Mehr Geld für Flops made in Hollywood

13.10.2012 - 08:55 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Geld für die Filmwelt
UPI/moviepilot
Geld für die Filmwelt
38
28
Mit welchem Thema kann beinahe überall in Windeseile eine knallhart geführte Debatte ausgelöst werden? Geld. Wer hat es, woher krieg ich es, wo ist es überhaupt? Diese Fragen beschäftigen auch Hollywood – und damit letztlich uns.

Fritzchen hat sein Taschengeld bekommen und geht Süßigkeiten einkaufen. Die ganze Kohle haut Fritzchen dafür auf den Kopf, kauft sich Bonbons, Schokolade und Kaugummi. Das Geld ist weg und Fritzchen traurig. Pech gehabt? Nur dann, wenn Fritzchen keinen Rettungsschirm findet, unter den es schlüpfen kann. Der saniert Fritzchen in kurzer Zeit und bietet ihm die Möglichkeit, wieder ganz viele Süßigkeiten zu kaufen. Nicht nur Fritzchen möchte sich auf fremde Kosten mit ungesundem Zeug versorgen, sondern auch Hollywood.

Die in der Traumfabrik kursierende Idee, Steuergelder und eine Monopolisierung als eine Art Rettungsschirm für die Filmindustrie zuzulassen, ist diesmal der Aufreger der Woche.

Flop-Finanzierung
Battleship: ca. 200 Millionen Dollar Budget
John Carter – Zwischen zwei Welten: ca. 250 Millionen Dollar Budget
Dark Shadows: ca. 150 Millionen Dollar Budget

Unglaubliche Summen wurden für die vermeintlichen Blockbuster-Hits aufgebracht, doch die Ergebnisse fielen bescheiden aus. Keiner dieser Filme konnte die Erwartungen erfüllen, die Studios in Hollywood sind ob der hohen Ausgaben und der in Relation gesetzten Einnahmen enttäuscht. Da ist das Rumgeheule naturgemäß groß. Industrien neigen jedoch dazu, nicht nur in ihr imaginäres Taschentuch zu schnäuzen und dann weiterzumachen, sondern gleich Schreckensszenarien aufzuzeigen: Die (US-)Filmwirtschaft steht vor dem Untergang, Hunderttausende Arbeitsplätze drohen wegzubrechen, nirgendwo auf der Welt wird es mehr Blockbuster im Kino zu sehen geben! Um diese grauenhafte Entwicklung aufzuhalten, sollen die Geldverbrenner ihre filmischen Millionengräber nun auch noch finanziert bekommen, und zwar – wie sollte es anders sein – von den Steuerzahlern. Und wenn schon über Möglichkeiten nachgedacht wird, wie die horrenden Summen für überdimensionierte Filme zusammengekratzt werden können, wieso nicht gleich versuchen ein Gesetz zu kippen, das seit über 60 Jahren eine vollständige Monopolisierung verhindert? Hollywood liegt zwar immer noch in den wirtschaftsliberalen USA, dennoch nehmen die dort ansässigen Produzenten nur zu gerne öffentliche Gelder. Staatliche Filmförderung gibt es auch in den Staaten, alleine Kalifornien schüttet jährlich 100 Millionen Dollar für diverse Projekte aus, in zahlreichen weiteren Bundesstaaten gibt es ebenso finanzielle Unterstützung. Anders als in Europa wird die Förderung jedoch nicht gezielt vergeben, sondern per Lotterie verteilt! Dass die Filme mitnichten für mehr Arbeitsplätze oder Steuereinnahmen in den USA sorgen, da sie häufig anderswo auf der Welt gedreht werden, versteht sich von selbst. Egal, irgendwoher muss ja das Geld für Monsterproduktionen kommen, deren Misserfolg ein Fünfjähriger vorhersehen kann.

Nur Blockbuster, keine Geheimtipps
Um noch mehr Dollars für diese Projekte zu generieren, hat Chris Silbermann, Präsident der Talentagentur ICM (Klienten sind unter anderen Samuel L. Jackson, Al Pacino und Christoph Waltz), vorgeschlagen, das als United States v. Paramount Pictures bekannte Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs aufzuheben. Bis 1948 hatten die Studios in Hollywood noch ihre eigenen Kinos, die Verwertung eines Films lag vollkommen in ihrer Hand. Der Erfolg einer Produktion war garantiert – ein Mangel an Vielfalt jedoch ebenso. Das Urteil räumte den Kinobetreibern Wahlfreiheit ein, das Verwertungsmonopol war durchbrochen – auch wenn die großen Studios natürlich immer noch das Sagen hatten. Nur wurden die Gewinne anders aufgeteilt. Üblicherweise bekommt der Produzent zuerst sein Geld, er hat schließlich auch mehr zu verlieren. So weit, so in Ordnung. Allerdings ist die Verteilung der Einnahmen gestaffelt. Das heißt, dass das Studio in der ersten Woche, in der der Film läuft, 90 Prozent der Gewinne an den Kinokassen kriegt, in Woche 2 dann 80 Prozent und so weiter. Die Folge ist klar: Besonders zum Kinostart sollen die Leute sich den Film angucken, denn dadurch bekommt das Studio die meisten Moneten. Geheimtipps sind nicht einträglich, Blockbuster, Remakes und Comic-Verfilmungen – also alles, was stark beworben wird und eh schon einen hohen Bekanntheitsgrad aufweist – dagegen sehr. Da in den Sommermonaten potenziell die meisten Zuschauer ins Kino gehen und somit die Chance auf eine super erste Woche besser ist, wurden einfach alle Blockbuster innerhalb weniger Wochen gezeigt.

Volle Kontrolle
Die Industrie hat sich durch diese Schwemme an Großproduktionen selber das Wasser abgegraben. Anstatt aber zur Besinnung zu kommen und die Ausgaben zurückzufahren, soll nun das Urteil gekippt werden, damit die Studios in ihren eigenen Kinos betreiben können. Das Argument: ohne den Gewinndruck steigt auch die Vielfalt. Natürlich, keine Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und erhöht die Kreativität…

Dass im Jahr zuvor Rekordgewinne eingefahren wurden und es diesmal eine kleine, selbstverschuldete Flaute gab, erwähnt allerdings niemand. Und dass die Einnahmen, wenn nicht nur die Sommermonate sondern das gesamte Jahr betrachtet wird, sogar gestiegen sind, scheint auch irrelevant. Von den stetig steigenden Erlösen aus Downloads, DVDs und TV-Auswertungen soll gar nicht erst angefangen werden. Ach ja, das auch noch: Außerhalb der USA klingeln die Kassen lauter als je zuvor. Aber die Zeit war eben günstig, mal einen Vorstoß zu wagen, um die Finanzierung eines Systems zu sichern, das die Schraube schon längst überdreht hat. Irgendwer wird schon einen Rettungsschirm aufspannen, unter den die Chefverschwender Hollywoods sich verkriechen und weiter herumfuhrwerken können.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News