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Mein liebster Kinomoment

11.11.2017 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
The Dark Knight Rises
Warner Bros.
The Dark Knight Rises
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Dieser Artikel ist ein Community-Beitrag, der im Rahmen unseres Schreibwettbewerbs Mein liebster Kinomoment entstanden ist.

Es war ein warmer Tag im August. Zwischen mir und meiner Exfreundin kriselte es bereits, aber das gegenseitige Sich.auf-den-Sack-gehen hielt sich noch in Grenzen. Die Schule nervte mich, meine Eltern stressten mich in einem schwierigen Alter, meine muffige Laune stand im Kontrast zur scheinenden Sonne. Doch auf diesen Tag hatte ich seit Ewigkeiten gewartet, denn nach vier Jahren der Geduld konnte ich mir endlich den abschließenden Teil von Christopher Nolans Batman-Trilogie anschauen.
Wir saßen sehr weit hinten mittig, absolut ideal. Die Bilder sprangen über die Leinwand, und ein geschundener Bruce Wayne erinnerte mich stark an all die Unzufriedenheit, die ich zu dieser Zeit auf meinen Schultern buckelte. Seine große Liebe Jahre zuvor verloren, er selbst nur noch ein Schatten der Vergangenheit, sein Rückgrat gebrochen. Was ist mein Leben doch schwer, dachte ich mir. Wie tragisch doch meine ganze Existenz ist, dachte ich mir. Aber erst im Laufe dieses Kinoabends sollte mir in meinem jugendlichen Selbstmitleid klar werden, was wahre Tragik ist.
Der Film ging langsam in die Schlussphase, das Publikum war gebannt vom Geschehen auf der Leinwand. Catwoman sah verflucht scharf aus, ein Umstand, der auch Batman nicht entgangen sein konnte. Da lag ein Knistern in der Luft, das Publikum konnte es riechen. Die beiden bereiteten sich auf den finalen Kampf vor, ein letztes Aufbäumen gegen die scheinbar unüberwindbaren Mächte die sich gegen sie stellten, das womöglich letzte Mal, dass sie einander sehen würden. Sie greift sich ihn, küsst ihn voller Leidenschaft, gibt ihm die Wärme die ihm all die Jahre gefehlt hat. „Naja“, dachte ich mir, „okay“.
Plötzlich vernehme ich links von mir eine Bewegung und ein Geräusch. Mein Nachbar erhebt sich, und beginnt langsam und andächtig zu klatschen, will dem Moment all den Tribut zollen, den er in seinen Augen verdient, und die Masse indirekt dazu auffordern es ihm gleich zu tun... und scheitert damit sang und klanglos.
Kein Mensch geht darauf ein, hunderte Augenpaare drehen sich in unsere Richtung, starren ihn an und wenden verständnislos ihren Blick wieder ab. Ich versuche mich so tief es geht in meinem Kinositz zu vergraben, diesen überwältigenden Moment der Fremdscham zu überstehen, doch es war zwecklos.
Der ganze Saal hatte nach ihm geschaut. Einige begannen zu tuscheln, andere zu kichern. Gerupft wie ein Hühnchen ließ er sich langsam zurück auf seinen Platz gleiten, und versuchte die Pein des Moments zu verbergen. In diesem Moment wurde mir klar, dass mein Leben gar nicht so scheiße war, zumindest nicht so scheiße. Diese Erkenntnis hatte ich dem unglücklichen Tropf zu verdanken, der sich in aller Öffentlichkeit volles Ruder auf die Schnauze legte. Ich lehnte mich zu meiner Exfreundin rüber und flüsterte ihr zu.
“Dieser Mann ist ein Held, und das meine ich vollkommen ernst.“
“Warum? Er hat sich völlig blamiert.“
Weil er der Held war, den ich verdiente, aber nicht der, den ich gerade brauchte. Also wurde er gejagt, weil er es ertragen konnte, denn er war kein Held. Er war mein stiller Wächter. Mein wachsamer Beschützer. Mein dunkler Ritter.

***

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