mal mit der Phrase kommen, die ich sonst nicht mag: Hast den Film wohl nicht verstanden, hä?

Vorschau: Manche Filmemacher sind trotz ihres Erfolgs nicht wohlgelitten. Um einen dieser Regisseure geht es beim nächsten Mal.

Dieser Text stammt von unserem User SamRamJam. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de

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