Nicht von dieser Welt
(Fuori dal mondo)
von Giuseppe Piccioni
„Gehen wir mal davon aus, Gott existiert wirklich. Wozu dann all diese Verbeugungen, Gebete und Fürbitten? Wieso zeigt man die Liebe in so übertriebener Weise?“
„Weil Liebe immer übertreibt.“
Der stalker weint. Ein weint schon eine ganze Weile und natürlich findet er sein Geflenne
übertrieben, irgendwie nicht normal, weil andere doch lachen, gehen oder nur schulterzuckend besorgt zu ihm hinüber schauen, der stalker weint und flennt und schluchzt und heult. Fühlt er sich doch berührt, gespiegelt, da ist, denkt er, sein Leben, da ist sein Schmerz, seine Sehnsucht, seine Einsamkeit, das ist sein Film, denkt er, sein Lieblingsfilm, den er bereits so oft gesehen, bei dem er immer noch flennt und heult und schluchzt, sein Film, der ihn aus seinem Alltag reißt, indem er seine Wirklichkeit spiegelt, der ihn entlässt mit einem Gefühl der Reinigung, einem ‘Es ist ok.’, einem Weiter, weiter in dieser Welt der anderen, weil es doch viele gibt, die NICHT VON DIESER WELT.
Da ist die Nonne, wenige Monate vor ihrem ewigen Gelübde, hat sich für Gott entschieden, für ein Leben in Demut und Aufopferung und da wird ausgerechnet ihr in einem Park ein Säugling in den Arm gelegt, einfach so, den hatte ein Jogger, der es eilig hatte, gefunden und da steht sie in diesem Park mit diesem Kind und da passiert etwas, in ihr, mit ihr, wenige Monate vor ihrem ewigen Gelübde.
Da ist der Wäschereibesitzer, ein noch nicht alter, aber schon lange nicht mehr junger Mann, immer traurig, sagen seine Angestellten, aber auch immer fair, der wirkt, als hätte er Liebe niemals erfahren und da verliebt er sich ausgerechnet in eine Nonne. Unerreichbarer gehts ja wohl nicht, was ihm durchaus bewusst, aber man wird ja wohl noch träumen dürfen und auch wenn es undenkbar, wäre es doch möglich.
Da sind andere. Alle Anderen. Die Flüchtlinge, die Obdachlosen, die einfachen ArbeiterInnen, da sind Leben, von denen nur selten erzählt, in denen nur wenig geschieht, einfache Leben, und der Schmerz, die junge Frau, fast noch ein Mädchen, ihr Neugeborenes, deren Geschichte nicht ausgesprochen, ein Blick genügt, um zu verstehen, und die Mutter, die den Weg ihrer Tochter als Verletzung begreift.
Nicht von dieser Welt ist ein Liebesfilm an das Leben, ein Drama, eine Komödie,
ein langsamer, ruhiger Fluss, eine Würdigung an alle, welche den Mangel in dieser Welt des
Überflusses spüren, mit diesem Leben und egal was kommt gute Menschen bleiben, und darum
geht es doch, gute Menschen zu bleiben, bei all dem was war, ist und kommen wird. Nicht von dieser Welt, ein Meisterwerk des italienischen Meisterregisseurs Giuseppe Piccioni mit Margherita Buy und Silvio Orlando in den Hauptrollen perfekt besetzt, die Musik von Ludocivo Einaudi perfekt komponiert, ein perfekter Film, meint der stalker und anscheinend nicht nur er.
5 David di Donatello 1999 (der Italienische Filmpreis):
Bester Film, Beste Hauptdarstellerin, Bestes Drehbuch, Bester Produzent, Bester Schnitt
4 Goldene Klappen 1999 (Ciak D’oro) beim Filmfestival von Taormina:
Bestes Drehbuch, Bester Ton, Beste Nebendarstellerin, Beste Kamera
Ennio Flaiano-Preis 1999: Bester Regisseur
Casa Rossa Preis 1999: Bester italienischer Independent-Film, Bester Hauptdarsteller, Beste Hauptdarstellerin, Bester Soundtrack
Großer Spezialpreis der Jury des internationalen Filmfestivals von Montreal 1999
Silberner Hugo des internationalen Filmfestivals von Chicago 1999
Großer Preis der Jury und Publikumspreis des internationalen Filmfestivals von Los Angeles 1999
Nominierung zum italienischen Kandidaten für den Oscar:
Bester nicht englischsprachiger Film 2000
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