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Meine emotionale Kinoerweckung

11.11.2017 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Dieser Artikel ist ein Community-Beitrag, der im Rahmen unseres Schreibwettbewerbs Mein liebster Kinomoment entstanden ist.

Der Moment, in dem ich begriffen habe, was Film mit einem anstellen kann.

Du bist 9 Jahre Alt. Du gehst heute ins Kino. Mit deinem Vater und deinem älteren Bruder. Es ist nicht das erste mal. Du warst schon 5 oder 6 mal da, bist also im Grunde schon ein erfahrener, alter Kinohase. Und du freust dich, denn du weißt, dass Bild ist groß, der Ton ist laut und alle lachen viel und freuen sich. Das kommt daher, dass du bis jetzt immer in Familienkomödien wie „ein Hund namens Beethoven“ oder „Dennis- die Nervensäge“ warst. Also Nett, ganz witzig, harmlos und kindgerecht. Nichts, was einen nachhaltig beschäftigen würde.

Ihr fahrt also ins Kino, kauft die Karten, geht in den Saal, setzt euch auf eure Plätze. Du hast dein Popcorn, deine Cola, deine Gummibärchen, deine... Na ja, du bist wie gesagt 9 Jahre alt und Süßigkeitensüchtig und hast deinen Papa solange genervt, bis er verzweifelt seinen halben Monatslohn in Fressalien und damit in 10 Minuten Ruhe investiert hat. Alles ist also wie immer.

Dann schaust du dich um und merkst, etwas ist doch anders als sonst. Neben dir sitzt jemand, hinter dir und vor dir, eigentlich überall. Jeder Platz ist besetzt, das kanntest du noch nicht. Du denkst da jedoch nicht großartig drüber nach, und widmest dich deinen Gummibärchen.

Die Trailer kommen, die regionale Kino Werbung, die Gummibärchen sind fast alle, es wird heller und wieder ganz Dunkel und dann fängt der Film endlich an.

Und es ist von der ersten Sekunde an der Wahnsinn. Dir wird sofort klar, das wird der großartigste Film, den du bis jetzt gesehen hast. Die Bilder sind wunderschön, die Musik ist noch schöner, die Geschichte ist spannend, du sitzt gebannt auf deinem bequemen Sessel, du lachst, du fieberst mit, du hast das Blinzeln komplett abgestellt und folgst diesem Meisterwerk der Kinokunst mit offenem Mund, den du inzwischen nicht mehr mit Gummibärchen sondern mit Popcorn vollstopfst.

Dann wird es dramatisch, ein raunen geht durch den ganzen Saal, alles hält den Atem an, du hältst es kaum noch aus und vergisst sogar, dich weiter vollzustopfen und dann passiert es.


Mufasa ist Tot!!


Du kannst es nicht fassen. Sofort rollen die Tränen über deine arglosen Wangen und verwandeln dein einstmals süßes Popcorn in salziges. Von überall schluchzt und schnieft es und eine Welle der Betroffenheit breitet sich aus.

Du selbst bist völlig geplättet, verstört, verzweifelt. Er ist wirklich tot. Umgebracht von seinem eigenen Bruder, von Scar, diesem verschlagenen, selbstsüchtigen und feigen Stück Scheiße.

Mufasa, der unzerstörbare, mächtige, erhabene Überlöwe mit der überragenden Ausstrahlung und Autorität. Der, der alles im Griff hat, der Weise und Gütige und Starke. Der König, den du in den letzten 40 Minuten so lieb gewonnen und als voll umfassendes Vorbild vollständig akzeptiert hast.

Der soll jetzt Tot sein, einfach weg? Das kannst du nicht akzeptieren. Aber du musst.

Nach einiger Zeit wendest du dich desillusioniert wieder dem Film zu. Dein Popcorn guckst du inzwischen mit dem Arsch nicht mehr an. Der Film hilft dir nach und nach wieder aus deiner Lethargie zu erwachen, nach einiger Zeit lachst du wieder, fieberst wieder mit und am Ende des Films bist du wieder glücklich! Du bist völlig begeistert und würdest den Film am liebsten gleich nochmal sehen und oh Wunder, irgendwie hast du dein Popcorn doch noch Leer bekommen.


Zusammenfassend also ein überragendes Kinoerlebnis!


Aber darum geht es hier ja nicht, sondern um den schönsten Kino Moment. Den tollsten, den man jemals im Kino erlebt hat. Und dieser Moment ist für mich tatsächlich, so verquer und bedenklich das im ersten Moment auch klingen mag, der Tod Mufasas. Sicherlich nicht in dem Moment, in dem ich ihn erlebt habe. Da habe ich ihn aus ganzer Seele gehasst!

Aber im Rückblick, im Nachhinein. Wenn ich mir anschaue, was meine so inbrünstige Film- und Kinoleidenschaft ausgelöst hat. Dann ist dieses zerschmetternde Erlebnis von überragender Wichtigkeit.

Durch Mufasas Tod habe ich das erste Mal erkannt, was für eine Wucht Film haben kann. Was für eine Emotionalität dieses Medium in einem auslösen kann. Mit 9 konnte ich das natürlich noch nicht so einordnen, aber dass es ein besonderer Moment war, habe ich auch damals schon verstanden!

Es war das erste Mal, das ich bei einem Film geweint habe, das erste Mal, das Film etwas anderes war, als einfach nur kurzweilige, schnell verarbeitete Unterhaltung.

Das Ableben Mufasas war schlicht und einfach der wichtigste Grundstein meiner inzwischen so tiefverwurzelten Filmbegeisterung! Und somit, trotz seiner eigentlich extrem bedrückenden Wirkung, mein bis Heute schönster und wichtigster Kinomoment!

***

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Sponsoren. Hier erfährst du alles zum Prozedere des Schreibwettbewerbs und den Preisen. Eine Übersicht aller Texte des Schreibwettbewerbs findest du hier.

Denk daran: Stimme ab für Deutschlands Lieblingskino 2017!

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