Netflix' Eric ist deshalb so gut, weil Benedict Cumberbatch seinen Sherlock so verstörend spielt wie nie zuvor

08.06.2024 - 10:44 Uhr
Benedict Cumberbatch in Eric bei NetflixNetflix
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In der Netflix-Serie Eric überrascht Benedict Cumberbatch nach seinen Paraderollen von Sherlock und Doctor Stange, indem er auf unheimliche Weise in seinen Bann zieht.

Letzte Woche ist mit Eric eine ungewöhnliche neue Netflix-Serie erschienen: Benedict Cumberbatch verkörpert in der 6-teiligen Miniserie einen Puppenspiel-Künstler im New York der 1980er. Als sein Sohn verschwindet und er sich auf die Suche nach ihm begibt, steht ihm plötzlich unerwartet ein imaginäres Monster zur Seite. Es ist die ideale Rolle für den Star, der als Sherlock und Doctor Strange berühmt wurde, weil er seine ikonischen Figuren nun in eine beunruhigende Richtung weiterentwickeln darf.

Benedict Cumberbatch spielt in Netflix' Eric einen etwas anderen Sherlock

Seit seinem Durchbruch mit dem Serienhit Sherlock hat Benedict Cumberbatch sein Rollenbild als arrogantes Genie perfektioniert. Wir kennen und lieben ihn als Privatdetektiv oder Marvel-Zauberer – als Mann, der vollkommen von sich selbst überzeugt ist und Menschen damit vor den Kopf stößt, letztendlich sein Herz aber am rechten Fleck hat. Genau in diese Kerbe scheint auch sein Charakter Vincent in Netflix' Eric zu schlagen.

Good Day Sunshine heißt die Muppets-ähnliche TV-Sendung von Cumberbatchs Serien-Figur Vincent Anderson. Ein Sonnenschein ist der fluchende Kindersendungsschöpfer, der die selbsterklärte kreativste Kraft am Set ist, allerdings weniger. Doch er liebt seinen 9-jährigen Sohn Edgar (Ivan Morris Howe), der zu dem Vater aufsieht und ihm zeichnend nacheifert. Als der Junge auf dem Weg zur Schule spurlos verschwindet, setzt Vincent folglich alles in Bewegung, um Edgar wiederzufinden.

Es ist nicht so, dass Vincent als fehlbare Figur von Anfang an unsympathisch wäre. Es ist vielmehr so, dass jede neu aufgedeckte Facette seines Charakters uns unsere Sympathien für den verzweifelten Vater hinterfragen lässt. Und das verdanken wir sowohl Benedict Cumberbatchs früheren Rollen als auch seinem starken Schauspiel in Eric.

Netflix' Eric offenbart Benedict Cumberbatchs düstere Seite

Alle Rollen, die Cumberbatch je gespielt hat, scheinen auf seinen Vincent in Eric einzuzahlen. Doch es sind vor allem die düsteren Facetten seiner vorigen Figuren, die nun stärker hervortreten: In der Summe ergeben Sherlocks Menschenunkenntnis, Patrick Melroses Drogenkonsum, Doctor Stranges Überheblichkeit, Louis Wains Realitätsverlust und sein The Power of the Dog-Sadismus kein schmeichelhaftes Bild. Sogar seine tiefe Drachenstimme aus Der Hobbit: Smaugs Einöde darf der Star auspacken, um seiner Monsterpuppe die erforderliche Bedrohlichkeit einzuhauchen.

Dass Cumberbatchs Vincent bald auf Schritt und Tritt von der imaginären Kreatur begleitet wird, gibt seiner Figur ohne Frage einen tragischen Anstrich: um seine mentale Gesundheit ist es offenbar nicht gut bestellt. Trotzdem entschuldigt seine Wahnvorstellung sein Verhalten nicht, wenn er alle TV-Ideen seiner Kolleg:innen durch den Dreck zieht und sogar auf hässlichste Weise verbal gegen seinen Sohn austeilt. Hier ist der Schauspieler nicht länger der liebenswürdige Soziopath Sherlock, dem wir zugunsten seiner Kauzigkeit vieles vergeben können.

Obwohl Vincent als Erics Hauptfigur angelegt ist, verschiebt sich unsere Loyalität immer mehr zu anderen Charakteren wie dem verborgen homosexuellen Detective Michael Ledroit (McKinley Belcher III), Vincents Ehefrau Cassie (Gaby Hoffmann) oder dem vernünftigeren Puppen-Partner Lennie (Dan Fogler). Benedict Cumberbatch spielt sich zwischen Angst und Schuldgefühlen hingegen gekonnt Richtung Abgrund – nicht nur, wenn sein Vincent am Ende wirklich in die Kanalisation absteigt.

Menschliche Monster: Eric schenkt Benedict Cumberbatch – und Netflix – ein Serien-Highlight

Worauf Eric hinausläuft, wenn die Serie ihre unheimliche Puppe zunehmend mit dem unheimlichen Mann verschmilzt, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: Die Netflix-Serie geht trotz halluzinierten Begleitern einen sehr realistischen Weg. Und im echten Leben gibt es keine klassischen Bösewichte. Das Ergebnis sind bestechend komplexe Figuren, die nicht einfach zu verstehen oder lieben sind.

Dazu passt auch, dass sich Eric in seiner körnigen 80er-Jahre-Farbgebung angenehm vom sonst so glatten Einheits-Look anderer Netflix-Serien abhebt. Genau wie Benedict Cumberbatch, der sich für diese neue Rolle weiterentwickelt hat: Er spielt so, wie wir ihn trotz früherer Facetten noch nie zuvor erlebt haben, und beweist Mut zur charakterlichen Hässlichkeit.

Und das ist etwas, was es sich – insbesondere für Cumberbatch-Fans – auf Netflix mitzuerleben lohnt.

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